If we send a message into space, will extraterrestrial beings receive it? Will they understand? The endlessly fascinating question of whether we are alone in the universe has always been accompanied by another, more complicated one: if there is extraterrestrial life, how would we communicate with it? In this book, Daniel Oberhaus leads readers on a quest for extraterrestrial communication. Exploring Earthlings' various attempts to reach out to non-Earthlings over the centuries, he poses some not entirely answerable questions: If we send a message into space, will extraterrestrial beings receive it? Will they understand? What languages will they (and we) speak? Is there not only a universal grammar (as Noam Chomsky has posited), but also a grammar of the universe? Oberhaus describes, among other things, a late-nineteenth-century idea to communicate with Martians via Morse code and mirrors; the emergence in the twentieth century of SETI (the search for extraterrestrial intelligence), CETI (communication with extraterrestrial intelligence), and finally METI (messaging extraterrestrial intelligence); the one-way space voyage of Ella, an artificial intelligence agent that can play cards, tell fortunes, and recite poetry; and the launching of a theremin concert for aliens. He considers media used in attempts at extraterrestrial communication, from microwave systems to plaques on spacecrafts to formal logic, and discusses attempts to formulate a language for our message, including the Astraglossa and two generations of Lincos (lingua cosmica). The chosen medium for interstellar communication reveals much about the technological sophistication of the civilization that sends it, Oberhaus observes, but even more interesting is the information embedded in the message itself. In Extraterrestrial Languages, he considers how philosophy, linguistics, mathematics, science, and art have informed the design or limited the effectiveness of our interstellar messaging.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2020Kann eine Sprache über unsere Welt hinausreichen?
Angenommen, es gibt fremdes intelligentes Leben im All: Wie würden wir uns mit ihm verständigen? Daniel Oberhaus zeigt, dass in dieser Frage viel Philosophie steckt.
Es könnte sein, dass irgendwann einmal in ferner Zukunft irgendwo in unserer Milchstraße ein Außerirdischer vor einem Plattenspieler sitzen wird, um Grußbotschaften in 55 verschiedenen Sprachen, unterschiedlichsten Klängen und Musik zu lauschen, während er sich den Kopf (oder welches Denkorgan er auch immer besitzen mag) zerbricht, was er aus 116 mitgelieferten Abbildungen genau ableiten soll. Damit dieses Szenario eintreten kann, müsste er auf eine der beiden 1977 gestarteten Voyager-Sonden gestoßen sein, die 2012 und 2018 unser Sonnensystem mit goldenen Datenplatten voller irdischer Informationen verlassen haben. In diesem Fall hätte der Alien dort sogar die passende Nadel zum Abspielen der Platte vorgefunden. Dann brauchte es nur noch ein wenig technisches Geschick, der Platte ihre Klänge zu entlocken. Nur, wüsste er überhaupt, was er mit Vogelgezwitscher und Beethovens 5. Symphonie anfangen soll? Es fällt nicht schwer, sich über die Idee eines Austauschs von Botschaften mit Außerirdischen lustig zu machen. Zeugt es nicht von beispielloser menschlicher Selbstbezogenheit, sich eine vermutlich unvorstellbar fremdartige Intelligenz als Rezipient einer Art Schallplatte zu denken? Klar ist: es ist eine einzigartige Herausforderung, sich extraterrestrische Kommunikation ohne anthropozentrische Elemente zu denken, also uns und unsere Lebenswelt als impliziten Dreh- und Angelpunkt unserer Vorstellungen auszublenden und nach universellen Fundamenten möglichen Informationsaustauschs zu suchen. Dass diese Herausforderung aber zumindest tiefe und überraschende Einblicke in Philosophie, Linguistik, Logik, Biologie und unser menschliches Selbstverständnis eröffnet, demonstriert der amerikanische Wissenschafts- und Technikjournalist Daniel Oberhaus in seinem überaus lesenswerten Buch "Extraterrestrial Languages".
Die Frage, wie man mit fremden Wesen im All kommunizieren kann, findet sich bereits in Werken der Renaissance, wie Oberhaus anhand des 1638 postum veröffentlichten Romans "Der Mann im Mond" des englischen Geistlichen Francis Godwin illustriert. Seitdem konzipierten Menschen auf ganz verschiedenen Wegen und mit ganz verschiedenen Mitteln extraterrestrische Nachrichten: mit gigantischen geometrischen Landschafts- und Flammenmustern, Morsesignalen, ins All gerichteten Spiegeln und schließlich, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, ersten Radiosignalen. In den siebziger Jahren starteten dann die Pioneer- und Voyager-Sonden mit Botschaften, die Arecibo-Nachricht war 1974 die erste in einer Reihe von Nachrichten, die mit großen Radioteleskopen ins All gesendet wurden (METI - "messaging extraterrestrial intelligence"). Flankiert wurde all das von umfangreichen - bislang erfolglosen - Beobachtungsprogrammen auf der Suche nach Signalen extraterrestrischer Intelligenz (SETI). Diese historische Linie ist aber nur Hintergrund für systematischere Fragen und Überlegungen, die den eigentlichen Kern des Buches darstellen.
Sprache, das wissen wir spätestens seit der philosophischen sprachanalytischen Wende, bildet das Fundament, die formierende Grundfolie unser Existenz. "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt" - dieses Zitat des frühen Ludwig Wittgenstein stellt Oberhaus seinem Buch voran. Wie also soll eine Sprache jemals aus unserer Welt hinausreichen können? Ist es nicht bereits bezeichnend, dass uns nicht einmal die Kommunikation mit anderen intelligenten Wesen auf unserem eigenen Planeten gelingt, obwohl die Versuche, uns Affen oder Delphinen mitzuteilen, durchaus intensiv verfolgt wurden?
Dieser Einwand ist Oberhaus zu einfach. Menschliche Sprache, anders als tierische, sei schließlich im Sinne Chomskys eine interne. Sie dient nicht nur zur Verständigung, sondern ordnet unser Denken in komplexen hierarchischen Syntax-Strukturen. Dies charakterisiert nach Oberhaus Sprache als Teilmenge allgemeiner Kommunikation. Doch das Problem bleibt: Wenn Sprache über uns Menschen hinausreichen soll, muss zunächst geklärt werde, an welchen Stellen sie von spezifisch menschlichen Voraussetzungen geprägt wird.
Die kognitive linguistische Wende, in deren Kontext Oberhaus wiederum auf Noam Chomsky verweist, führt hier auf Bezüge zwischen unserer hierarchischen, rekursiven Syntax und der Architektur unseres Gehirns. Wenn Sprache biologisch determiniert ist, könnten wir eine Alien-Sprache aber nie so lernen wie irdische Sprachen. Sofern wir unser Gehirn nicht umstrukturieren könnten, bliebe sie abstrakt, wir würden sie höchstens lernen wie eine fremde Physik. Doch welche Eigenschaften von Sprache sind unabhängig von biologischen Randbedingungen? Was könnten wir mit Aliens gemeinsam haben, auf das Kommunikation aufbauen könnte? Oberhaus zitiert die KI-Pioniere John McCarthy und Marvin Minsky mit der Überzeugung, dass auch fremde Wesen denselben physikalischen Gesetzen unterworfen sind und wie wir mit Ressourcenknappheit zu kämpfen haben.
Als kommunikatives Verbindungsglied zwischen uns und den Fremden erscheinen die uns bekannten physikalischen Gesetze allerdings nur bedingt geeignet: Unsere Wissenschaften sind enormen historischen Veränderungen unterworfen. Die Vorstellung, dass unser heutiges Physikverständnis dem fremder Intelligenzen entspricht, ist daher naiv. Oberhaus kommt daraufhin zur Mathematik und der Frage, ob diese sich als Sprache des Universums eignen könnte. Hier wiederum mahnt aber die Philosophie der Mathematik zur Vorsicht: Nur als Platoniker, der die Existenz mathematischer Objekte als vom Menschen unabhängig versteht, darf man auf Universalität hoffen. Schon Anhänger eines Hilbert'schen Formalismus oder Brouwer'schen Intuitionismus sind in der Rückführung der Mathematik auf menschliches Handeln und Vorstellen wiederum zu Bescheidenheit gezwungen.
Hier verweist Oberhaus neuerlich auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts: Der in einen Körper eingebettete Geist ist demnach die Brücke zwischen der Mathematik und der physikalischen Welt. So beruhe Mathematik auf grundlegenden körperlichen Operationen wie Zählen und Gruppieren von Objekten. Anhand begrifflicher Metaphern komme man von dort zu den Gesetzen der Arithmetik. Die Fähigkeit zum Gebrauch solcher grundlegenden Metaphern könnten, spekuliert Oberhaus, auch Aliens besitzen. Von Bereichen der Mathematik, die darüber hinausgehen und auf menschlicher Kreativität beruhen, sei dagegen keine Universalität zu erwarten. Physische Ähnlichkeiten, eine zumindest in Grundzügen ähnliche Körperlichkeit seien aber keineswegs völlig unwahrscheinlich, sofern manche Eigenschaften von Leben durch physikalische Randbedingungen bestimmt sind.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen stellt Oberhaus schließlich konkrete Vorschläge universeller Sprachen vor, insbesondere die von Hans Freudenthal 1960 publizierte Sprache "Lincos" und deren von Alexander Ollongren erarbeitete Weiterentwicklung - erstere noch sehr kommunikativ gedacht und anhand von Beispielen vermittelt, letztere formal an der Logik von Computersprachen orientiert. Detailliert werden diese Sprachen in einem umfassenden Anhang vorgestellt. Auch die bisher ins All geschickten gegenständlichen Botschaften diskutiert Oberhaus, genau wie jene mit Radioteleskopen gesandten, in die zumindest teilweise auch die Vorstellung einging, Musik könne als eine universelle Sprache verstanden werden.
Das Buch schließt mit einer kritischen Diskussion des Projekts interstellarer Kommunikation überhaupt. Sollten wir nicht froh sein, wenn wir der Aufmerksamkeit potentiell existenzbedrohlicher Aliens entzogen bleiben und diese nicht noch auf uns lenken? Oberhaus nimmt diesen und andere Einwände durchaus ernst, sein intellektuelles Interesse an dem Thema ist von der Realisierung einer extraterrestrischen Kommunikation schließlich unabhängig: "Sofern das Design interstellarer Botschaften interkulturellen Dialog und den Wunsch erfordert, die Perspektive eines radikal Anderen zu verstehen, ist es ein Forschungsparadigma, das auch zur Verbesserung unserer irdischen Spannungen und Spaltungen dienen kann." Dass es darüber hinaus eine ganze Reihe philosophischer Aspekte unseres menschlichen Selbstverständnisses mit wissenschaftlichen Fragen zusammenzubringen vermag, zeigt dieses ungewöhnlich dichte Buch in sehr anregender Art und Weise.
SIBYLLE ANDERL
Daniel Oberhaus: "Extraterrestrial Languages".
The MIT Press, Cambridge/Mass. 2019. 264 S., Abb., br., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Angenommen, es gibt fremdes intelligentes Leben im All: Wie würden wir uns mit ihm verständigen? Daniel Oberhaus zeigt, dass in dieser Frage viel Philosophie steckt.
Es könnte sein, dass irgendwann einmal in ferner Zukunft irgendwo in unserer Milchstraße ein Außerirdischer vor einem Plattenspieler sitzen wird, um Grußbotschaften in 55 verschiedenen Sprachen, unterschiedlichsten Klängen und Musik zu lauschen, während er sich den Kopf (oder welches Denkorgan er auch immer besitzen mag) zerbricht, was er aus 116 mitgelieferten Abbildungen genau ableiten soll. Damit dieses Szenario eintreten kann, müsste er auf eine der beiden 1977 gestarteten Voyager-Sonden gestoßen sein, die 2012 und 2018 unser Sonnensystem mit goldenen Datenplatten voller irdischer Informationen verlassen haben. In diesem Fall hätte der Alien dort sogar die passende Nadel zum Abspielen der Platte vorgefunden. Dann brauchte es nur noch ein wenig technisches Geschick, der Platte ihre Klänge zu entlocken. Nur, wüsste er überhaupt, was er mit Vogelgezwitscher und Beethovens 5. Symphonie anfangen soll? Es fällt nicht schwer, sich über die Idee eines Austauschs von Botschaften mit Außerirdischen lustig zu machen. Zeugt es nicht von beispielloser menschlicher Selbstbezogenheit, sich eine vermutlich unvorstellbar fremdartige Intelligenz als Rezipient einer Art Schallplatte zu denken? Klar ist: es ist eine einzigartige Herausforderung, sich extraterrestrische Kommunikation ohne anthropozentrische Elemente zu denken, also uns und unsere Lebenswelt als impliziten Dreh- und Angelpunkt unserer Vorstellungen auszublenden und nach universellen Fundamenten möglichen Informationsaustauschs zu suchen. Dass diese Herausforderung aber zumindest tiefe und überraschende Einblicke in Philosophie, Linguistik, Logik, Biologie und unser menschliches Selbstverständnis eröffnet, demonstriert der amerikanische Wissenschafts- und Technikjournalist Daniel Oberhaus in seinem überaus lesenswerten Buch "Extraterrestrial Languages".
Die Frage, wie man mit fremden Wesen im All kommunizieren kann, findet sich bereits in Werken der Renaissance, wie Oberhaus anhand des 1638 postum veröffentlichten Romans "Der Mann im Mond" des englischen Geistlichen Francis Godwin illustriert. Seitdem konzipierten Menschen auf ganz verschiedenen Wegen und mit ganz verschiedenen Mitteln extraterrestrische Nachrichten: mit gigantischen geometrischen Landschafts- und Flammenmustern, Morsesignalen, ins All gerichteten Spiegeln und schließlich, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, ersten Radiosignalen. In den siebziger Jahren starteten dann die Pioneer- und Voyager-Sonden mit Botschaften, die Arecibo-Nachricht war 1974 die erste in einer Reihe von Nachrichten, die mit großen Radioteleskopen ins All gesendet wurden (METI - "messaging extraterrestrial intelligence"). Flankiert wurde all das von umfangreichen - bislang erfolglosen - Beobachtungsprogrammen auf der Suche nach Signalen extraterrestrischer Intelligenz (SETI). Diese historische Linie ist aber nur Hintergrund für systematischere Fragen und Überlegungen, die den eigentlichen Kern des Buches darstellen.
Sprache, das wissen wir spätestens seit der philosophischen sprachanalytischen Wende, bildet das Fundament, die formierende Grundfolie unser Existenz. "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt" - dieses Zitat des frühen Ludwig Wittgenstein stellt Oberhaus seinem Buch voran. Wie also soll eine Sprache jemals aus unserer Welt hinausreichen können? Ist es nicht bereits bezeichnend, dass uns nicht einmal die Kommunikation mit anderen intelligenten Wesen auf unserem eigenen Planeten gelingt, obwohl die Versuche, uns Affen oder Delphinen mitzuteilen, durchaus intensiv verfolgt wurden?
Dieser Einwand ist Oberhaus zu einfach. Menschliche Sprache, anders als tierische, sei schließlich im Sinne Chomskys eine interne. Sie dient nicht nur zur Verständigung, sondern ordnet unser Denken in komplexen hierarchischen Syntax-Strukturen. Dies charakterisiert nach Oberhaus Sprache als Teilmenge allgemeiner Kommunikation. Doch das Problem bleibt: Wenn Sprache über uns Menschen hinausreichen soll, muss zunächst geklärt werde, an welchen Stellen sie von spezifisch menschlichen Voraussetzungen geprägt wird.
Die kognitive linguistische Wende, in deren Kontext Oberhaus wiederum auf Noam Chomsky verweist, führt hier auf Bezüge zwischen unserer hierarchischen, rekursiven Syntax und der Architektur unseres Gehirns. Wenn Sprache biologisch determiniert ist, könnten wir eine Alien-Sprache aber nie so lernen wie irdische Sprachen. Sofern wir unser Gehirn nicht umstrukturieren könnten, bliebe sie abstrakt, wir würden sie höchstens lernen wie eine fremde Physik. Doch welche Eigenschaften von Sprache sind unabhängig von biologischen Randbedingungen? Was könnten wir mit Aliens gemeinsam haben, auf das Kommunikation aufbauen könnte? Oberhaus zitiert die KI-Pioniere John McCarthy und Marvin Minsky mit der Überzeugung, dass auch fremde Wesen denselben physikalischen Gesetzen unterworfen sind und wie wir mit Ressourcenknappheit zu kämpfen haben.
Als kommunikatives Verbindungsglied zwischen uns und den Fremden erscheinen die uns bekannten physikalischen Gesetze allerdings nur bedingt geeignet: Unsere Wissenschaften sind enormen historischen Veränderungen unterworfen. Die Vorstellung, dass unser heutiges Physikverständnis dem fremder Intelligenzen entspricht, ist daher naiv. Oberhaus kommt daraufhin zur Mathematik und der Frage, ob diese sich als Sprache des Universums eignen könnte. Hier wiederum mahnt aber die Philosophie der Mathematik zur Vorsicht: Nur als Platoniker, der die Existenz mathematischer Objekte als vom Menschen unabhängig versteht, darf man auf Universalität hoffen. Schon Anhänger eines Hilbert'schen Formalismus oder Brouwer'schen Intuitionismus sind in der Rückführung der Mathematik auf menschliches Handeln und Vorstellen wiederum zu Bescheidenheit gezwungen.
Hier verweist Oberhaus neuerlich auf neurowissenschaftliche Erkenntnisse aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts: Der in einen Körper eingebettete Geist ist demnach die Brücke zwischen der Mathematik und der physikalischen Welt. So beruhe Mathematik auf grundlegenden körperlichen Operationen wie Zählen und Gruppieren von Objekten. Anhand begrifflicher Metaphern komme man von dort zu den Gesetzen der Arithmetik. Die Fähigkeit zum Gebrauch solcher grundlegenden Metaphern könnten, spekuliert Oberhaus, auch Aliens besitzen. Von Bereichen der Mathematik, die darüber hinausgehen und auf menschlicher Kreativität beruhen, sei dagegen keine Universalität zu erwarten. Physische Ähnlichkeiten, eine zumindest in Grundzügen ähnliche Körperlichkeit seien aber keineswegs völlig unwahrscheinlich, sofern manche Eigenschaften von Leben durch physikalische Randbedingungen bestimmt sind.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen stellt Oberhaus schließlich konkrete Vorschläge universeller Sprachen vor, insbesondere die von Hans Freudenthal 1960 publizierte Sprache "Lincos" und deren von Alexander Ollongren erarbeitete Weiterentwicklung - erstere noch sehr kommunikativ gedacht und anhand von Beispielen vermittelt, letztere formal an der Logik von Computersprachen orientiert. Detailliert werden diese Sprachen in einem umfassenden Anhang vorgestellt. Auch die bisher ins All geschickten gegenständlichen Botschaften diskutiert Oberhaus, genau wie jene mit Radioteleskopen gesandten, in die zumindest teilweise auch die Vorstellung einging, Musik könne als eine universelle Sprache verstanden werden.
Das Buch schließt mit einer kritischen Diskussion des Projekts interstellarer Kommunikation überhaupt. Sollten wir nicht froh sein, wenn wir der Aufmerksamkeit potentiell existenzbedrohlicher Aliens entzogen bleiben und diese nicht noch auf uns lenken? Oberhaus nimmt diesen und andere Einwände durchaus ernst, sein intellektuelles Interesse an dem Thema ist von der Realisierung einer extraterrestrischen Kommunikation schließlich unabhängig: "Sofern das Design interstellarer Botschaften interkulturellen Dialog und den Wunsch erfordert, die Perspektive eines radikal Anderen zu verstehen, ist es ein Forschungsparadigma, das auch zur Verbesserung unserer irdischen Spannungen und Spaltungen dienen kann." Dass es darüber hinaus eine ganze Reihe philosophischer Aspekte unseres menschlichen Selbstverständnisses mit wissenschaftlichen Fragen zusammenzubringen vermag, zeigt dieses ungewöhnlich dichte Buch in sehr anregender Art und Weise.
SIBYLLE ANDERL
Daniel Oberhaus: "Extraterrestrial Languages".
The MIT Press, Cambridge/Mass. 2019. 264 S., Abb., br., 22,- [Euro].
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