Gegenstand dieser Untersuchung sind der Stellenwert und der rechtliche Schutz der telefonischen Markt- und Sozialforschung in Europa. Ihr Anlaß ist ein Richtlinienentwurf der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre in digitalen Telekommunikationsnetzen. Dieser Richtlinienentwurf enthält in seinem Art. 13 eine Bestimmung über »unerbetene Anrufe«. Danach sollen die Mitgliedstaaten gewährleisten, daß Teilnehmer, die dies nicht wünschen, keine unerbetenen Anrufe erhalten, mit denen Werbung oder Verkaufsförderung/-forschung betrieben wird. Nach dem Zweck des Richtlinienentwurfs soll offenbar auch die telefonische Markt- und Sozialforschung von dieser Bestimmung erfaßt werden.Die Untersuchung wirft Fragen zum europäischen Wirtschaftsrecht auf, die eine über den konkreten Anlaß hinausreichende Bedeutung besitzen. In ihrem Zentrum stehen die Kompetenz der Gemeinschaft zur Rechtsangleichung gemäß Art. 100 a EGV, Inhalt und Justitiabilität des Subsidiaritätsprinzips, der europäische Grundrechtsschutz bei wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Betätigung sowie das Verhältnis zwischen europäischem und nationalem Grundrechtsschutz.Die Untersuchung gelangt zu dem Ergebnis, daß eine Angleichung der mitgliedstaatlichen Vorschriften betreffend den Schutz vor unerbetenen Anrufen nicht erforderlich ist, um den Binnenmarkt für die Telekommunikation zu verwirklichen. Art. 100 a EGV kann mit dieser Begründung nicht als Rechtsgrundlage für eine Beschränkung der telefonischen Markt- und Sozialforschung in Anspruch genommen werden. Das Normsetzungsvorhaben der Kommission greift zudem in die europäischen Grundrechte der Markt- und Sozialforschungsinstitute ein. Berührt werden das Grundrecht auf Berufsausübung, die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit, die Informationsfreiheit sowie der allgemeine Gleichheitssatz. Der Eingriff ist grundrechtswidrig, wenn die von der Kommission vorgeschlagene Regelung dazu führt, daß bei telefonischen Befragungen die Repräsentativität der Ergebnisse nicht mehr gewährleistet ist.
»Die Arbeit besticht auf der einen Seite durch ihre 'handwerkliche' Solidität und auf der anderen Seite durch ihr hohes wissenschaftliches Niveau. [...] Insbesondere die von den Autoren vorgenommene überaus sorgfältige Grundrechtsprüfung sollte Anlaß genug sein, auch auf europäischer Ebene auf die Vorteile solcherart gestufter Argumentationsprozesse hinzuweisen und die diesbezügliche Abstinenz des Europäischen Gerichtshofs bei seinen 'Grundrechtsprüfungen' zu kritisieren.« Dr. Peter Szczekalla, in: Deutsches Verwaltungsblatt, 5/1998