2012 unternahm Samuel Zuder (geb. 1965) eine Reise zu einem der faszinierendsten Orte der Welt. Der Legende nach wurde er von niemandem bis auf Yogi Milarepa im 12. Jahrhundert jemals bestiegen, wenngleich von Abertausenden Pilgern umrundet: Der Mount Kailash, der wegen seiner außergewöhnlichen symmetrischen Form auch 'Juwel des Schnees' genannt wird, liegt inmitten der Gesteinswüste der tibetischen Changtang-Hochebene. Verehrt von gleich vier Glaubensrichtungen - Hindus, Buddhisten, Jainas und Böns -, ist er das Sujet des Fotografen, der die Anziehungskraft dieses Ortes - sein Versprechen von Glück und Erleuchtung - in Bilder bannt. Über mehrere Wochen begleitete Zuder mit einer analogen Großformat-Kamera die Wallfahrer auf ihrem rund 53 Kilometer langen Pfad um den Berg, den sie alle als Ursprung der Welt betrachten. Die stille Erhabenheit des Mount Kailash spiegelt sich nicht nur in den beeindruckenden Landschaftsaufnahmen, sondern auch in den Gesichtern der Menschen auf diesem Weg wider.
Süddeutsche ZeitungHohes
Ziel
Samuel Zuder porträtiert
den Mount Kailash und die
Pilger, die ihn umrunden
VON MONIKA MAIER-ALBANG
Sehen alle gleich aus, denkt man im ersten Moment. Wettergegerbte Gesichter, selten ein Lächeln, gehüllt in dickes Tuch. Muss ein entbehrungsreiches Leben sein, dort oben in Tibet. Aber dann, beim zweiten Hinsehen, erkennt man, dass jeder der Porträtierten seine Eigenheit hat. Und die Menschen gar nicht abweisend in die Kamera blicken, eher überrascht. Als fragten sie sich, was dieser Fremde da will, der mit seiner Großformatkamera vor ihnen steht und sie bittet, ein Bild von ihnen machen zu dürfen. So ganz unspirituell. Am heiligen Berg.
Der Hamburger Fotograf Samuel Zuder reiste 2012 nach Tibet, um sich dem Mount Kailash anzunähern. Und den Menschen, die ihn verehren. Ein einfaches Unterfangen war das nicht: Die chinesischen Behörden sperren die Region immer wieder für ausländische Besucher. Ohne chinesischen Begleiter, der gern mal als Aufpasser fungiert, darf dort kein Fremder hin. Zuder jedoch konnte sich von Tibetern führen lassen, was ihm sicher einen anderen Zugang zu den Menschen verschaffte.
Entstanden ist aus der Reise der Bildband „Face to Faith“. Die Menschen, die Zuder abbildet, sind ja wegen ihres Glaubens hier. Der Berg ist Hindus und Buddhisten, aber auch Anhängern des Jainismus und des Bön (eine alte, lange unterdrückte tibetische Religion) wichtig. Wer woran glaubt, erkennt der Laie nicht. Aber dass diese Menschen mit einer Mission unterwegs sind, das schon. 54 Kilometer lang ist der Pfad, die Kora, auf dem sie den Kailash umrunden. Sie erhoffen sich Vergebung der Sünden. Einen Beichtvater braucht es nicht. Es reicht die Schinderei, aufzusteigen auf 5700 Meter. Manche gehen die Strecke in Tagen, andere wählen die noch härtere Tour: Sie werfen sich nieder.
Die Pilger sind Farbtupfen in karger Landschaft, mal zwischen braunem Fels, mal auf Schnee. Zu Fuß, allein, in kleinen Gruppen, in Begleitung eines Yak oder eines zotteligen Ponys, das solche Strapazen aushält. Mal sieht man sie aus der Nähe. Mal sind sie nur Punkte in einer Kulisse. Und die ist so gewaltig, dass sie wohl selbst Menschen, die an keinen irgendwie gearteten Gott glauben, ein Gefühl davon vermittelt, dass es jenseits der sichtbarer Grenzen doch etwas geben könnte.
Samuel Zuder: Face to Faith. Mount Kailash – Tibet. Hatje Cantz Verlag, Berlin 2016. 192 Seiten, 58 Euro.
REISEBUCH
Ein Mensch, ein Yak, ein Bündel mit
Proviant: So ziehen die Pilger durch die gewaltige
Landschaft Tibets. Fotos: Samuel Zuder
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Ziel
Samuel Zuder porträtiert
den Mount Kailash und die
Pilger, die ihn umrunden
VON MONIKA MAIER-ALBANG
Sehen alle gleich aus, denkt man im ersten Moment. Wettergegerbte Gesichter, selten ein Lächeln, gehüllt in dickes Tuch. Muss ein entbehrungsreiches Leben sein, dort oben in Tibet. Aber dann, beim zweiten Hinsehen, erkennt man, dass jeder der Porträtierten seine Eigenheit hat. Und die Menschen gar nicht abweisend in die Kamera blicken, eher überrascht. Als fragten sie sich, was dieser Fremde da will, der mit seiner Großformatkamera vor ihnen steht und sie bittet, ein Bild von ihnen machen zu dürfen. So ganz unspirituell. Am heiligen Berg.
Der Hamburger Fotograf Samuel Zuder reiste 2012 nach Tibet, um sich dem Mount Kailash anzunähern. Und den Menschen, die ihn verehren. Ein einfaches Unterfangen war das nicht: Die chinesischen Behörden sperren die Region immer wieder für ausländische Besucher. Ohne chinesischen Begleiter, der gern mal als Aufpasser fungiert, darf dort kein Fremder hin. Zuder jedoch konnte sich von Tibetern führen lassen, was ihm sicher einen anderen Zugang zu den Menschen verschaffte.
Entstanden ist aus der Reise der Bildband „Face to Faith“. Die Menschen, die Zuder abbildet, sind ja wegen ihres Glaubens hier. Der Berg ist Hindus und Buddhisten, aber auch Anhängern des Jainismus und des Bön (eine alte, lange unterdrückte tibetische Religion) wichtig. Wer woran glaubt, erkennt der Laie nicht. Aber dass diese Menschen mit einer Mission unterwegs sind, das schon. 54 Kilometer lang ist der Pfad, die Kora, auf dem sie den Kailash umrunden. Sie erhoffen sich Vergebung der Sünden. Einen Beichtvater braucht es nicht. Es reicht die Schinderei, aufzusteigen auf 5700 Meter. Manche gehen die Strecke in Tagen, andere wählen die noch härtere Tour: Sie werfen sich nieder.
Die Pilger sind Farbtupfen in karger Landschaft, mal zwischen braunem Fels, mal auf Schnee. Zu Fuß, allein, in kleinen Gruppen, in Begleitung eines Yak oder eines zotteligen Ponys, das solche Strapazen aushält. Mal sieht man sie aus der Nähe. Mal sind sie nur Punkte in einer Kulisse. Und die ist so gewaltig, dass sie wohl selbst Menschen, die an keinen irgendwie gearteten Gott glauben, ein Gefühl davon vermittelt, dass es jenseits der sichtbarer Grenzen doch etwas geben könnte.
Samuel Zuder: Face to Faith. Mount Kailash – Tibet. Hatje Cantz Verlag, Berlin 2016. 192 Seiten, 58 Euro.
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Ein Mensch, ein Yak, ein Bündel mit
Proviant: So ziehen die Pilger durch die gewaltige
Landschaft Tibets. Fotos: Samuel Zuder
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