Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 9,99 €
  • Gebundenes Buch

»Fall ad.a.« las der junge Rudolf Ditzen, alias Hans Fallada, auf den Aktenrücken der abgeschlossenen Fälle im Arbeitszimmer seines Vaters, des Reichsgerichtsrates Wilhelm Ditzen. Zu den Akten gelegt wurden auch erste, nach dem Wendeherbst von 1989 öffentlich bekannt gewordene Stasiverwicklungen um das Fallada-Erbe im Literaturzentrum Neubrandenburg. Eine kritische Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit hat es in dieser Einrichtung, die seit 1981 den Nachlass des deutschen Schriftstellers betreut, nach der Wende nicht gegeben. Was die ehemalige DDR-Institution zu verbergen hatte, ist nicht nur der…mehr

Produktbeschreibung
»Fall ad.a.« las der junge Rudolf Ditzen, alias Hans Fallada, auf den Aktenrücken der abgeschlossenen Fälle im Arbeitszimmer seines Vaters, des Reichsgerichtsrates Wilhelm Ditzen. Zu den Akten gelegt wurden auch erste, nach dem Wendeherbst von 1989 öffentlich bekannt gewordene Stasiverwicklungen um das Fallada-Erbe im Literaturzentrum Neubrandenburg. Eine kritische Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit hat es in dieser Einrichtung, die seit 1981 den Nachlass des deutschen Schriftstellers betreut, nach der Wende nicht gegeben. Was die ehemalige DDR-Institution zu verbergen hatte, ist nicht nur der ideologische Geist ihrer langjährigen Arbeit, sondern vor allem ihre Verstrickung mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS).
Autorenporträt
Sabine Lange wurde 1953 in Stralsund geboren und wuchs in einer großen musikalischen Familie auf. Nach einem Pädagogikstudium in Greifswald studierte sie Musik in Rostock, dann Literatur in Leipzig. Von 1984 bis 1999 arbeitete sie als Archivarin im Hans-Fallada-Archiv Feldberg. Sie hat neben zwei weiteren Gedichtbänden mehrere Bücher zu Hans Fallada sowie eine Darstellung der Stasiverstrickungen im Fallada-Archiv veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2006

Wem mag die Wanze gehören?
Wie die DDR mit dem Nachlaß von Hans Fallada umging

Den Nachlaß von Hans Fallada sollte man in einem der großen deutschen Literaturarchive vermuten. Tatsächlich liegt er seit dem DDR-Ende im mecklenburgischen Neubrandenburg. Dort wird er von einem Literaturzentrum betreut, das zu einem Verein gehört und hauptsächlich von der Stadt finanziert wird. Kürzlich hat die Stadt angekündigt, nur noch bis Ende 2007 zu zahlen. Begründet wird das mit der Haushaltslage (F.A.Z. vom 3. und 27. Juli). In Wahrheit geht es um einen politischen Konflikt. Denn um das 1971 von der SED-Bezirksleitung Neubrandenburg gegründete Literaturzentrum haben sich Leute gesammelt, denen die DDR noch immer nicht untergegangen ist. Als würde sich Falladas unstetes Leben über seinen Tod hinaus fortsetzen, ranken sich auch um den Nachlaß verrückte Geschichten. Die Manuskripte lagerten im Keller eines Braunschweiger Geschäftsmannes, wurden von der DDR aufgekauft und nach Feldberg gebracht, wo Fallada die Zeit des Nationalsozialismus überstanden hatte und nach dem Krieg für kurze Zeit Bürgermeister gewesen war.

Auch die Geschichte des Fallada-Archivs könnte von Fallada selbst stammen. Staatliche Willkür kommt darin vor wie auch Zuträgerschaft der Staatssicherheit, Mißgunst unter Funktionären und persönliche Vorteilsnahme. Vor kurzem wurde in dem alten Archivgebäude noch eine Wanze der Staatssicherheit gefunden. Es gab Streit darüber, wem die Abhöreinrichtung gehört. Dem neuen Hausbesitzer, dem Staat oder als Andenken den alten Genossen? Die Geschichte des Fallada-Archivs hat Sabine Lange in den Akten recherchiert und aufgeschrieben, unterstützt vom Schweriner Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes. Jahrelang war Frau Lange die Archivarin. Sie wurde in der DDR-Zeit suspendiert, wiedereingestellt und nach dem DDR-Ende wegen Unbotmäßigkeit entlassen - übrigens von derselben Vorgesetzten. Frau Lange ist also Partei und zeigt es auch. Das macht das Buch angreifbar. Dennoch: Man legt es nicht aus der Hand, so fesselnd sind die Geschichten, die darin erzählt werden. Es bleibt ein unangenehmes Gefühl. Zeigt doch der Streit über das Literaturzentrum, daß es mit der DDR noch immer nicht ganz vorbei ist.

FRANK PERGANDE

Sabine Lange: "Fallada - Fall ad acta?" Sozialistische Erbepflege und das Ministerium für Staatssicherheit. Edition Temmen, Bremen 2006. 144 S., br., 12,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr