Das Gedächtnis ist ein stummes Archiv, in das nur die Erinnerung und die Wörter Leben hineinbringen. Doch das Erinnern liefert keine festen Bilder oder Geschichten, es sind nur Späne, Sprachsplitter und kleine Impulse, die aufleuchten, um sich bald schon zu verändern. Nico Bleutges Gedichte folgen dieser Bewegung mit ihrem Rhythmus und ihrem Klang, immer nah an der Wahrnehmung, immer nah an den Rißlinien von Sprache und Welt: "was sich da häutet, / schichtet, nah sich aufeinander schiebt. / das kriecht die wirbel noch entlang, / drückt nach in den knochen".
In seinem zweiten Band erkundet der junge Lyriker zwischen eigener Geschichte und Landschaften das Terrain der Erinnerung, über die Uwe Johnson einmal geschrieben hat, sie gleiche einer mächtigen grauen Katze hinter Fensterscheiben, unnahbar, stumm und verlockend. Und er knüpft da an, wo er mit seinem vielgelobten Erstling "klare konturen" aufgehört hat. Seine neuen Gedichte führen in die Vergangenheit hinein, machen historische Schichten und Stimmen lesbar, von der Zeit des Barock bis zu den Resten des Zweiten Weltkriegs auf der Insel Sylt.
In einem unverwechselbaren Ton zeigen die Verse so, was ein Gedicht eigentlich leisten kann: Feineinstellungen an Sprache und Wahrnehmung.
In seinem zweiten Band erkundet der junge Lyriker zwischen eigener Geschichte und Landschaften das Terrain der Erinnerung, über die Uwe Johnson einmal geschrieben hat, sie gleiche einer mächtigen grauen Katze hinter Fensterscheiben, unnahbar, stumm und verlockend. Und er knüpft da an, wo er mit seinem vielgelobten Erstling "klare konturen" aufgehört hat. Seine neuen Gedichte führen in die Vergangenheit hinein, machen historische Schichten und Stimmen lesbar, von der Zeit des Barock bis zu den Resten des Zweiten Weltkriegs auf der Insel Sylt.
In einem unverwechselbaren Ton zeigen die Verse so, was ein Gedicht eigentlich leisten kann: Feineinstellungen an Sprache und Wahrnehmung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2008Aus der Luft gegriffen
Kraut und Rüben gleich Gedicht? Rühmkorf irrte: Nico Bleutge triumphiert mit Naturlyrik / Von Wulf Segebrecht
Wer Wolken, Luft und Winden in seinen Gedichten so viel Raum gibt und so viel Aufmerksamkeit schenkt wie Nico Bleutge, der sieht sich schnell als Naturlyriker identifiziert - eine Zuordnung, der, allen Bemühungen um eine Erneuerung der Naturlyrik zum Trotz, nicht erst heutzutage der Geruch von Biederkeit und Harmlosigkeit anhaftet, so dass sie zur Diffamierung geraten kann. Schon vor mehr als fünfzig Jahren spottete Gottfried Benn über die "Bewisperer von Gräsern und Nüssen"; ihm folgend, entdeckte Peter Rühmkorf in der Naturlyrik der Nachkriegszeit ironisch nur noch die "Anmut dürftiger Gebilde: / Kraut und Rüben gleich Gedicht".
Es lastet also eine beachtliche Hypothek auf dem Terrain. Wer dieses Grundstück heute für sich wieder erwerben will, muss schon erhebliche Talente aufwenden und beachtliche Erneuerungen zu bieten haben. Solche Vorzüge kann man Bleutges Gedichten unbedingt attestieren: Die Emphase der höchsteigenen Entzückung angesichts der Naturphänomene, wie sie uns beispielhaft in Goethes "Mailied" begegnet ("Wie herrlich leuchtet mir die Natur"), ist ihnen durchaus fremd, und ein "lyrisches Ich", das von seinen Empfindungen, Erfahrungen und Bewertungen spräche, gibt es in diesen Versen überhaupt nicht. Stattdessen dominieren Beobachtungen und Berichte von Naturvorgängen, die ohne Botschaft und Lehre, ohne Sentiment und ohne persönlichen Kommentar wiedergegeben werden: "bewegte landschaft. heute sind es die wolken, die / eine sichtlinie ziehen, quer über den himmel / auf dem vordach, glänzend, wartet die krähe / kurz vor dem flug ins gebüsch / drehen die spatzen noch einmal ab, jagen weit / in die senke zwischen den hügeln." Der Beobachter nimmt sich zurück und ist nur noch rudimentär, aber nicht marginal in der "sichtlinie" enthalten, die festlegt, was und wie etwas zu sehen ist. Das Beobachtete und das Beobachten selbst gehen nicht nur hier eine Symbiose ein, das eine ist ohne das andere nicht zu denken. Der Blick richtet sich auf die Gegenstände, die Gegenstände ihrerseits "führen den blick, treiben ihn an zu erkundungen // in der luft". Unter diesem wohlbedachten Titel, "erkundungen in der luft", hat Bleutge Gedichte dieses Bandes in der Zeitschrift "Manuskripte" vorab veröffentlicht.
Jetzt hat er daraus die "fallstreifen" gemacht, also eine meteorologische Bezeichnung für Niederschläge gewählt, die in der Luft, bevor sie die Erde erreichen, verdunsten und dabei merkwürdige, schön anzuschauende schleier- oder streifenartige Schleppen bilden. Der Graphiker Leander Eisenmann hat die Struktur solcher Fallstreifen zu einer eindrucksvoll-sinnreichen Umschlaggestaltung genutzt. Sie zeigt: Bleutges Gedichte sind gewissermaßen "aus der Luft gegriffen", aber sie bilden dabei, von der Erde aus gesehen, ästhetische Formen aus; Natur und Kunst treten hier zusammen. Es sind aber keineswegs nur die Lufterscheinungen und Wetterverhältnisse allein, denen die Aufmerksamkeit des Lyrikers gilt. Die Natur umfasst auch die Sicherheitszone und die Kontrollstellen einer einstigen Grenze, "wohnparks mit fernsehantennen", "munitionsbaracken" aus dem Zweiten Weltkrieg, Nato-Einrichtungen und Windräder. Diese Relikte der gesehenen oder erinnerten Realität erscheinen nicht mit dem auftrumpfenden Gestus des Unerhörten; sie sind unaufdringlich eingebettet in die sorgfältig reflektierte, rhythmisierte Kunstsprache der Gedichte, in der sie nicht als Fremdkörper wirken.
Ähnlich verhält es sich mit den zahlreichen Zitaten. "Die meisten Gedichte in diesem Band arbeiten mit fremdem Textmaterial", heißt es in den Anmerkungen am Ende des Buches, wo die Namen der "Paten" (ohne nähere Nachweise) einzeln angeführt werden. Mehr als zwanzig Autoren, von Gryphius und Brockes bis zu H. C. Artmann, Ekelöf und Thomas Kling, begegnen hier, und der bildungsbeflissene Leser mag sich einen intellektuellen Spaß daraus machen, die in den Texten kursiv gesetzten Passagen den Genannten zuzuordnen. Nur in den Gedichten, die als "Stimmen" ausdrücklich bezeichnet sind oder die solche Stimmen durchgehend übernehmen, spricht Bleutge mit gleichsam fremder Zunge. Darunter findet sich ein exzellentes Kabinettstück anverwandelter Barocklyrik unter dem Titel "glas", das mit Zitaten und Anspielungen glänzt und zugleich auch das Metrum des Alexandriners und den damals unumgänglichen Reim spielerisch aufnimmt und raffiniert variiert.
Diesem Gedicht gelingt nicht nur eine frappierende Charakterisierung der barocken Gedichtsprache und des barocken Memento-mori-Denkens - dann wäre es nur eine schöne Parodie; vielmehr etabliert es darüber hinaus eine poetologische Traditionslinie, in die sich Nico Bleutge offensichtlich einreiht. Es ist die Poetik des trügerischen Augenscheins angesichts der permanenten Veränderung und Vergänglichkeit aller, selbst der prächtigsten weltlichen Erscheinungen.
Zitiert werden in diesem Gedicht zum Beispiel in einer Art Cento Andreas Gryphius, Simon Dach, eine anonyme poetische Grabschrift Wallensteins ("Hier liegt und fault mit Haut und Bein / Der mächtig Kriegsfürst Wallenstein") und Daniel Casper von Lohensteins Sonett "Die Augen". Die Augen werden dort als "Brenne-Spiegel" bezeichnet, die, weil sie Seelen und Herzen über Kontinente hinweg entflammen können, weitaus mehr ausrichten als die Brennspiegel, mit denen Archimedes einst die römischen Schiffe vor Syrakus in Brand steckte. Dieses ebenso gelehrte wie galante Lob der Augen (Lohenstein hat offenbar die Augen einer geliebten Schönen im Sinn) relativiert Nico Bleutge, wenn er von "ihm", dem Barockdichter, sagt: "was sprach er von lunten / von flammen, von pfeilen, die ihn wund / gemacht. nun fehlt das licht , nichts / zehrt mehr, züngelt, bleibet in ruh / der hungerkittel hängt ihm um die knochen / die finger fleckig, ohne lust / mag ihm nicht taugen, von den dingen / losgelöst, kaum mehr berührt zu sein / und langsam nur geht aus und wieder ein / was in den brennespiegel fällt, in seine augen". Die Augen als Instrumente der Konzentration und der Entzündung, der Bündelung und Umwandlung des Lichts in Flammen unterliegen selbst dem Gesetz der Veränderung und des Verfalls.
Nico Bleutges Gedichte rechnen mit nachdenklichen Lesern, die bereit sind, einzelnen Wörtern und Wendungen ebenso nachzusinnen wie den Bedeutungen von Gedichttiteln, den Konzeptionen der Kapitel sowie dem Gang und der Blickführung der Texte. Bleutge, Jahrgang 1972, gehört zweifellos zu den größten Begabungen der jüngeren Lyriker-Generation. Schon sein erster Gedichtband, "Klare Konturen", fand einhelliges Lob; in dieser Zeitung wurde er als die "bedeutendste Lyrikveröffentlichung in diesem Jahr" gefeiert (F.A.Z., 11. November 2006). Sein neuer Band bestätigt diese Einschätzung und widerlegt nebenbei Goethes nissiges Diktum: "Von Gedichten, aus der Luft gegriffen, halte ich nichts."
Nico Bleutge: "fallstreifen". Gedichte. Verlag C.H. Beck, München 2008. 80 S., geb., 12, 90 [Euro].
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Kraut und Rüben gleich Gedicht? Rühmkorf irrte: Nico Bleutge triumphiert mit Naturlyrik / Von Wulf Segebrecht
Wer Wolken, Luft und Winden in seinen Gedichten so viel Raum gibt und so viel Aufmerksamkeit schenkt wie Nico Bleutge, der sieht sich schnell als Naturlyriker identifiziert - eine Zuordnung, der, allen Bemühungen um eine Erneuerung der Naturlyrik zum Trotz, nicht erst heutzutage der Geruch von Biederkeit und Harmlosigkeit anhaftet, so dass sie zur Diffamierung geraten kann. Schon vor mehr als fünfzig Jahren spottete Gottfried Benn über die "Bewisperer von Gräsern und Nüssen"; ihm folgend, entdeckte Peter Rühmkorf in der Naturlyrik der Nachkriegszeit ironisch nur noch die "Anmut dürftiger Gebilde: / Kraut und Rüben gleich Gedicht".
Es lastet also eine beachtliche Hypothek auf dem Terrain. Wer dieses Grundstück heute für sich wieder erwerben will, muss schon erhebliche Talente aufwenden und beachtliche Erneuerungen zu bieten haben. Solche Vorzüge kann man Bleutges Gedichten unbedingt attestieren: Die Emphase der höchsteigenen Entzückung angesichts der Naturphänomene, wie sie uns beispielhaft in Goethes "Mailied" begegnet ("Wie herrlich leuchtet mir die Natur"), ist ihnen durchaus fremd, und ein "lyrisches Ich", das von seinen Empfindungen, Erfahrungen und Bewertungen spräche, gibt es in diesen Versen überhaupt nicht. Stattdessen dominieren Beobachtungen und Berichte von Naturvorgängen, die ohne Botschaft und Lehre, ohne Sentiment und ohne persönlichen Kommentar wiedergegeben werden: "bewegte landschaft. heute sind es die wolken, die / eine sichtlinie ziehen, quer über den himmel / auf dem vordach, glänzend, wartet die krähe / kurz vor dem flug ins gebüsch / drehen die spatzen noch einmal ab, jagen weit / in die senke zwischen den hügeln." Der Beobachter nimmt sich zurück und ist nur noch rudimentär, aber nicht marginal in der "sichtlinie" enthalten, die festlegt, was und wie etwas zu sehen ist. Das Beobachtete und das Beobachten selbst gehen nicht nur hier eine Symbiose ein, das eine ist ohne das andere nicht zu denken. Der Blick richtet sich auf die Gegenstände, die Gegenstände ihrerseits "führen den blick, treiben ihn an zu erkundungen // in der luft". Unter diesem wohlbedachten Titel, "erkundungen in der luft", hat Bleutge Gedichte dieses Bandes in der Zeitschrift "Manuskripte" vorab veröffentlicht.
Jetzt hat er daraus die "fallstreifen" gemacht, also eine meteorologische Bezeichnung für Niederschläge gewählt, die in der Luft, bevor sie die Erde erreichen, verdunsten und dabei merkwürdige, schön anzuschauende schleier- oder streifenartige Schleppen bilden. Der Graphiker Leander Eisenmann hat die Struktur solcher Fallstreifen zu einer eindrucksvoll-sinnreichen Umschlaggestaltung genutzt. Sie zeigt: Bleutges Gedichte sind gewissermaßen "aus der Luft gegriffen", aber sie bilden dabei, von der Erde aus gesehen, ästhetische Formen aus; Natur und Kunst treten hier zusammen. Es sind aber keineswegs nur die Lufterscheinungen und Wetterverhältnisse allein, denen die Aufmerksamkeit des Lyrikers gilt. Die Natur umfasst auch die Sicherheitszone und die Kontrollstellen einer einstigen Grenze, "wohnparks mit fernsehantennen", "munitionsbaracken" aus dem Zweiten Weltkrieg, Nato-Einrichtungen und Windräder. Diese Relikte der gesehenen oder erinnerten Realität erscheinen nicht mit dem auftrumpfenden Gestus des Unerhörten; sie sind unaufdringlich eingebettet in die sorgfältig reflektierte, rhythmisierte Kunstsprache der Gedichte, in der sie nicht als Fremdkörper wirken.
Ähnlich verhält es sich mit den zahlreichen Zitaten. "Die meisten Gedichte in diesem Band arbeiten mit fremdem Textmaterial", heißt es in den Anmerkungen am Ende des Buches, wo die Namen der "Paten" (ohne nähere Nachweise) einzeln angeführt werden. Mehr als zwanzig Autoren, von Gryphius und Brockes bis zu H. C. Artmann, Ekelöf und Thomas Kling, begegnen hier, und der bildungsbeflissene Leser mag sich einen intellektuellen Spaß daraus machen, die in den Texten kursiv gesetzten Passagen den Genannten zuzuordnen. Nur in den Gedichten, die als "Stimmen" ausdrücklich bezeichnet sind oder die solche Stimmen durchgehend übernehmen, spricht Bleutge mit gleichsam fremder Zunge. Darunter findet sich ein exzellentes Kabinettstück anverwandelter Barocklyrik unter dem Titel "glas", das mit Zitaten und Anspielungen glänzt und zugleich auch das Metrum des Alexandriners und den damals unumgänglichen Reim spielerisch aufnimmt und raffiniert variiert.
Diesem Gedicht gelingt nicht nur eine frappierende Charakterisierung der barocken Gedichtsprache und des barocken Memento-mori-Denkens - dann wäre es nur eine schöne Parodie; vielmehr etabliert es darüber hinaus eine poetologische Traditionslinie, in die sich Nico Bleutge offensichtlich einreiht. Es ist die Poetik des trügerischen Augenscheins angesichts der permanenten Veränderung und Vergänglichkeit aller, selbst der prächtigsten weltlichen Erscheinungen.
Zitiert werden in diesem Gedicht zum Beispiel in einer Art Cento Andreas Gryphius, Simon Dach, eine anonyme poetische Grabschrift Wallensteins ("Hier liegt und fault mit Haut und Bein / Der mächtig Kriegsfürst Wallenstein") und Daniel Casper von Lohensteins Sonett "Die Augen". Die Augen werden dort als "Brenne-Spiegel" bezeichnet, die, weil sie Seelen und Herzen über Kontinente hinweg entflammen können, weitaus mehr ausrichten als die Brennspiegel, mit denen Archimedes einst die römischen Schiffe vor Syrakus in Brand steckte. Dieses ebenso gelehrte wie galante Lob der Augen (Lohenstein hat offenbar die Augen einer geliebten Schönen im Sinn) relativiert Nico Bleutge, wenn er von "ihm", dem Barockdichter, sagt: "was sprach er von lunten / von flammen, von pfeilen, die ihn wund / gemacht. nun fehlt das licht , nichts / zehrt mehr, züngelt, bleibet in ruh / der hungerkittel hängt ihm um die knochen / die finger fleckig, ohne lust / mag ihm nicht taugen, von den dingen / losgelöst, kaum mehr berührt zu sein / und langsam nur geht aus und wieder ein / was in den brennespiegel fällt, in seine augen". Die Augen als Instrumente der Konzentration und der Entzündung, der Bündelung und Umwandlung des Lichts in Flammen unterliegen selbst dem Gesetz der Veränderung und des Verfalls.
Nico Bleutges Gedichte rechnen mit nachdenklichen Lesern, die bereit sind, einzelnen Wörtern und Wendungen ebenso nachzusinnen wie den Bedeutungen von Gedichttiteln, den Konzeptionen der Kapitel sowie dem Gang und der Blickführung der Texte. Bleutge, Jahrgang 1972, gehört zweifellos zu den größten Begabungen der jüngeren Lyriker-Generation. Schon sein erster Gedichtband, "Klare Konturen", fand einhelliges Lob; in dieser Zeitung wurde er als die "bedeutendste Lyrikveröffentlichung in diesem Jahr" gefeiert (F.A.Z., 11. November 2006). Sein neuer Band bestätigt diese Einschätzung und widerlegt nebenbei Goethes nissiges Diktum: "Von Gedichten, aus der Luft gegriffen, halte ich nichts."
Nico Bleutge: "fallstreifen". Gedichte. Verlag C.H. Beck, München 2008. 80 S., geb., 12, 90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Michael Braun hat sich in Nico Bleutges Gedichten sehr gut zurechtgefunden. Er berichtet nämlich von einer Art übersinnlichem Exkurs, den er mithilfe der Zeilen durchgemacht hat. In dieser Poesie, so Braun, gehe es nicht mehr um einen Autor, sondern viel mehr um ein "trancehaftes? Beobachten, um ein Sammeln von Sinneseindrücken. Das eigentliche Thema der Gedichte, so erahnt man in Brauns Rezension, sind Naturphänomene. Diese werden vom Dichter entfremdet verpackt, so wie er sie erlebt haben mag. Braun nennt diesen Prozess eine Überschreitung des "Oberflächenpositivismus?, eine Erweiterung des "Wahrnehmungsprogramms? über "meteorologische Eigentümlichkeiten?. Licht- und Wetterverhältnisse wurden für ihn zum romantischen Erlebnis, und in einem Gedicht über einen Fernseher weiß Braun, dass Bleutge "deutlich? auf die "mediale Präformierung der Wahrnehmungen? hinweist. Abschließend merkt er noch an, dass sich Bleutge seit seinem letzten Lyrikband noch deutlich gesteigert habe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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