Ein gefeierter Familienroman über die Macht des Mitgefühls, in dessen Kern die Familie steht - die, in die wir hineingeboren werden, und die, die wir selbst wählen.
Am Morgen der Hochzeit ihrer Tochter geht June Reids Haus in Flammen auf und reißt ihre ganze Familie in den Tod. Nur June überlebt. Taub vor Schmerz, setzt sie sich in ihren Subaru und fährt quer durch die USA. Eine alte Postkarte ihrer Tochter führt sie in ein kleines Motel an der Westküste, das Moonstone Motel, wo sie sich unter falschem Namen einmietet. Hier, glaubt sie, wird niemand sie finden.
Das amerikanische Provinznest Wells überschlägt sich derweil vor Gerüchten. Alle sind auf die eine oder andere Art von der Tragödie betroffen, und das Kleinstadtgerede offenbart allmählich eine unheilvolle Verkettung von Familientragödien.
Während June in der dumpfen Anonymität des Motels jeden zwischenmenschlichen Kontakt meidet, spannt sich unter ihr unbemerkt ein Netz wahrer Mitmenschlichkeit - es könnte sie auffangen und zurück ins Leben holen.
Ein Familienroman voller Optimismus über eine unverhoffte Begegnung mit der Menschlichkeit, die uns aus den Trümmern unseres Schicksals zu reißen vermag, wenn scheinbar alle Hoffnung verloren ist.
Bill Cleggs »New York Times«-Bestseller 'Fast eine Familie' wurde hymnisch besprochen und mit einer Man-Booker-Nominierung geehrt.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Am Morgen der Hochzeit ihrer Tochter geht June Reids Haus in Flammen auf und reißt ihre ganze Familie in den Tod. Nur June überlebt. Taub vor Schmerz, setzt sie sich in ihren Subaru und fährt quer durch die USA. Eine alte Postkarte ihrer Tochter führt sie in ein kleines Motel an der Westküste, das Moonstone Motel, wo sie sich unter falschem Namen einmietet. Hier, glaubt sie, wird niemand sie finden.
Das amerikanische Provinznest Wells überschlägt sich derweil vor Gerüchten. Alle sind auf die eine oder andere Art von der Tragödie betroffen, und das Kleinstadtgerede offenbart allmählich eine unheilvolle Verkettung von Familientragödien.
Während June in der dumpfen Anonymität des Motels jeden zwischenmenschlichen Kontakt meidet, spannt sich unter ihr unbemerkt ein Netz wahrer Mitmenschlichkeit - es könnte sie auffangen und zurück ins Leben holen.
Ein Familienroman voller Optimismus über eine unverhoffte Begegnung mit der Menschlichkeit, die uns aus den Trümmern unseres Schicksals zu reißen vermag, wenn scheinbar alle Hoffnung verloren ist.
Bill Cleggs »New York Times«-Bestseller 'Fast eine Familie' wurde hymnisch besprochen und mit einer Man-Booker-Nominierung geehrt.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.05.2017Die zerstreute Familie
Der Debütroman des amerikanischen Literaturagenten Bill Clegg bietet alles, was ein Erfolg braucht - außer Stil und Erzählökonomie.
Dies ist ein Roman, der mit einer Explosion beginnt und sich dann langsam steigert. Im Weiteren lesen wir zum Beispiel von Drogensucht und Überdosis, von Krebserkrankung, Autounfall, Koma, Psychoterror, Psychiatrie, Entfremdung, Gewalt in der Ehe, Vergewaltigung, Einbruch oder Mord. Das Erstaunliche ist allerdings, wie beiläufig, fast schemenhaft, sämtliche der Katastrophen erzählt werden, kaum mehr als Randerscheinungen in einer Alltagswelt der Schrecken. Alles dreht sich hier ums Überleben, Weiterleben, Weitermachen, selbst wenn Verzweiflung und Schmerz übermächtig scheinen. Wie kann das gelingen?
Die Antwort darauf sucht und findet der Roman - ganz wie sein Titel nahelegt - in der Familie. Das "fast" der deutschen Version jedoch kündigt bereits an, dass die Verbundenheit, um die es geht, hier auf dem Prüfstand steht und immer wieder neu erfahren und erfunden werden muss. Es geht also um eine ganz besondere Art Familie, nicht eine vorfindliche, sondern eine, die wir selbst jeweils durch Anteilnahme schaffen. An einer Stelle heißt es über June, die traumatisierte Hauptfigur, die in der Eingangsexplosion sämtliche Angehörigen - Tochter, Schwiegersohn, Ex-Mann und neuen Lebenspartner - mit einem Schlag verloren hat: "Gott sei Dank hat sie jemanden, der sich um sie kümmert. Gott sei Dank hat überhaupt jemand jemanden." Wer diesen Roman lesen will, sollte sich an solcherlei Sentenzen, wie er sie reichlich bietet, gleich gewöhnen.
Das fällt zunächst gar nicht schwer. Denn hier schreibt ein versierter Autor, der sich darauf versteht, uns für seine Sache einzunehmen. In einer Kleinstadt in Connecticut, wo die New Yorker Schickeria ihre Wochenenden gern in ländlicher Beschaulichkeit verbringt, hat sich June ein neues Leben aufgebaut. Ihre Ehe ist vorüber, die Tochter auf dem College, die Galerie in London lief nicht mehr; da zieht sie sich aufs Land zurück und wagt mit einem jungen schwarzen Mann, dem vaterlosen Sohn der Kleinstadtschönheit, eine ungewöhnliche Beziehung. Alles fügt sich auf das Schönste, als zum Hochzeitstag der Tochter sogar der Ex-Mann anreist und Frieden mit dem neuen Partner schließt. Doch am Hochzeitsmorgen explodiert der alte Gasherd und reißt vier Menschen in den Tod. Statt zur Trauung finden sich die Gäste auf einer Beerdigung wieder. Die bestellten Hochzeitsblumen schmücken nun das Grab. June setzt sich daraufhin ins Auto und beginnt eine blinde Panikfahrt nach Westen; irgendwann landet sie an der Pazifikküste, in einem kleinen Motel in Washington State, wo einst die Tochter mit deren Boyfriend Glück erlebte und wo jetzt die Mutter Trauerarbeit leistet und - ganz allmählich, über Monate der Isolation und vorsichtigen Annäherung - ins Leben zurückgeholt wird: durch Anteilnahme einer fremden Frau, die, wie sich zum Schluss herausstellt, fast eine Art Familienbindung zu June hat.
Überhaupt stellt sich zum Schluss so einiges heraus, wenn wir erst einmal die vielen Puzzleteile der Geschichte, die wir hier vorfinden, richtig zusammengesetzt haben. Denn erzählt wird alles in Fragmenten, kurzen monologischen Abschnitten aus Sicht und zumeist in den Stimmen von knapp einem Dutzend der Figuren. Die Nachbarin, die Blumenhändlerin, der Gärtnerjunge, die Kleinstadtschönheit, die beiden Betreiberinnen des Motels, der Schwiegervater und etliche andere: alle geben sie Beobachtungen und Erinnerungen des Geschehens kund, ein Quodlibet aus Einzelstimmen, die sich erst nach und nach zu einem Chor zusammenfügen. Daraus entsteht ein starker Sog bei der Lektüre, dass wir so vielen Stimmen zuhören, so vielen Lebensfäden folgen und Ereignisketten nachspüren, lange ohne überhaupt zu wissen, wo und wie sie sich verknüpfen.
Daraus entsteht aber zugleich das Problem. Der Puzzle-Effekt fordert ständig Spannungselemente, und die Spannung fordert ständig neue Dramen. So kommt es zu der Anhäufung von Katastrophen, Schicksalsschlägen, großen, größeren und riesengroßen Trauerfällen, die alle irgendwie fatal zusammenhängen müssen und letztlich doch - der Verdacht drängt sich zunehmend auf - vor allem dem Montagemechanismus eines Pageturners folgen. Keinem Erzähler darf man sein Kalkül vorwerfen.
Aber man darf sich fragen, warum er seine Geschichte so vielen verschiedenen Erzählfiguren überträgt, wenn sie doch alle gleich klingen; warum er uns mit so vielen schönen Ausschweifungen verführt, wenn er sie am Schluss doch alle so brachial wie sentimental zusammenbringen will; und warum er seine scharfen kleinen Alltagsszenen, die zu den stärksten Erzählmomenten zählen, ständig mit Platitüden und Indianerweisheiten ("Alles ist so zerbrechlich, und nichts ist von Dauer", "Der Zauber der Welt schleicht sich heimlich an und setzt sich neben dich, wenn du gerade nicht hinschaust", "Und die Geschichten werden sich verändern, das Kanu verwandelt sich in ein Kopfbrett und die Familie in Meerjungfrauen, und die Zimmer werden zu Villen") umrahmen muss.
Bill Clegg, Jahrgang 1970, ist seit Jahren in New York als profilierter Literaturagent tätig sowie als Verfasser zweier sehr erfolgreicher Memoirenbände über Drogensucht und ihre Überwindung bekanntgeworden. Sein Debütroman, der es im Jahr 2015 auf Anhieb zum Bestseller und zu Nominierungen für wichtige Buchpreise gebracht hat, zeigt vor allem: Er weiß, wie man eine Geschichte gut verkauft.
TOBIAS DÖRING
Bill Clegg: "Fast eine Familie". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Adelheid Zöfel.
S. Fischer Verlag,
Frankfurt am Main 2017. 316 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Debütroman des amerikanischen Literaturagenten Bill Clegg bietet alles, was ein Erfolg braucht - außer Stil und Erzählökonomie.
Dies ist ein Roman, der mit einer Explosion beginnt und sich dann langsam steigert. Im Weiteren lesen wir zum Beispiel von Drogensucht und Überdosis, von Krebserkrankung, Autounfall, Koma, Psychoterror, Psychiatrie, Entfremdung, Gewalt in der Ehe, Vergewaltigung, Einbruch oder Mord. Das Erstaunliche ist allerdings, wie beiläufig, fast schemenhaft, sämtliche der Katastrophen erzählt werden, kaum mehr als Randerscheinungen in einer Alltagswelt der Schrecken. Alles dreht sich hier ums Überleben, Weiterleben, Weitermachen, selbst wenn Verzweiflung und Schmerz übermächtig scheinen. Wie kann das gelingen?
Die Antwort darauf sucht und findet der Roman - ganz wie sein Titel nahelegt - in der Familie. Das "fast" der deutschen Version jedoch kündigt bereits an, dass die Verbundenheit, um die es geht, hier auf dem Prüfstand steht und immer wieder neu erfahren und erfunden werden muss. Es geht also um eine ganz besondere Art Familie, nicht eine vorfindliche, sondern eine, die wir selbst jeweils durch Anteilnahme schaffen. An einer Stelle heißt es über June, die traumatisierte Hauptfigur, die in der Eingangsexplosion sämtliche Angehörigen - Tochter, Schwiegersohn, Ex-Mann und neuen Lebenspartner - mit einem Schlag verloren hat: "Gott sei Dank hat sie jemanden, der sich um sie kümmert. Gott sei Dank hat überhaupt jemand jemanden." Wer diesen Roman lesen will, sollte sich an solcherlei Sentenzen, wie er sie reichlich bietet, gleich gewöhnen.
Das fällt zunächst gar nicht schwer. Denn hier schreibt ein versierter Autor, der sich darauf versteht, uns für seine Sache einzunehmen. In einer Kleinstadt in Connecticut, wo die New Yorker Schickeria ihre Wochenenden gern in ländlicher Beschaulichkeit verbringt, hat sich June ein neues Leben aufgebaut. Ihre Ehe ist vorüber, die Tochter auf dem College, die Galerie in London lief nicht mehr; da zieht sie sich aufs Land zurück und wagt mit einem jungen schwarzen Mann, dem vaterlosen Sohn der Kleinstadtschönheit, eine ungewöhnliche Beziehung. Alles fügt sich auf das Schönste, als zum Hochzeitstag der Tochter sogar der Ex-Mann anreist und Frieden mit dem neuen Partner schließt. Doch am Hochzeitsmorgen explodiert der alte Gasherd und reißt vier Menschen in den Tod. Statt zur Trauung finden sich die Gäste auf einer Beerdigung wieder. Die bestellten Hochzeitsblumen schmücken nun das Grab. June setzt sich daraufhin ins Auto und beginnt eine blinde Panikfahrt nach Westen; irgendwann landet sie an der Pazifikküste, in einem kleinen Motel in Washington State, wo einst die Tochter mit deren Boyfriend Glück erlebte und wo jetzt die Mutter Trauerarbeit leistet und - ganz allmählich, über Monate der Isolation und vorsichtigen Annäherung - ins Leben zurückgeholt wird: durch Anteilnahme einer fremden Frau, die, wie sich zum Schluss herausstellt, fast eine Art Familienbindung zu June hat.
Überhaupt stellt sich zum Schluss so einiges heraus, wenn wir erst einmal die vielen Puzzleteile der Geschichte, die wir hier vorfinden, richtig zusammengesetzt haben. Denn erzählt wird alles in Fragmenten, kurzen monologischen Abschnitten aus Sicht und zumeist in den Stimmen von knapp einem Dutzend der Figuren. Die Nachbarin, die Blumenhändlerin, der Gärtnerjunge, die Kleinstadtschönheit, die beiden Betreiberinnen des Motels, der Schwiegervater und etliche andere: alle geben sie Beobachtungen und Erinnerungen des Geschehens kund, ein Quodlibet aus Einzelstimmen, die sich erst nach und nach zu einem Chor zusammenfügen. Daraus entsteht ein starker Sog bei der Lektüre, dass wir so vielen Stimmen zuhören, so vielen Lebensfäden folgen und Ereignisketten nachspüren, lange ohne überhaupt zu wissen, wo und wie sie sich verknüpfen.
Daraus entsteht aber zugleich das Problem. Der Puzzle-Effekt fordert ständig Spannungselemente, und die Spannung fordert ständig neue Dramen. So kommt es zu der Anhäufung von Katastrophen, Schicksalsschlägen, großen, größeren und riesengroßen Trauerfällen, die alle irgendwie fatal zusammenhängen müssen und letztlich doch - der Verdacht drängt sich zunehmend auf - vor allem dem Montagemechanismus eines Pageturners folgen. Keinem Erzähler darf man sein Kalkül vorwerfen.
Aber man darf sich fragen, warum er seine Geschichte so vielen verschiedenen Erzählfiguren überträgt, wenn sie doch alle gleich klingen; warum er uns mit so vielen schönen Ausschweifungen verführt, wenn er sie am Schluss doch alle so brachial wie sentimental zusammenbringen will; und warum er seine scharfen kleinen Alltagsszenen, die zu den stärksten Erzählmomenten zählen, ständig mit Platitüden und Indianerweisheiten ("Alles ist so zerbrechlich, und nichts ist von Dauer", "Der Zauber der Welt schleicht sich heimlich an und setzt sich neben dich, wenn du gerade nicht hinschaust", "Und die Geschichten werden sich verändern, das Kanu verwandelt sich in ein Kopfbrett und die Familie in Meerjungfrauen, und die Zimmer werden zu Villen") umrahmen muss.
Bill Clegg, Jahrgang 1970, ist seit Jahren in New York als profilierter Literaturagent tätig sowie als Verfasser zweier sehr erfolgreicher Memoirenbände über Drogensucht und ihre Überwindung bekanntgeworden. Sein Debütroman, der es im Jahr 2015 auf Anhieb zum Bestseller und zu Nominierungen für wichtige Buchpreise gebracht hat, zeigt vor allem: Er weiß, wie man eine Geschichte gut verkauft.
TOBIAS DÖRING
Bill Clegg: "Fast eine Familie". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Adelheid Zöfel.
S. Fischer Verlag,
Frankfurt am Main 2017. 316 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
'Fast eine Familie' erzählt die bewegende Geschichte in melancholischem Ton. Stern 20170302