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Siebzehn Beschreibungen von Reisen aus fünfzig Jahren - Aufzeichnungen, die Hartmut von Hentig nicht in erster Linie dazu dienen, das Erlebte festzuhalten, sondern es hervorzubringen scheinen: als Bereitschaft zur inneren Aufmerksamkeit.
Da macht ein Reisender im weitesten Sinne des Wortes Erfahrungen, sucht die Spuren seiner Bildung; da verwandelt die Fahrt die Begleiter in Gefährten, von denen alles abhängt; da erprobt einer sich selbst, seine Fähigkeit zur Einsamkeit, die die Fähigkeit ist, für den anderen mitzuerleben, und seine Fähigkeit zur Gemeinsamkeit, die die Fähigkeit ist, sich…mehr

Produktbeschreibung
Siebzehn Beschreibungen von Reisen aus fünfzig Jahren - Aufzeichnungen, die Hartmut von Hentig nicht in erster Linie dazu dienen, das Erlebte festzuhalten, sondern es hervorzubringen scheinen: als Bereitschaft zur inneren Aufmerksamkeit.
Da macht ein Reisender im weitesten Sinne des Wortes Erfahrungen, sucht die Spuren seiner Bildung; da verwandelt die Fahrt die Begleiter in Gefährten, von denen alles abhängt; da erprobt einer sich selbst, seine Fähigkeit zur Einsamkeit, die die Fähigkeit ist, für den anderen mitzuerleben, und seine Fähigkeit zur Gemeinsamkeit, die die Fähigkeit ist, sich und sein Erleben zurückzunehmen; da verrichtet einer vor den Augen des Lesers die schwierigste und zugleich alltäglichste Tätigkeit: Er übersetzt Wahrnehmung in Sprache; da denkt, liest, rätselt einer an seinen Beobachtungen - an Klöstern, Kalköfen oder Königsgräbern - entlang; da erinnert er sich, wie es hier (für ihn und andere) einst war, und ahnt voraus, wie es (führ ihn und andere) später sein wird.
In zwei Essays - über das Wandern und über ein erfahrendes, "piratisches" Leben - versucht Hartmut von Hentig eine Annäherung an den Zusammenhang von "Fahren" und "Erfahrung", "Gefährte" und "Gefahr".

"In einer meiner theore tischen Schriften habe ich einmal die Erziehung unter dem Bild der Seefahrt ausgelegt. Erziehung ist der Vorgang, durch den man zu leben lernt, und das Reisen, zumal das notwendig kooperative und nicht voll beherrschbare, den Elementen ausgesetzte Reisen zur See, ist dessen Abbild und Inbegriff."
Autorenporträt
Hartmut von Hentig, geboren 1925 in Posen, Professor emeritus für Pädagogik an der Universität Bielefeld, war bis 1987 Wissenschaftlicher Leiter der Laborschule und des Oberstufen-Kollegs des Landes Nordrhein-Westfalen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2000

Weltreisen

"Fahrten und Gefährten. Reiseberichte aus einem halben Jahrhundert 1936-1990" von Hartmut von Hentig. Hanser Verlag, München 2000. 406 Seiten, Gebunden, 49,80 Mark, ISBN 3-446-19933-0.

Hartmut von Hentig, Erfinder der Bielefelder Reformschule, hat seine gesammelten Reiseschriften veröffentlicht. Warum tut er das? Will er uns die Welt zeigen, oder will er uns seine Welt zeigen? Auch wenn er in seinem Vorwort die "Verführung, (unkonventionell) zu reisen", zur gewünschten Wirkung erklärt, ist doch der Einblick in die Person "HvH" spannender. Hentig hat eine große Gabe. Er betrachtet die Welt mit offenen Augen. Sei es Kolumbien, wo er 1936 als Zehnjähriger mit seinem Vater durch die Llanos reitet, sei es der Bodensee, den er kurz nach dem Krieg mit aufgelesenen Äpfeln als Verpflegung umwandert, sei es der Kongo, den er mit fünfundsechzig bereist, um sich dort eine Schule näher zu betrachten. Dieser Mensch ist Idealist von einer Art, wie sie heute in Deutschland nahezu ausgestorben ist. Getragen von humanistischer Bildung und einem Freundeskreis, dem schon in jungen Jahren Friedrich von Weizsäcker und Marion Dönhoff angehörten, begegnet er der Welt mit ritterlichem Pathos. Ein Ritt von Ost- nach Westpommern 1944 gibt ihm die Gelegenheit, aus dem vollen zu schöpfen: "Über dem Horizont stehen phantastische Wolkentürme, und die hohen Tannen greifen tief in den Himmel hinein, als wollten sie ihn hindern davonzuschweben." Nach dem Krieg begibt er sich in die Vereinigten Staaten, von wo er mit ewiger Bewunderung für das Collegesystem zurückkehrt - in ein Deutschland, das Krieg und Nazitum nicht aufarbeitet, sondern unter dem Wiederaufbau zu vergraben gedenkt. Es regt sich der Idealist, Pädagoge muß er werden. Als junger Lehrer unternimmt er Fahrten mit Schülern nach Berlin und ins Tessin, seine Vorstellung einer "entschulten" Schule erprobend: Jeder ist frei in seinen Entscheidungen, gemeinsame Lektüre oder sonstiger Kulturgenuß sorgen für den inneren Schliff. Aus der heißen Phase seiner Reformertätigkeit - Professur und Laborschule in Bielefeld - gibt es keine Berichte. Er war zu beschäftigt, um seine Reiseerlebnisse niederzuschreiben. Erst nach seiner Emeritierung 1988 setzt er wieder ein, mit einer stichwortartigen und überflüssigen Darstellung einer Fahrt nach Irland. Es folgen weitere Reisen nach Mexiko und in das damalige Zaire. Das Reformieren hat Hentig aufgegeben. "Schule", so schreibt er aus Afrika, "darf, wo es sie noch nicht gibt, nie eingeführt werden." Doch er bleibt auch in diesen späteren Texten ein aufgeschlossener Reisender. Seine Aufrichtigkeit, sein hohes Ethos sind ungebrochen, lediglich das Pathos der frühen Jahre ist ihm abhanden gekommen. Die Welt in den Augen eines Idealisten ist zwar auch nicht heiler, der Mensch aber, der sie besieht, beeindruckt. (maha)

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"Dass es sie immer noch gibt, die Reisekünstler und die Reisekunst, zeigt das Buch des Pädagogen Hartmut von Hentig "Fahrten und Gefährten", dass man, gäbe es diese literarische Gattung, eine "Reisebiographie" nennen könnte. ... Ein fesselndes Buch, das sich nicht nur der weitläufigen Biographie des Autors, sondern in erster Linie natürlich seiner Kunst des Schreibens verdankt."
"Den Erzieher nicht als Gärtner, als Bildhauer, als Führer zu sehen, sondern als Wandergefährten, als Seefahrer, als Reisenden: das ist das pädagogische Credo dieser Reisekunst, einer ars viatica, deren Meister und Magister Hartmut von Hentig ist." (DIE ZEIT)