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Der Mythos von Eva und Adam ist eines der mächtigsten Bild- und Denkmotive der westlichen Kultur. In den entscheidenden Wandlungen unserer Geschichte wurde er umgestaltet, die großen sozialen, intellektuellen und künstlerischen Schübe spiegeln sich in seinem Bild. In einem faszinierenden Essay, der den kulturhistorischen, theologischen und kunstgeschichtlichen Aspekten nachgeht, erzählt Kurt Flasch von den Wandlungen dieses Mythos.
Dieses Buch handelt vom Ursprung der Menschheit, von Gott und der Erschaffung Evas; es erzählt vom Paradies und der Erbsünde. Es rückt Eva ein wenig in den
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Produktbeschreibung
Der Mythos von Eva und Adam ist eines der mächtigsten Bild- und Denkmotive der westlichen Kultur. In den entscheidenden Wandlungen unserer Geschichte wurde er umgestaltet, die großen sozialen, intellektuellen und künstlerischen Schübe spiegeln sich in seinem Bild. In einem faszinierenden Essay, der den kulturhistorischen, theologischen und kunstgeschichtlichen Aspekten nachgeht, erzählt Kurt Flasch von den Wandlungen dieses Mythos.

Dieses Buch handelt vom Ursprung der Menschheit, von Gott und der Erschaffung Evas; es erzählt vom Paradies und der Erbsünde. Es rückt Eva ein wenig in den Vordergrund und zeigt erneut die Macht des männlichen Blicks auf die Frau. Das Buch betrachtet Eva und Adam als Themen der westlichen Kunst, des westlichen Glaubens und Wissens. Es teilt - so heiter und so kurz wie möglich - ein paar wenig bekannte Einzelheiten mit aus dem Grenzgelände zwischen Kunst- und Ideengeschichte. Kurt Flasch redet als Historiker von Bildern und Ideen. Er erzählt als Reisender, der Eva und Adam oft begegnet ist, an der Bernwardstür in Hildesheim, an der Fassade von Notre Dame und am Adamportal in Bamberg, in der Brancacci-Kapelle in Florenz und in der Sistina im Vatikan. Noch öfter hat er sie angetroffen in alten Texten. Sein Buch hat zwei Teile. Im ersten Teil präsentiert Flasch die Bilder und Erzählungen, ihre Umformungen und Auslegungen. Im zweiten Teil gibt er einen Eindruck von der europäischen Denkarbeit an dem ursprünglich orientalischen Stoff und stellt die Doktrinen und Denkgebäude vor, die von der Paradieserzählung motiviert wurden - das große christliche Dauerthema von Erbsünde und Rettung.
Autorenporträt
Kurt Flasch, geboren 1930 in Mainz, studierte Philosophie, Geschichte, Gräzistik und Germanistik in Bonn und Frankfurt, wo er 1956 promovierte und 1969 habilitierte. Von 1970 bis 1995 war er Ordinarius für Philosophie im Philosophischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Darüber hinaus hielt er zahlreiche Gastvorlesungen, u.a. an der Sorbonne in Paris. Kurt Flasch verfasste zahlreiche Publikationen und wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, u.a. dem "Sigmund-Freud-Preis" für wissenschaftliche Prosa (2000) der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, dem "Hannah- Arendt-Preis" (2009) und dem "Joseph-Breitbach-Preis" (2012).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2005

Macht beim Sündenfall
Kurt Flasch bewirbt sich als Eva-Beauftragter der Kulturgeschichte / Von Jürgen Kaube

Die Sache mit der Frauenherkunft wird auch in diesem Buch nicht abschließend geklärt. Ex costa viri - aus des Mannes Rippe sei die Eva hervorgegangen, das, betonte die Kirchengeschichte mehr als tausend Jahre lang, sei buchstäblich zu nehmen. Also hatte Adam dreizehn Stück davon, bevor ihm die eine folgenreich entnommen wurde? Warum aber zeigen so viele Bildwerke die beiden mit Bauchnabeln? Genügt eine Rippe überdies, um eine ganze Frau daraus zu schaffen? Sind Frauen auch darum so zart, weil gar nicht genug Substanz für sie da war und es einer starken Verdünnung (rarefactio) bedurfte, um sie zu formen? Und weshalb ausgerechnet aus der Rippe? Weil die politisch korrekt in der Mitte des Körpers sitzt (Meister Eckhart), oder weil es auf eine mehr oder weniger nicht ankommt? John Miltons Urvater Adam in "Paradise Lost" jedenfalls fand, es sei ihm vielleicht doch ein bißchen zu viel weggenommen worden, "so absolute she seems / and in herself complete". Aber das blieb eine Mindermeinung.

Mit einer Wendung A. N. Whiteheads mag man versucht sein, solche Fragen als Beispiele für misplaced concreteness, ein unangemessenes Ins-Detail-Gehen, zurückzuweisen. Kurt Flasch, seit zwanzig Jahren in Deutschland der diensthabende Historiker für Philosophie des Mittelalters, läßt auf gut einhundert Seiten den Eindruck entstehen, als sei der Name dieser Unangemessenheit Theologie. Aus den Kommentaren zur Schöpfungsgeschichte von der Spätantike bis ins sechzehnte Jahrhundert hat er die Spekulationen über Adam, seine Frau und den Sündenfall exzerpiert. Wo das Paradies genau liegt, ob es Berge und Hungergefühle darin gab, wieviel Stunden wohl zwischen Menschenschöpfung und Apfelnahme vergangen waren und ob man sich wirklich vorstellen soll, daß Gott für so ein bißchen Aktion einen ganzen Park angelegt hat - es gibt keine Frage, die sich die Kommentatoren des Alten Testaments nicht gestellt haben.

Misplaced concreteness? Einerseits ja, scheint Flasch zu sagen, der auf die meisten christlichen Theologen sowieso nicht gut zu sprechen ist und sie als advokatenhafte Wortverdreher, Bescheidwisser und Sinnerpresser hinstellt. Andererseits: So - mit Lehm, Rippe und Apfel - steht es nun einmal da, und wer es für göttliche Überlieferung oder mindestens für spirituell nicht unerheblich hält, muß annehmen, daß auch in den Details der Erzählung Gedanken oder wenigstens Informationen über Dinge stecken, die jeden etwas angehen. Und wenn man nicht mit Luther sagen will, daß diese Informationen, wenn sie dem Menschen unbegreiflich sind, nur Gott desto wunderbarer erscheinen lassen, dann bleibt bloß der Versuch, sich auf die Geschichte einen Reim zu machen.

Was einen solchen Reim angeht, so schwankte die christliche Theologie von Anfang an zwischen wörtlicher und übertragener Auslegung. Je wörtlicher sie die Schöpfungsgeschichte nahm, desto mehr geriet sie dabei in Gegensatz zu dem, was die antike Naturphilosophie wußte, zum Beispiel, daß Menschen nicht aus Lehm bestehen und Gott vermutlich keine Füße hat. Buchstäblichkeit der Lektüre vermehrte also den Bedarf an Wundern und Ausnahmeerklärungen. Das jedoch brachte die Theologie auch in Gegensatz zum intellektuellen Geschmack jener Epoche, in der das Christentum seine ersten Selbstbehauptungskonflikte durchzustehen hatte. Daß der jüdisch-christliche Gott die ersten Sünder abends im Gebüsch aufstöbert, dafür dürfte ein durchschnittlicher antiker Philosoph nur ein mitleidiges Lächeln übrig gehabt haben.

Allegorische Deutungen - etwa: Adam ist die Vernunft, Eva die Sinnlichkeit und die ganze Geschichte eine der Seele - mochten die wunderlichen Stellen heilen, aber zugleich dehnten sie den Bereich möglichen Sinns aus, was unmittelbar Autoritätsfragen aufwarf. Außerdem nimmt jede Allegorese dem Heils- wie dem Unheilsgeschehen eben jene Faktizität, die später auch dem Gott am Kreuz in den Augen derer, die an ihn glauben, eignet. Zu sagen, er habe da nur symbolischerweise gehangen, oder, gnostisch, nur das von ihm, was nicht das Wichtigste an ihm sei, heißt dann offenkundig, die Geschichte zu verharmlosen und um ihre eigentliche Pointe zu bringen.

Mochte also Bischof Ambrosius die vier Flüsse im Paradies (Gen 2, 10-14) auch als Bild der vier Kardinaltugenden deuten, um die antiken Philosophen als zweitrangige Ethikquellen dastehen zu lassen - wer konnte ohne Amtsautorität schon vor ganz anderen Deutungen eines solchen Details sicher sein? Und wären wirkliche Flüsse nicht viel paradiesischer? Schwierig allerdings, sich vorzustellen, wie sie flossen, wenn es im Paradies gar keine Zeit gegeben hat. Von anderen Fragen, wie der nach der Fähigkeit eines Baumes, Erkenntnis zu verleihen, ganz zu schweigen. Hinzu kamen die im engeren Sinne theologischen Probleme. Warum Gott die Schlange überhaupt geschaffen hat; was am Bestreben, Gut und Böse erkennen zu wollen, denn Verwerfliches sein soll; und wie man schuldig werden kann, wenn man über ebendiese Unterscheidung angeblich noch gar nicht verfügt.

Ob also buchstäblich oder allegorisch, es war in beiden Fällen eine Theorie, oder genauer: eine Dogmatik erforderlich, die selber nicht der Geschichte vom Sündenfall entnommen werden konnte, aber die verschiedenen Elemente dieser Geschichte zu sortieren und die Frage zu beantworten erlaubte, worum es hier, am Anfang aller Dinge, überhaupt gegangen ist.

Für ein Weltbild, in dem die Ursprünge wertvoll waren und die Zeit als Entfernung vom Ursprung nur Erhaltungsfragen und Wiedergewinnungsaufgaben stellte, für ein solches Weltbild ging es im Anfang aller Dinge um - alles. Entsprechend überbestimmt ist die Paradiesgeschichte für die meisten theologischen Deutungen. Genesis 1 bis 3, das sind knapp drei Seiten Text, sollte den Schlüssel zu so ziemlich jedem Problem enthalten, das moralisch von Interesse ist: zu Mann und Frau, zu Arbeit, Zeit, Hunger, Sprache und Schmerz, zum Verhältnis zu den Tieren, dem zur Lust und dem zum Privateigentum. Hermeneutisch kann so ein Sinngedränge auf engem Raum nicht gutgehen.

Entsprechend drastisch waren die Vereinfachungen, mit denen sich die theologische Tradition behalf, um die Fülle der im Paradiesgeschehen anhängigen Fragen zu reduzieren. Geist versus Materie, Vernunft versus Sinnlichkeit, Moral versus Sexualität - das ist so schlicht, wie es klingt. Aber es wird als Sündenschematismus auch nicht reichhaltiger dadurch, daß Kurt Flasch es auf die Formel "Mann versus Frau" bringt. Denn eben dies, die Deutung von mehr als eintausend Jahren Sündenfalldeutung als eines riesigen, von unangenehmen Priesterfiguren betriebenen Eva-Verschuldungsverfahrens, ist der Beitrag des Ideengeschichtlers.

Dagegen läßt sich nicht einwenden, die Kirchengeschichte sei mit Eva im besonderen und den Frauen im allgemeinen viel nobler oder auch nur gedankenreicher umgegangen. Sie tat es nicht, und es gehörte schon zu den raffinierteren Überlegungen, wenn Ambrosius, der Ende des vierten Jahrhunderts Bischof von Mailand war, meinte, da Eva zuerst von der kognitiv inhaltsreichen Frucht gegessen habe, habe sie auch vor Adam über die Sünde Bescheid gewußt. Um so schlimmer und gewissermaßen doppelt sündig sei es gewesen, ihm den Apfel zu reichen. Ambrosius hatte offenbar einen Erkenntnisbegriff unmittelbarer und sich schlagartig einstellender Evidenz im Sinn, bei dem zwischen dem ermöglichenden Fehltritt und seinem Erkenntniseffekt so gut wie keine Zeit verstreicht. Die Geschichte von Adam und Eva ist auf diese Weise zum wichtigen Beweisstück einer Anklage geworden, die von Leuten geführt wurde, die ein asketisches Ideal der Lebensführung pflegten und die selber zumeist unverheiratet waren. Wichtiger aber noch: Der Prozeß, den sie führten, diente einem paradoxen Zweck, nämlich dem Aufbau einer Kirche, die Weltablehnung mit dem Anspruch auf Weltbemächtigung verband. Was Flasch an dieser Stelle vermissen läßt, sind Erläuterungen zu diesem Sitz dogmatischer Kontroversen im Leben der spätantiken und mittelalterlichen Kirchenbildung. Denn bei der Abwehr manichäischer, arianischer oder pelagianischer Positionen ging es ja jeweils auch um ganz konkrete Modelle religiöser Organisation. Wie die Manichäer zu sagen, der Mensch sei kein Ebenbild Gottes, denn dieser habe doch weder Hände noch Füße, lief mit der gesamten Ablehnung der hebräischen Bibel auf eine Weltfeindlichkeit hinaus, auf die sich keine Kirche und jedenfalls nicht die römisch-katholische hätte gründen lassen. Die dogmatische Deutung erfolgte also nicht nur aus intellektuellem Bedürfnis, sondern hielt sich ganz in der Nähe der Frage auf, wie die widerstrebenden Kräfte des Frühchristentums - asketische Weltablehnung, Kirche als innerweltliche Rechtsform, hellenistische Intellektualität, Unterscheidung von Laien und Priestern - ausgeglichen werden konnten.

Bei Flasch liest sich die Geschichte der Sündenfallexegese hingegen als Abfolge von Männermeinungen. Von der Welt jenseits der Texte bleibt nur der Machtanspruch der Kirche: "Wer die Welt reglementieren wollte, brauchte Bezugspunkte, die klar definiert waren", und also habe die Theologie mit einem androgynen Adam, den der Urtext zumindest nicht ausschließt, nichts anfangen können, und also verfuhr sie hart mit Eva und der Sinnlichkeit. Der "Bilderkomplex Eva-Adam", meint Flasch zwar an einer Stelle, sei zu universal und zu vielseitig ausdeutbar gewesen, um nur aus der Sicht der Geschlechterdifferenz studiert zu werden. Er meint es aber ohne Folgen für den eigenen Kommentar, der eine Deutung aus ebendieser Sicht auf die andere stapelt. Chrysostomos habe mit dem Sündenfall das Lehrverbot für Frauen erklärt, Tertullian unter Hinweis auf die Sünde Evas den Frauen schäbige Kleidung angewiesen, Irenäus von Lyon behauptet, im Paradies habe es keinen Geschlechtsverkehr gegeben, die mittelalterliche Ärzteschaft sprach von der unersättlichen Gier der Frauen, und Albertus Magnus hielt die Männer für insgesamt lebendiger als das andere Geschlecht.

Flasch erzählt das alles, als sei der Versuch, die Welt zu ordnen, an sich selbst schon verdächtig und als manifestiere sich in jeder klaren Definition Macht, vor der es einem kalt den Rücken hinunterlaufen müßte. Aber mag man es einer Epoche, die an Zwischenwesen aller Arten glaubte und deren Hauptproblem gewiß keine überkontrollierte gesellschaftliche Umwelt war, mag man es ihr verargen, wenn sie darum um so rigider auf den Versuch setzte, innergesellschaftliche Strukturen der Kontingenz zu entziehen? Daß die Eva-Adam-Konstellation "sozialgeschichtlich der Dominanz von Männergruppen" entsprechen könnte, "die ohne Frauen nicht bestehen können, aber fürchten müssen, von ihnen in ihrer gradlinigen Rationalität gestört zu werden", ist alles, was Flasch zur Ethnographie des Urtextes einfällt. Aber was soll das heißen: die gradlinige Rationalität archaischer Gesellschaften um 950 vor Christus?

Diesseits dieser schlichten Soziologie tut Flasch aber so, als handele es sich bei "männlicher Suprematie", dem christlichen Askeseideal und der rigiden Moraltheologie insgesamt um Privatveranstaltungen und bizarre Kopfgeburten. Daß nicht unerhebliche Teile der europäischen Intelligenz tausend Jahre lang an die Erbsünde geglaubt haben - mehr als ein ausführliches Kopfschütteln hat er dafür nicht übrig. So hinterläßt das schön illustrierte Buch mit all seinen interessanten Materialien den seltsamen Eindruck, daß die Gegenwart ähnlich ratlos und zu ähnlich schlichten Reflexen geneigt vor der gesamten Theologiegeschichte steht wie die Theologen einst vor den Details der Sündenfallerzählung.

Kurt Flasch: "Eva und Adam". Wandlungen eines Mythos. Verlag C. H. Beck, München 2005. 112 S., 14 Abb., br., 12,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Ansprüche auf dem Feld der Gottesgelehrtheit" stellt Kurt Flasch - ganz "bescheiden" - nicht, wenngleich er sie in den Augen von Rezensent Martin Lüdke durchaus "erfüllt". Der Philosoph und Philologe, den der Kritiker dem "aussterbenden Typus des Gelehrten" zuordnet, widmet sich in seinem Buch dem Wissen über Adam und Eva, wie es sich bis gegen 1700 entwickelte. Zentrale These der "wundervollen kleinen Studie" ist, dass die früheren Gottesmänner sowohl die Entstehung des Paradieses genau datierten, wie auch die Art des Lebens dort zu kennen glaubten. Diesen Spuren geht Flasch "als erzählender Reisender" in seinem Buch nach, "markiert" Erklärungslücken und Widersprüche und dies - so lobt der Rezensent - meist auf "unterhaltsame" Art und Weise. Er habe ein Buch vorgelegt, das den Vergleich mit "großen Vorbildern" nicht scheuen brauche.

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