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Die ruinösen Abenteuer des Börsenmaklers Sherman McCoy. 'Genußvoll ausgespielt werden der hemmungslose Egoismus und die zynische Brutalität der Großstadtmenschen...' (FAZ-Magazin)

Produktbeschreibung
Die ruinösen Abenteuer des Börsenmaklers Sherman McCoy. 'Genußvoll ausgespielt werden der hemmungslose Egoismus und die zynische Brutalität der Großstadtmenschen...' (FAZ-Magazin)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2009

Der Stimmenimitator

Wie die meisten Einwohner Manhattans kannte Sherman McCoy von der Bronx vor allem den Zoo, und als er dann plötzlich merkt, dass es sich eher um einen Dschungel handelt, ist er schon mittendrin. Einmal falsch abgebogen, schon stimmt nichts mehr in der Welt des stolzen Wall-Street-Brokers, die Zeichen werden unlesbar, wo Norden war, ist Süden, und wo weiß war, ist schwarz. Es ist grandios, wie Tom Wolfe seinen Protagonisten aus der Bahn wirft, wie beiläufig die Katastrophe beginnt, die gerade noch ausgeschlossen schien. Nun endlich könnte der Wahnsinn beginnen, das Chaos, die Implosion von Identitäten und Selbstverständlichkeiten, aber stattdessen legt Wolfe wie McCoys Geliebte am Steuer des Wagens den Rückwärtsgang ein.

Es gibt keine Helden in diesem Roman, heißt es in jeder zweiten Kritik, was sicher stimmt; nur ist das in erster Linie keine Frage der Moral, sondern ein Problem der Dynamik: So pompös und schonungslos Wolfe auch seine Figuren entwirft, so unbeweglich und fremd bleiben sie, wie die Plastikfiguren der Masters of the Universe, mit denen sich McCoy so gerne identifiziert. Man muss ja nicht gleich auf den essentialistischen Trugschluss hereinfallen und in Wolfes Oberflächenprosa die Tiefe vermissen - aber so anschaulich sein glitzernder Realismus das Personal des Romans auch macht, so gleichgültig bleibt dem Leser das Schicksal der Karikaturen, die dabei herauskommen. Am Ende hängt den Figuren so viel Dekor um den Hals, dass sie vor lauter Attributen nicht mehr laufen können.

New York, die Stadt, wäre der wahre Hauptdarsteller des Buches - das ist der zweite Merkspruch der Rezension, als würden die sozialen Gegensätze und die ethnische Vielfalt, die Wolfe angeblich so grandios aufmarschieren lässt, nicht längst in jedem Reiseführer illustriert. Der Zoo - das ist auch das Ordnungsprinzip von "Fegefeuer der Eitelkeiten": Jedes Tierchen bleibt in seinem Käfig; und Wolfe, der ewige Reporter, zeigt mit dem Finger auf sie und imitiert ihre Laute. Und nur, weil das böse ist, ist es noch lange nicht gut.

Man kann Wolfe und den Rest des Rat Packs des New Journalism nicht genug dafür danken, dass sie Leben und Haltung und Tempo in die Beschreibung der Wirklichkeit gebracht haben; doch auf die Gefahr hin, dass einen Stapel voller Befindlichkeitsliteratur unter sich begraben: Realismus allein ergibt umgekehrt nicht automatisch Literatur. Man darf als Autor schon manchmal etwas erfinden - und sei es nur den einen oder anderen guten Satz.

HARALD STAUN

Tom Wolfe: "Fegefeuer der Eitelkeiten". Rowohlt, 12,95 Euro

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Wie Updike verfügt Tom Wolfe über ein unerschöpfliches Reservoir an Witz und Fabulierfreude. Dem Leser fällt es schwer, sich von den Figuren des Buches zu verabschieden. Das New York der Reichen und der Minderheiten, der Siegreichen und der Verlierer. FAZ.NET