Er war der einsame, mit Deutschland verheiratete «Führer». So wollte es die NS-Propaganda. Tatsächlich hatte Adolf Hitler jedoch eine Geliebte, deren Existenz bis zur letzten Stunde des «Dritten Reiches» geheim gehalten wurde: Eva Braun. Wer war die Frau, die Hitler noch kurz vor seinem Untergang heiratete? Und was hieß es, mit einem der großen Verbrecher der Weltgeschichte zu leben?
Heike B. Görtemaker ist allen noch vorhandenen Spuren dieser Beziehung nachgegangen und hat sie zu einer fesselnden Biographie zusammengefügt. Dabei entsteht zugleich ein verstörend anderer Blick auf Hitler.
Heike B. Görtemaker ist allen noch vorhandenen Spuren dieser Beziehung nachgegangen und hat sie zu einer fesselnden Biographie zusammengefügt. Dabei entsteht zugleich ein verstörend anderer Blick auf Hitler.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.03.2010Aber sauber
Eva-Braun-Biographie
Ein ganzes Buch über Eva Braun, das ist bei der äußerst dürftigen Quellenlage ein Kunststück, das Heike Görtemaker vollbringt. Zum Umfang trägt auch die reiche Bebilderung bei, wie einst aus Evchens Schatzkästlein: hin und wieder in Farbe, ganz oft auf der sonnigen Berghof-Terrasse und - wann immer möglich - natürlich mit dem "Führer". Der verführte nicht nur das deutsche Volk, sondern wahrscheinlich auch das Fräulein Braun vom Fotohaus Hoffmann. Beim Leibfotografen lernte er die Laborantin kennen, "wobei allerdings die genauen Umstände und die nähere Entwicklung der Beziehung unklar sind", schreibt die Historikerin. Hitler habe sich über seine zarten Gefühle meist ausgeschwiegen, aber solche - so las es die Autorin bei Zeitzeugen wie Albert Speer und bei den "Führer"-Sekretärinnen - dennoch besessen. Jedoch sei das Verhältnis zwischen Adolf und Eva "nur schwer zu rekonstruieren". Was ihre Anziehungskraft auf ihn ausmachte, ließe sich vorwiegend über Hitlers "Verhalten gegenüber Dritten" erschließen - ein toller Ansatz!
Seit 1936 sei Eva Brauns "Stellung" auf dem Berghof "unanfechtbar" gewesen. Allerdings sei "ungewiss", wann und inwieweit Hitler sie "an seinen Kriegsplänen teilhaben ließ", ja ob sie "vom Holocaust wusste". Immerhin soll die 1912 geborene "Geliebte" im Krieg selbstbewusster geworden sein: "Eva Braun ihrerseits verschaffte sich mit der unentwegten Filmerei offenbar eine Ersatzbefriedigung, die Hitler ohne Einschränkungen duldete, da er ihr kein erfülltes Privatleben bieten konnte." Und eines ist wichtig: Hitler schickte ihr Ende Juli 1944 aus dem ostpreußischen Hauptquartier nach dem gescheiterten Stauffenberg-Attentat seine zerfetzte Uniform in das bayerische Bergidyll. Laut Aussage einer Freundin soll Eva beim Anblick der Hitler-Hose "fast in Ohnmacht" gefallen sein, wenn auch "eine Behauptung ins Reich der Legenden verwiesen werden muss", die da lautet: Eva habe als Beigabe "einen Liebesbrief von Hitler erhalten, in dem er sie angeblich mit ,liebes Tschapperl' ansprach, eine Zeichnung der Lagebaracke in der ,Wolfsschanze' hinterließ und mit seinen Initialien A. H. unterzeichnete". Wirklich schade!
Der "Hofstaat" war - so Frau Görtemaker - "entgegen späteren Beteuerungen der Mitglieder" nicht "vom politischen Dasein Hitlers zu trennen". Speers Behauptung, Hitler habe "insbesondere in Anwesenheit von Frauen das Thema Politik nicht berührt", sei unzutreffend. Wenigstens steht felsenfest und ist wohl sauber recherchiert, dass der "Führer" - wenn man von den letzten Bunkerwochen vor dem gemeinsamen Selbstmord mit Eva einmal absieht - "ebenso wie seine Freundin eine extreme körperliche Reinlichkeit an den Tag legte".
RAINER BLASIUS.
Heike B. Görtemaker: Eva Braun. Leben mit Hitler. Verlag C. H. Beck, München 2010. 366 S., 24,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eva-Braun-Biographie
Ein ganzes Buch über Eva Braun, das ist bei der äußerst dürftigen Quellenlage ein Kunststück, das Heike Görtemaker vollbringt. Zum Umfang trägt auch die reiche Bebilderung bei, wie einst aus Evchens Schatzkästlein: hin und wieder in Farbe, ganz oft auf der sonnigen Berghof-Terrasse und - wann immer möglich - natürlich mit dem "Führer". Der verführte nicht nur das deutsche Volk, sondern wahrscheinlich auch das Fräulein Braun vom Fotohaus Hoffmann. Beim Leibfotografen lernte er die Laborantin kennen, "wobei allerdings die genauen Umstände und die nähere Entwicklung der Beziehung unklar sind", schreibt die Historikerin. Hitler habe sich über seine zarten Gefühle meist ausgeschwiegen, aber solche - so las es die Autorin bei Zeitzeugen wie Albert Speer und bei den "Führer"-Sekretärinnen - dennoch besessen. Jedoch sei das Verhältnis zwischen Adolf und Eva "nur schwer zu rekonstruieren". Was ihre Anziehungskraft auf ihn ausmachte, ließe sich vorwiegend über Hitlers "Verhalten gegenüber Dritten" erschließen - ein toller Ansatz!
Seit 1936 sei Eva Brauns "Stellung" auf dem Berghof "unanfechtbar" gewesen. Allerdings sei "ungewiss", wann und inwieweit Hitler sie "an seinen Kriegsplänen teilhaben ließ", ja ob sie "vom Holocaust wusste". Immerhin soll die 1912 geborene "Geliebte" im Krieg selbstbewusster geworden sein: "Eva Braun ihrerseits verschaffte sich mit der unentwegten Filmerei offenbar eine Ersatzbefriedigung, die Hitler ohne Einschränkungen duldete, da er ihr kein erfülltes Privatleben bieten konnte." Und eines ist wichtig: Hitler schickte ihr Ende Juli 1944 aus dem ostpreußischen Hauptquartier nach dem gescheiterten Stauffenberg-Attentat seine zerfetzte Uniform in das bayerische Bergidyll. Laut Aussage einer Freundin soll Eva beim Anblick der Hitler-Hose "fast in Ohnmacht" gefallen sein, wenn auch "eine Behauptung ins Reich der Legenden verwiesen werden muss", die da lautet: Eva habe als Beigabe "einen Liebesbrief von Hitler erhalten, in dem er sie angeblich mit ,liebes Tschapperl' ansprach, eine Zeichnung der Lagebaracke in der ,Wolfsschanze' hinterließ und mit seinen Initialien A. H. unterzeichnete". Wirklich schade!
Der "Hofstaat" war - so Frau Görtemaker - "entgegen späteren Beteuerungen der Mitglieder" nicht "vom politischen Dasein Hitlers zu trennen". Speers Behauptung, Hitler habe "insbesondere in Anwesenheit von Frauen das Thema Politik nicht berührt", sei unzutreffend. Wenigstens steht felsenfest und ist wohl sauber recherchiert, dass der "Führer" - wenn man von den letzten Bunkerwochen vor dem gemeinsamen Selbstmord mit Eva einmal absieht - "ebenso wie seine Freundin eine extreme körperliche Reinlichkeit an den Tag legte".
RAINER BLASIUS.
Heike B. Görtemaker: Eva Braun. Leben mit Hitler. Verlag C. H. Beck, München 2010. 366 S., 24,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Das Missfallen des Rezensenten angesichts dieses Buches ist schreiend. An der Dürftigkeit der Quellenlage in Sachen Eva Braun ermisst Rainer Blasius die Aufgeblähtheit des Projekts. Eine reiche Bebilderung (der Berghof!) und der von Blasius extra gewürdigte Ansatz der Autorin Heike B. Görtemakers, sich bei der Untersuchung von Brauns Beziehung zum Führer auf Hitlers "Verhalten gegenüber Dritten" zu verlassen, sorgen für Umfang. Ungeklärt bleibt leider die Frage, ob Hitler, der nach dem Stauffenberg-Attentat seine zerfetzte Hose Eva Braun schickte, im Begleitbrief mit "Liebes Tschapperl" ansprach. Auch wenn der Rezensent der Autorin bescheinigt, sich kein X für ein U vormachen zu lassen, möchte er das Buch doch lieber rasch vom Tisch räumen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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