Manchmal überrascht einen das Leben
In „Ey hör mal“ von Gulraiz Sharif geht es erst einmal um die alltägliche Diskriminierung - Mahmoud wünscht sich einen anderen Namen, vielleicht Kurt oder Bjarne, ein biblischer Name wie Jacob oder Gabriel würde es auch tun, aber auch dann könnte er die
Hautfarbe nicht einfach ablegen und er unterscheidet sich einfach von den „norwegischen Norwegern“, obwohl…mehrManchmal überrascht einen das Leben
In „Ey hör mal“ von Gulraiz Sharif geht es erst einmal um die alltägliche Diskriminierung - Mahmoud wünscht sich einen anderen Namen, vielleicht Kurt oder Bjarne, ein biblischer Name wie Jacob oder Gabriel würde es auch tun, aber auch dann könnte er die Hautfarbe nicht einfach ablegen und er unterscheidet sich einfach von den „norwegischen Norwegern“, obwohl er seit seiner Geburt in Norwegen lebt und erfolgreich die Schule besucht. Diese Probleme - kein Job, kein Geld, Langeweile - begleiten ihn in die Sommerferien hinein, die er mit seinem einäugigen Kumpel Arif in der Plattenbausiedlung verbringt, während die echten Norweger in ihre Ferienhäuser zum Entspannen fahren dürfen.
Eine Tragödie bahnt sich an, als der kleine Bruder Ali bekennt, dass er sich als Mädchen fühlt, Schmuck und Glitzer liebt und mit Mama gerne Bollywood-Filme guckt. Verstörend und kaum zu glauben, aber wie sagt man es dem pakistanischen Vater, der dafür überhaupt kein Verständnis aufbringt und mit Schweigen, Abwehr, Überforderung und Liebesentzug reagiert? Die Welt gerät aus ihren Angeln und der Zusammenhalt der Familie wird auf eine harte Probe gestellt.
Trotz des ernsten Themas ist der Roman aber alles andere als problembeladen. Der Erzählstil ist urkomisch, flapsig, teilweise auch sehr umgangssprachlich und etwas derb. Aber trotzdem reizt der ungefilterte Jugendjargon zum Lachen, so viele kuriose Vergleiche, die Mutter als Helikopter oder Ninja-Kämpferin, die mit ihren Schlappen um sich haut, der kleine Bruder, der sich als Gangster mit Ketten und schwarzem Nagellack verkleidet, als der Onkel aus Pakistan zu Besuch kommt. Und dann der fremdartige Onkel, der einen riesigen Kulturschock erlebt - Elektroautos, Mülltrennung und freizügige Norwegerinnen - das Paradies auf Erden und er schmiedet gleich Pläne, wie er vielleicht doch für immer bleiben könnte.
Gulraiz Sharifs rasanter Jugendroman „Ey hör mal“ steckt voller origineller Gedanken und Wahrheiten, erzählt aus der ganz subjektiven Perspektive des jugendlichen Mahmouds, der seinen Gefühlen und Überlegungen freien Lauf lässt, in diesem Sommer erwachsen wird und zum ersten Mal Verantwortung als großer Bruder und Sohn übernehmen muss.
„… es ist wie am Ende von so `nem megakitschigem Film, ich komm mir’n bisschen wie ‘n Held vor - ein echt pakistanischer Held!“
Ein großartiges Buch - zum Lachen und Weinen, voller Wahrheit und Liebe, voller Verständnis und Einfühlungsvermögen in die Seelen von Heranwachsenden.