Was haben Ozean und Weltall gemeinsam? Wie sind Kraken und Menschen entstanden? Was genau sind Kopffüßer - und warum heißen die so komisch? Kraken sind die ältesten intelligenten Lebewesen unseres Planeten, wahre Aliens , deren Fähigkeiten uns staunen lassen. Michael Stavaric und Michèle Ganser haben ein Sachbuch voll überraschender Wendungen kreiert, das wesentlich mehr bietet als schlichte Wissensvermittlung. Gemeinsam mit ihren Leser_innen begeben sie sich ins Reich der Kraken und laden ein zum gemeinsamen Abenteuer. Ein Buch, das so ungewöhnlich wie der Krake selbst ist: zum Mitdenken und Mitmachen, voll witziger Details und plastischer Beschreibungen. Dass man danach zwangsläufig alles Wichtige über Licht, Erde, Evolution, Genetik und so weiter weiß, bleibt fast schon ein Nebeneffekt.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensentin Maria Rossbauer hat dank Michael Stavaričs Buch "Faszination Krake" gelernt, wie lohnend es sein kann, sich mit den Oktopoden zu befassen. Der Wiener Autor erklärt beinahe alles, was Kraken betrifft und fügt auch immer wieder Witze und lustige Gedichte zwischen den Kapiteln ein, freut sich Rossbauer. Die Faszination Stavaričs für die Tiere ist der Rezensentin zufolge ansteckend und die Illustrationen Michèle Gansers schmücken das Buch auch noch schön aus. Rossbauer freut sich auf jeden Fall auf weitere Tierstudien des Autors in diesem Format.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.09.2021Geschöpfe wie von einem anderen Stern
Mit der Kraft der drei Herzen: In einem fabelhaft illustrierten Buch erklärt Michael Stavaric, was an Kraken so faszinierend ist.
In mehr als viertausend Meter Tiefe, am Grund des Ozeans vor Hawaii, lebt ein kleines Nachtgespenst. Manchmal wirkt es weiß, dann wieder durchsichtig. Fast könnte man meinen, eine Glühbirne bringe es zum Leuchten. Gerade einmal zehn Zentimeter ist es groß, und bis vor fünf Jahren war seine Existenz noch streng geheim. Als es aber von einem amerikanischen Tauchroboter aufgespürt wurde, wussten bald alle Bescheid. Es heißt Casper, wie der freundliche Zeichentrickgeist, hat aber nicht zwei, sondern acht Arme. Denn dieser niedliche Kobold ist eine Krake.
Moment, werden gleich die Ersten einwenden, es muss heißen: ein Krake. Der Autor und Übersetzer Michael Stavaric sieht das ganz gelassen: "Grammatikalisch korrekt ist natürlich der männliche Artikel, der Krake, doch wird umgangssprachlich gerne auch die weibliche Form, die Krake, verwendet." Dem Duden zufolge ist beides erlaubt, weswegen wir von jetzt an munter hin und her wechseln werden. Jedenfalls hat Michael Stavaric ein Buch über Kraken geschrieben, in dem er alles rund um diese Tiere erörtert. Es ist eine Art Wimmelband mit Informationen, Witzen, Suchbildern, einer Krake zum Ausschneiden und hinreißenden Illustrationen. Michèle Ganser setzt Kraken, Haie, Wale und Korallenfische vor einem Unterwassersternenhimmel mit so viel stilistischem Gespür in Szene, dass man sich kaum sattsehen kann.
Diese Kulisse passt bestens zum Text, den Michael Stavaric nicht mit Kopffüßern beginnt, sondern mit dem Weltall. Wir lernen, dass es Rote Riesen und Weiße Zwerge gibt, dass Bausteine des Lebens aus den Weiten des Universums kommen und mit Kometen im Meer gelandet sein könnten (Aliens!) - und dass der Autor mal Astronaut, Meeresbiologe und Zahnarzt werden wollte. Anschließend muntert er die jungen Leser dazu auf, in sein Buch zu notieren, welche Berufswünsche sie haben. Linierter Weißraum für die persönlichen Top Acht ist ausreichend vorhanden. Kein Zufall, denn Kraken haben acht Tentakel, und "wenn die 8 umfällt und waagrecht liegt, wird sie in der Mathematik zum Zeichen der Unendlichkeit", womit wir abermals beim "unendlichen Kosmos wären".
So geht es bei Michael Stavaric assoziativ rund. Auf der Gag-Seite zitiert er den dreizehnjährigen Thomas aus Graz wie folgt: "Wie verlieben sich zwei Kraken? Auf Tinter!" An anderer Stelle bringt er ohne Erklärung die Abkürzung SSW für Schwangerschaftswoche und vergisst im Überschwang, dass man Victor Hugo mit "c" und nicht mit "k" wie Krake schreibt. Wir erfahren, dass der Zigarrenhai im Englischen cookiecutter shark heißt, weil sein Biss kreisrunde Wunden verursacht, und dass "Krokodil" so viel wie "Kieswurm" bedeutet. Auch acht Wörter mit "krak", darunter etwa Krakau und Krakelee, stellt Michael Stavaric uns vor.
Dieser Blick in alle Richtungen führt oft vom eigentlichen Thema weg, dabei ist es doch interessant genug: Voller Erstaunen liest man von den 2240 Saugnäpfen, die die Pazifische Riesenkrake besitzt. Mit jedem einzelnen kann sie sechzehn Kilogramm ziehen oder heben. Die Tiere mit den drei Herzen und 33 000 Genen (der Mensch hat 25 000) sind allerdings nicht nur stark, nein, sie sind auch und klug. Einmal sperrten Forscher eine Krake in einen durchsichtigen Behälter. Fluchtweg: ein sechs Zentimeter breites Loch. Genauso groß ist auch der Knorpel, den die Tiere zwischen den Augen haben. Der Krake tastete das Loch ab und schlüpfte durch. Beim nächsten Mal wurde die Öffnung um zwei Zentimeter verkleinert. Wieder untersuchte die Krake den Ausgang - ohne Folgen.
Besonders alt werden Kraken nicht, gerade mal zwei bis drei Jahre halten sie durch. Dafür durchstreifen diese Geschöpfe, die tatsächlich wirken, als kämen sie von einem anderen Stern, schon seit vierhundert Millionen Jahren die Ozeane. Laut Michael Stavaric gelten sie als die ältesten intelligenten Lebewesen der Erde. "Der Mensch, wie wir ihn kennen", existiere seit "läppischen 40 000 Jahren" auf diesem Planeten. Zur Ehrenrettung sei ergänzt, dass die betagteste Art der Gattung Homo vor immerhin mehr als zwei Millionen Jahren lebte.
Der Krake ist ein Trendtier, man entdeckt ihn auf Tassen, T-Shirts und als Plüschgefährten. Seit die Krake Paul die Spielergebnisse bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 vorhergesagt hat, stehen achtarmige Tintenfische sogar im Ruf, erstklassige Orakel abzugeben. Dabei sind sie viel mehr. Wer das Buch von Michael Stavaric liest, wird sie nie wieder als irgendwie ulkige Glitschviecher betrachten. KAI SPANKE
Michèle Ganser und Michael Stavaric: "Faszination Krake". Wesen einer unbekannten Welt.
Leykam Verlag, Graz 2021. 144 S., geb., 25,- Euro. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit der Kraft der drei Herzen: In einem fabelhaft illustrierten Buch erklärt Michael Stavaric, was an Kraken so faszinierend ist.
In mehr als viertausend Meter Tiefe, am Grund des Ozeans vor Hawaii, lebt ein kleines Nachtgespenst. Manchmal wirkt es weiß, dann wieder durchsichtig. Fast könnte man meinen, eine Glühbirne bringe es zum Leuchten. Gerade einmal zehn Zentimeter ist es groß, und bis vor fünf Jahren war seine Existenz noch streng geheim. Als es aber von einem amerikanischen Tauchroboter aufgespürt wurde, wussten bald alle Bescheid. Es heißt Casper, wie der freundliche Zeichentrickgeist, hat aber nicht zwei, sondern acht Arme. Denn dieser niedliche Kobold ist eine Krake.
Moment, werden gleich die Ersten einwenden, es muss heißen: ein Krake. Der Autor und Übersetzer Michael Stavaric sieht das ganz gelassen: "Grammatikalisch korrekt ist natürlich der männliche Artikel, der Krake, doch wird umgangssprachlich gerne auch die weibliche Form, die Krake, verwendet." Dem Duden zufolge ist beides erlaubt, weswegen wir von jetzt an munter hin und her wechseln werden. Jedenfalls hat Michael Stavaric ein Buch über Kraken geschrieben, in dem er alles rund um diese Tiere erörtert. Es ist eine Art Wimmelband mit Informationen, Witzen, Suchbildern, einer Krake zum Ausschneiden und hinreißenden Illustrationen. Michèle Ganser setzt Kraken, Haie, Wale und Korallenfische vor einem Unterwassersternenhimmel mit so viel stilistischem Gespür in Szene, dass man sich kaum sattsehen kann.
Diese Kulisse passt bestens zum Text, den Michael Stavaric nicht mit Kopffüßern beginnt, sondern mit dem Weltall. Wir lernen, dass es Rote Riesen und Weiße Zwerge gibt, dass Bausteine des Lebens aus den Weiten des Universums kommen und mit Kometen im Meer gelandet sein könnten (Aliens!) - und dass der Autor mal Astronaut, Meeresbiologe und Zahnarzt werden wollte. Anschließend muntert er die jungen Leser dazu auf, in sein Buch zu notieren, welche Berufswünsche sie haben. Linierter Weißraum für die persönlichen Top Acht ist ausreichend vorhanden. Kein Zufall, denn Kraken haben acht Tentakel, und "wenn die 8 umfällt und waagrecht liegt, wird sie in der Mathematik zum Zeichen der Unendlichkeit", womit wir abermals beim "unendlichen Kosmos wären".
So geht es bei Michael Stavaric assoziativ rund. Auf der Gag-Seite zitiert er den dreizehnjährigen Thomas aus Graz wie folgt: "Wie verlieben sich zwei Kraken? Auf Tinter!" An anderer Stelle bringt er ohne Erklärung die Abkürzung SSW für Schwangerschaftswoche und vergisst im Überschwang, dass man Victor Hugo mit "c" und nicht mit "k" wie Krake schreibt. Wir erfahren, dass der Zigarrenhai im Englischen cookiecutter shark heißt, weil sein Biss kreisrunde Wunden verursacht, und dass "Krokodil" so viel wie "Kieswurm" bedeutet. Auch acht Wörter mit "krak", darunter etwa Krakau und Krakelee, stellt Michael Stavaric uns vor.
Dieser Blick in alle Richtungen führt oft vom eigentlichen Thema weg, dabei ist es doch interessant genug: Voller Erstaunen liest man von den 2240 Saugnäpfen, die die Pazifische Riesenkrake besitzt. Mit jedem einzelnen kann sie sechzehn Kilogramm ziehen oder heben. Die Tiere mit den drei Herzen und 33 000 Genen (der Mensch hat 25 000) sind allerdings nicht nur stark, nein, sie sind auch und klug. Einmal sperrten Forscher eine Krake in einen durchsichtigen Behälter. Fluchtweg: ein sechs Zentimeter breites Loch. Genauso groß ist auch der Knorpel, den die Tiere zwischen den Augen haben. Der Krake tastete das Loch ab und schlüpfte durch. Beim nächsten Mal wurde die Öffnung um zwei Zentimeter verkleinert. Wieder untersuchte die Krake den Ausgang - ohne Folgen.
Besonders alt werden Kraken nicht, gerade mal zwei bis drei Jahre halten sie durch. Dafür durchstreifen diese Geschöpfe, die tatsächlich wirken, als kämen sie von einem anderen Stern, schon seit vierhundert Millionen Jahren die Ozeane. Laut Michael Stavaric gelten sie als die ältesten intelligenten Lebewesen der Erde. "Der Mensch, wie wir ihn kennen", existiere seit "läppischen 40 000 Jahren" auf diesem Planeten. Zur Ehrenrettung sei ergänzt, dass die betagteste Art der Gattung Homo vor immerhin mehr als zwei Millionen Jahren lebte.
Der Krake ist ein Trendtier, man entdeckt ihn auf Tassen, T-Shirts und als Plüschgefährten. Seit die Krake Paul die Spielergebnisse bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 vorhergesagt hat, stehen achtarmige Tintenfische sogar im Ruf, erstklassige Orakel abzugeben. Dabei sind sie viel mehr. Wer das Buch von Michael Stavaric liest, wird sie nie wieder als irgendwie ulkige Glitschviecher betrachten. KAI SPANKE
Michèle Ganser und Michael Stavaric: "Faszination Krake". Wesen einer unbekannten Welt.
Leykam Verlag, Graz 2021. 144 S., geb., 25,- Euro. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main