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Fabian von Schlabrendorff nahm in den Reihen der Widerstandsbewegung gegen Hitler eine Sonderstellung ein. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er zum engsten Vertrauten von Henning von Tresckow und somit einer der wichtigsten Widerstandskämpfer im Stab der Heergruppe Mitte, wo er federführend an der Vorbereitung und Durchführung des Bombenattentats vom 13. März 1943 beteiligt war. Als »Sonderhäftling« von der SS in die »Alpenfestung« verschleppt, gehörte er zu den wenigen Mitgliedern des Widerstands, die die NS-Diktatur überlebten. Nach 1945 begann Schlabrendorff eine beispiellose Karriere -…mehr

Produktbeschreibung
Fabian von Schlabrendorff nahm in den Reihen der Widerstandsbewegung gegen Hitler eine Sonderstellung ein. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er zum engsten Vertrauten von Henning von Tresckow und somit einer der wichtigsten Widerstandskämpfer im Stab der Heergruppe Mitte, wo er federführend an der Vorbereitung und Durchführung des Bombenattentats vom 13. März 1943 beteiligt war. Als »Sonderhäftling« von der SS in die »Alpenfestung« verschleppt, gehörte er zu den wenigen Mitgliedern des Widerstands, die die NS-Diktatur überlebten. Nach 1945 begann Schlabrendorff eine beispiellose Karriere - unter anderem war er Mitbegründer des Hilfswerks 20. Juli 1944 e.V. und setzte sich für das Andenken der Mitglieder der Widerstandsbewegung und die finanzielle Unterstützung der Hinterbliebenen ein, als Rechtsanwalt verteidigte er das Ansehen der Fronde gegen Hitler vor Gericht und bekleidete von 1967 bis 1975 das Amt des Bundesverfassungsrichters.
Autorenporträt
Mario H. Müller, Dr. phil., geboren 1989 in Plauen (Vogtland), studierte Europäische Geschichte und wurde im Jahr 2022 an der Technischen Universität Chemnitz promoviert. Derzeit arbeitet er als Lehrer für die Fächer Geschichte, Ethik und Gemeinschaftskunde an einer sächsischen Oberschule.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Endlich erhält das Wirken von Fabian von Schlabrendorff, einer wichtigen Figur des Widerstands gegen die Nationalsozialisten, mit dieser Dissertation von Mario Müller eine umfassende Würdigung, freut sich Rezensent Werner Bührer. Als einer von wenigen überlebte Schlabrendorff seinen Kampf im "militärisch konservativen Widerstand" gegen Hitler und engagierte sich anschließend in der Bundesrepublik für die Aufarbeitung der NS-Verbrechen und als Richter am Bundesverfassungsgericht, lesen wir. Detailliert rekonstruiert Müller dessen Motivationen und Gedanken anhand zahlreicher Briefe. Besonders interessant ist für den Kritiker, wie Müller das politische Umdenken Schlabrendorffs sichtbar werden lässt: zutiefst preußisch-konservativ geprägt, befand er sich zunächst ideologisch sehr nahe an der NSDAP, bis er sich radikal abwandte. Mehrere von Schlabrendorff geplante Attentate scheiterten, so der Kritiker, er wurde verhaftet und entging der Todesstrafe nur durch Zufall. Diese Biografie ist vorzüglich geschrieben, informativ und differenziert, schließt Bührer zufrieden.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.06.2023

„Hitler muss vernichtet werden“
Mario Müllers gelungene Biografie über Fabian von Schlabrendorff
Fabian von Schlabrendorff zählt zu den wenigen Überlebenden des militärisch-konservativen Widerstands gegen Hitler. Etwa einen Monat nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet, verhinderte ein alliierter Bombenangriff auf Berlin Anfang Februar 1945, dass die Verhandlung gegen ihn mit dem zu erwartenden Todesurteil zu Ende ging. Bei dem Angriff wurde nicht nur das Gerichtsgebäude schwer getroffen, auch der Präsident des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, kam zu Tode. Obwohl bei der Fortsetzung des Prozesses im März die Anklage zurückgezogen wurde, ging die Leidenszeit weiter.
Mit anderen „Sonderhäftlingen“ verschleppte ihn die SS über Stationen in den Konzentrationslagern Flossenbürg und Dachau in die Nähe von Innsbruck, wo er schließlich Mitte April befreit wurde. Unmittelbar nach dem Krieg und später in der Bundesrepublik machte er sich als mutiger Verteidiger des Andenkens ermordeter und verfolgter deutscher Widerstandskämpfer und als Richter am Bundesverfassungsgericht einen Namen.
Mario Müller, derzeit Lehrer für Geschichte, Ethik und Gemeinschaftskunde in Sachsen, erzählt in seiner von Frank-Lothar Kroll betreuten Dissertation vom Leben und Wirken dieses „preußisch-konservativen Idealen“ verhafteten, Ende der 1920er-Jahre zeitweise sogar mit der NSDAP liebäugelnden Rechtsanwalts und Offiziers. Dessen Bedeutung als Verbindungsmann zwischen verschiedenen Widerstandskreisen und an Attentatsplanungen aktiv beteiligter „Mitverschwörer“ hat die einschlägige Forschung zwar wiederholt hervorgehoben, dennoch fehlte bislang eine umfassende Würdigung.
Für seine detaillierte Rekonstruktion der politischen Gedankenwelt und der Motive, die diesen Konservativen „alter Schule“ zum entschlossenen Hitlergegner werden ließen, konnte sich Müller auf den Nachlass Schlabrendorffs stützen, vor allem auf den Briefwechsel mit dessen Mutter Ida und den Schwestern Ursula und Leonie. Die insgesamt 380 Schriftstücke aus den Jahren 1922 bis 1945 gewähren teilweise sehr unverblümt Einblick in die Erlebnisse und Ansichten während der Zeit als Student, Journalist, Redner und „Wahlkampfhelfer“ im Dienste der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und zuletzt als Soldat. Wichtige Quellen waren ferner die Veröffentlichungen Schlabrendorffs, insbesondere das Buch „Offiziere gegen Hitler“. Erstmals 1946 erschienen, wird sein Quellenwert in der neueren Forschung freilich kritisch gesehen.
Der 1907 in Halle an der Saale geborene Schlabrendorff wuchs in einem – zumindest väterlicherseits – ausgesprochen preußisch und patriotisch geprägten Milieu auf: Preußentum bedeutete für ihn „Pflichterfüllung, Rechtsbewusstsein, strenge Zucht“, aber auch „freies Denken“ und „Spott bis zur Selbstironie“. Neben dem Jurastudium verfasste er Artikel für die Deutsche Zeitung, Hauptorgan des nationalistisch-antisemitischen „Alldeutschen Verbandes“. Müller lässt offen, ob sein Protagonist die politisch-ideologischen Positionen des Verbands teilte. Immerhin räumt er ein, dass der „junge Heißsporn“ einen „Radikalisierungsprozess“ durchlief, der ihn ins Lager der Nationalsozialisten zu treiben drohte.
Laut Müller war es vor allem die Bekanntschaft mit dem „bekennenden Monarchisten“ Ewald von Kleist-Schmenzin im April 1931, die ein komplettes Abdriften verhinderte. In vergleichbarem Maße, wie er sich zuvor den Nationalsozialisten angenähert hatte, betrieb Schlabrendorff „ab Mitte 1932 den Kampf gegen Hitler und seine Gefolgsleute mit Verve und Vehemenz“. An seine Mutter schrieb er im November 1932: „Hitler muss vernichtet werden.“ Indem er den keineswegs gradlinigen Weg zum Hitler-Gegner hervorhebt, bekräftigt Müller eine Erkenntnis der jüngeren Forschung: Dass spätere Widerstandskämpfer zunächst mit dem Regime oder Teilen der NS-Ideologie sympathisierten, ehe sie sich aus den unterschiedlichsten Gründen dazu entschlossen, die Seiten zu wechseln, war keine Seltenheit.
Im Mittelteil des Buches schildert Müller die Stationen in den Widerstand: Arbeit als „politischer Adjutant“ des DNVP-Reichstagsabgeordneten Herbert von Bismarck, Rückzug in die thüringische Provinz als Referendar an einem Amtsgericht, Kontaktaufnahme und -pflege mit Hitlergegnern verschiedener Couleur. Letztere bestärkten ihn in der Überzeugung, dass die Tötung des Diktators die einzige Möglichkeit sei, einen Krieg zu verhindern. Im Sommer 1939 will Schlabrendorff nach eigenen Angaben – andere hieb- und stichfeste Belege existieren nicht – seine Hochzeitsreise nach England – er hatte im Juni Luitgarde von Bismarck geheiratet – genutzt haben, um Winston Churchill und andere Gegner der offiziellen Appeasement-Politik zum Handeln gegen Hitlerdeutschland zu bewegen. Mit Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion wurde der Oberleutnant in der Heeresgruppe Mitte eingesetzt, einem Zentrum des militärischen Widerstands. Auch für einen weiteren erfolglosen Widerstandsakt – die Bombe in einem Flugzeug, das Hitler im März 1943 benutzte, detonierte nicht – ist man auf die Darstellung Schlabrendorffs angewiesen. Andere Versuche, den Diktator zu töten, scheiterten ebenfalls.
Der letzte, umfangreichste Teil befasst sich mit der Rolle Schlabrendorffs im Nachkriegsdeutschland: mit dem unermüdlichen Einsatz zugunsten ehemaliger Widerstandskämpfer, der Vertretung der Hinterbliebenen vor Gericht und bei der Durchsetzung von Entschädigungs- und Wiedergutmachungsansprüchen. Viel Nerven und Zeit kosteten ihn Prozesse gegen „rechtsradikale Verleumder“ und „Provokateure“ wie Hans-Ulrich Rudel und Otto Ernst Remer, die das Ansehen der Widerstandskämpfer in Zweifel zu ziehen suchten. Gleichwohl empörte ihn die „pauschale Diskriminierung“ des deutschen Generalstabs als „verbrecherische Organisation“ – eine Einschätzung, die er als „falsch und ungerecht“ empfand. Leitideen blieben für Schlabrendorff ein wiederbelebtes Christentum, die Westbindung der Bundesrepublik und die Ablehnung des Kommunismus. Eine demokratische Gesellschaft benötigte aus seiner Sicht eine „elitär agierende Gruppe als notwendigen Eckpfeiler“.
Mario Müller hat eine gut zu lesende, von Bewunderung für seinen Protagonisten grundierte Studie vorlegt, die jedoch nie hagiografische Züge annimmt, weil er die Kontroversen etwa zur Rolle des militärischen Widerstands oder zur Nähe nationalkonservativer und nationalsozialistischer Positionen nicht ignoriert. Ein wirklich gelungener Beitrag zur Widerstandsforschung.
WERNER BÜHRER
Werner Bührer ist Zeithistoriker. Er lebt in München.
Vom konservativen Widerstand
führte der Weg an Deutschlands
höchstes Gericht
Mario H. Müller:
Fabian von Schlabrendorff. Ein Leben im Widerstand gegen Hitler und für Gerechtigkeit in Deutschland. Bebra Wissenschaft Verlag, Berlin 2023. 384 Seiten, 40 Euro.
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