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Rabe und Fuchs, Grille und Ameise - Adolf Borns Illustrationen lassen die Fabelwelt des LaFontaine auf ganz besondere Weise lebendig werden.
Wer kennt sie nicht, die Fabel vom Raben und dem Fuchs, der hinterhältig dem Vogel schmeichelt und sich so den Käse verdient? Die Tatsache, dass dieser Text weit über 300 Jahre alt ist, schmälert weder seine Aktualität noch seinen sprachlichen Reiz. Die Gesamtausgabe aller Fabeln LaFontaines erlaubt es dem Leser, dessen besonderes Talent als kritischer und exakter Beobachter und den so facettenreichen Ton dieses Dichters kennen zu lernen. Sittenbilder,…mehr

Produktbeschreibung
Rabe und Fuchs, Grille und Ameise - Adolf Borns Illustrationen lassen die Fabelwelt des LaFontaine auf ganz besondere Weise lebendig werden.
Wer kennt sie nicht, die Fabel vom Raben und dem Fuchs, der hinterhältig dem Vogel schmeichelt und sich so den Käse verdient? Die Tatsache, dass dieser Text weit über 300 Jahre alt ist, schmälert weder seine Aktualität noch seinen sprachlichen Reiz. Die Gesamtausgabe aller Fabeln LaFontaines erlaubt es dem Leser, dessen besonderes Talent als kritischer und exakter Beobachter und den so facettenreichen Ton dieses Dichters kennen zu lernen. Sittenbilder, mal leicht, mal ernst, politische Betrachtungen, ja selbst Gedanken über Tod und Liebe sind die Fabeln, die zusammen genommen ein vollständiges Bild der menschlichen Gesellschaft zeichnen. Ein großes Gemälde der "comedie humaine" wird vor dem Auge des Lesers ausgebreitet, das bis in die heutige Zeit nichts von seiner Bedeutung verloren hat. Die lebendigen, mal spitzbübischen, mal kritischen Illustrationen von Adolf Born sorgen bei Klein und Groß dafür, dass die Entdeckungsreise durch die Fabelwelt des LaFontaine zu einem großen Vergnügen wird. Die hier verwendete Fassung der Dohmschen Übersetzung wurde von Marita Gleiss bearbeitet.
Autorenporträt
Jean de La Fontaine (1621-1695) gilt als 'roi des vers' (König der Verse). Seine Fabeln haben ihn nicht nur in Frankreich, sondern weltweit unsterblich gemacht. Die alten Meister zum Vorbild nehmend, ließ er sich vor allem von den Texten Äsops und Phädrus' inspirieren und schuf seine ersten sechs Fabelbände 1668. Die weiteren sechs folgten in den Jahren 1678 und 1693. Während die ersten Bände der klassischen Fabeltradition verhaftet sind und sich durch eine pointierte Handlung mit einer moralischen Aussage auszeichnen, tritt bei den späteren Bänden die Zeitkritik stärker in den Vordergrund. 1683 wurde La Fontaine zum Mitglied der 'Academie Francaises'. Paul Valéry nannte ihn den 'fabuliste par excellence'.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Überrascht zeigt sich Gundel Mattenklott über diese opulente Gesamtausgabe der Fabeln vor allem deswegen, weil sie sie gar nicht für nötig hält. An deutschsprachigen Ausgaben dieser Art, meint sie, herrsche kein Mangel. Dennoch weiß Mattenklott einmal mehr die Eleganz, den "intelligenten Witz" und das "radikal pessimistische Weltbild" La Fontaines sowie den "leidenschaftlichen Blick, mit dem der Autor die weite Menschenwelt erfasst", zu würdigen, die "selbst in Ernst Dohms oft schwerfälliger Übersetzung zu spüren (sind)". Was die Illustrationen von Adolf Born angeht, kennt unsere Rezensentin allerdings keine Gnade: Begrenzt im Ausdrucksrepertoire, allzu routiniert und bei Mimik und Gestik gar aufdringlich findet sie seine Zeichnungen. Nirgends leisteten die Figuren und Szenen mehr als die Verdoppelung des Textes, eher noch weniger: Sowohl die Melancholie und die Trauer, für die Mattenklott die Fabeln schätzt, als auch die von ihnen ausgehenden Impulse zum Lachen, Entdecken und Nachdenken vermisst sie darin und wünscht diesen Texten einmal einen "kongenialen zeitgenössischen Illustrator".

© Perlentaucher Medien GmbH
Die Werke des "Königs der Verse"
Fabeln sind alles andere als "Kinderkram" - auch wenn die meisten Menschen bereits in zartem Alter mit diesen Geschichten Bekanntschaft gemacht haben, die sich von Märchen oder Legenden dadurch unterscheiden, dass sie meist eine "Moral" oder Botschaft in sich tragen, die dem Leser/Zuhörer in verklausulierter Form zugetragen wird.
Als Meister dieser literarischen Gattung gilt Jean de la Fontaine, der von 1621 bis 1695 lebte und nicht nur in Frankreich unsterblich wurde. Zwölf Bände seiner in Reimform gehaltenen Fabeln sind überliefert - die ersten sechs, entstanden 1668, basieren auf den Vorbildern, die de la Fontaine in Äsop und Phädrus fand. 1678 und 1693 folgten dann weitere sechs Bände, deren Beiträge im Gegensatz zu den ersten mehr Gewicht auf Zeitkritik als auf pointierte Handlungen mit moralischer Aussage legten.
Eine Bereicherung für jede Hausbibliothek
Insgesamt enthält das vorliegende, mit mehr als 500 Seiten sehr gewichtige, Werk 240 Fabeln - manche kaum eine halbe Seite lang, andere, die sich über mehrere Seiten erstrecken. Viele der Geschichten sind außerordentlich bekannt, wie etwa die der Grille, die im Sommer sang und daher im Winter darben musste, wohingegen die strebsame Ameise auch in der kalten Jahreszeit ihr Auskommen hatte. Oder die Sache mit dem Fuchs und den Trauben, der diese, weil er sie nicht erreichen konnte, als zu sauer befand. Jedoch enthält die umfangreiche Sammlung natürlich auch viele, viele andere Geschichten, deren Sinn sich zuweilen nicht beim ersten Lesen erschließt - was auch an der altertümlichen Sprachmelodie liegen mag.
Doch ist es gerade diese, die, zusammen mit den wunderbaren Illustrationen von Adolf Born, dem Ganzen eine kraftvolle, poetische Tiefe verleihen, die diese Gesamtausgabe zu einer Bereicherung einer jeden Hausbibliothek machen.
(Michaela Pelz)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2001

Des Menschen Wolf
Eine neue Gesamtausgabe der Fabeln von La Fontaine

Die Fabel und die Kinderliteratur stehen in einem merkwürdigen Verhältnis zueinander. Nicht nur, daß die Fabel ältester Schulstoff ist und über zwei Jahrtausende die Übungstexte für den Lateinunterricht stellte; nicht nur, daß La Fontaines Fabelverse zum literarischen Grundbestand von Generationen französischer Schüler gehören. Auch all die vermenschlichten Tiere, die unsere Bilderbücher und Kindererzählungen bevölkern, gehen auf diese Geschichten von den sprechenden, wie Menschen handelnden und fühlenden Tieren zurück, mit deren Maskenspiel die Literatur seit Jahrtausenden der menschlichen Gesellschaft den Spiegel vorhält. Mit unseren modernen Vorstellungen von Kindergeschichten haben sie allerdings so wenig gemein wie mit der Hochschätzung des Kindlichen, die unser gegenwärtiges Kindheitsbild bestimmt. Die Fabel spricht den Erwachsenen an.

Das zähe Festhalten an der Fabel als Kinderlektüre ist ebenso erstaunlich wie die Entscheidung des Bertelsmann Jugendbuch-Verlags überraschend, eine illustrierte Ausgabe aller Fabeln La Fontaines herauszubringen - zumal an deutschsprachigen Gesamtausgaben kein Mangel besteht. Über fünfhundert Seiten Texte und Bilder auf dickem Papier, Lesebändchen und Kartonschuber - die neue Ausgabe beeindruckt durch schieres Gewicht und provoziert die Neugier, welchen Platz der französische Klassiker mitsamt Grille und Ameise, Fuchs und Rabe in der aktuellen Kinderkultur einnehmen kann oder sollte.

La Fontaine ist ein Moralist im alten Wortsinn: Zeichner der Mores, der gesellschaftlichen Sitten seiner Zeit. Wie alle Fabelautoren vor und nach ihm versteht er sich als Ratgeber zum Überleben in einer Welt, in der der Mensch dem Menschen ein Wolf ist. In der Fabelwelt gilt das Recht des Stärkeren. Der Schwache, der keineswegs automatisch der Gute ist, muß sehen, wie er sich listig und vorsichtig aus den Schlingen ziehen kann, die ihm eine korrupte Justiz, geldgierige Ärzte, skrupellose, gewalttätige Herrscher legen, nicht minder aber seine eigenen törichten Wünsche, unvernünftigen Triebe und Laster.

Der intelligente Witz und die vielbeschworene Eleganz von La Fontaines Versen sind selbst in Ernst Dohms oft schwerfälliger Übersetzung zu spüren. Was sie aber vor allem und ganz ungeschmälert vermittelt, das ist der scharfe, kühle und zugleich leidenschaftliche Blick, mit dem der Autor die weite Menschenwelt erfaßt, ohne jemals den Rahmen der überlieferten Erzählungen zu verlassen - zu denen neben der Tierfabel auch Mythen, philosophische Anekdoten und literaturtheoretische Reflexionen gehören.

Hier ist vom Leben in all seinen grellen und trüben Nuancen die Rede. Die Protagonisten sind politische Opportunisten und falsche Freunde, betrogene Betrüger und Abenteurer, die es nicht zu Haus hält und die, geschunden, kläglich ins Nest zurückkehren, Eitle, Neider und Habgierige, schließlich die Narren der Liebe - "Amor! Sind wir in deinem Bann, / dann gute Nacht, Verstand und Denken!" Wo einmal eine Freundschaft sich als bedingungslos treu bewährt, gewinnt sie gerade dadurch grausame und unheimliche Züge, wie in der Fabel vom Käfer, der den Tod seines Freundes, des Hasen, am Adler mit unerbittlichem Haß rächt. La Fontaines Dichtung fasziniert durch ihr radikal pessimistisches Weltbild, das allem gefühlvollen Vertrauen in die menschliche Natur spottet.

Große Zeichner haben La Fontaines Fabeln illustriert: François Chauveau in der Erstausgabe, später Oudry, Grandville, Doré, im 20. Jahrhundert Hans Fischer und Chagall. Die neue Ausgabe hat der tschechische Grafiker Adolf Born üppig bebildert. Bildtafeln, nicht selten über eine Doppelseite, viele textbegleitende Zeichnungen und Vignetten lassen kaum ein Blatt frei vom Liniengespinst der überwiegend gelbbräunlich, mal grün-, mal rosastichig kolorierten Figuren mit ihren aufgerissenen Mäulern und Augen. Mimik und Gestik sind aufdringlich und stereotyp. Auch Borns allzu routiniertes Spiel mit menschlichen und tierischen Attributen und Requisiten kann über das begrenzte Ausdrucksrepertoire nicht hinwegtäuschen. Die Figuren agieren auf einem farblich kaum abgehobenen Fond, der zugleich Landschaften, Interieurs und die fleckige, knittrige Oberfläche alter Buchseiten evoziert.

Papieren und flach bleiben denn die Bilder allesamt, und zwar im doppelten Wortsinn: Nirgends öffnet sich eine körperliche und räumliche Tiefe, die es erlauben würde, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, oder die die Dimension Zeit ins Spiel bringen könnte. Und nirgends leisten die Figuren und Szenen mehr als die ornamentale Verdopplung der erzählten Handlungen. Mit dem beißenden Witz, dem Grausamen und Abgründigen, mit der Melancholie und Trauer in den Texten haben diese Illustrationen nicht das Geringste zu tun. Sie lassen aber auch die Impulse zum Lachen, Entdecken und Nachdenken vermissen, die Bilderbuchkünstler wie Józef Wilkón, Tony Ross, Grégoire Solotareff und Ed Young in ihren Fabelversionen für Kinder bieten. Die vorliegende opulente Gesamtausgabe provoziert den Wunsch nach einem dem Autor kongenialen zeitgenössischen Illustrator - was könnte etwa ein Wolf Erlbruch auf diesem Feld leisten!

GUNDEL MATTENKLOTT

Jean de La Fontaine: "Fabeln". Gesamtausgabe. Aus dem Französischen übersetzt von Ernst Dohm. Illustriert von Adolf Born. Bertelsmann Jugendbuch Verlag, München 2001. 543 S., geb., 78,- DM. Ab 10 Jahre und für Erwachsene.

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