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Harald Wohlfahrt, Deutschlands Meisterkoch Nummer eins, lässt sich in diesem Buch erstmals von Hobbyköchen, Feinschmeckern und seinen Gästen der "Schwarzwaldstube" in ie Töpfe schauen. Aus seinem in über 20 Jahren entstandenen Rezeptefundus hat er ungewöhnliche Vorspeisen, Suppen, Zwischengerichte, Hauptgerichte mit Fisch und Fleisch sowie zauberhafte Desserts ausgewählt, die nicht nur durch einzigartige Geschmackserlebnisse, sondern auch durch ihre kustvolle Präsentation auf dem Teller begeistern.

Produktbeschreibung
Harald Wohlfahrt, Deutschlands Meisterkoch Nummer eins, lässt sich in diesem Buch erstmals von Hobbyköchen, Feinschmeckern und seinen Gästen der "Schwarzwaldstube" in ie Töpfe schauen. Aus seinem in über 20 Jahren entstandenen Rezeptefundus hat er ungewöhnliche Vorspeisen, Suppen, Zwischengerichte, Hauptgerichte mit Fisch und Fleisch sowie zauberhafte Desserts ausgewählt, die nicht nur durch einzigartige Geschmackserlebnisse, sondern auch durch ihre kustvolle Präsentation auf dem Teller begeistern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.08.1999

Sardine, da bist du ja
In Harald Wohlfahrts Töpfen taucht manches Grundprodukt unter

Wenn Harald Wohlfahrt, den die gastronomische Kritik zum besten Koch in deutschen Landen gekürt hat, seine erste Rezeptsammlung veröffentlicht, darf man neugierig sein. Der Titel "Feines aus meiner Küche" verkündet jedoch, so will es scheinen, keinen besonderen Stil; er könnte über jedem beliebigen Kochbuch stehen. Die Titelseite wirbt mit einem weißen Teller, auf dem in der Mitte auf hellgrüner Avocadosoße tiefgrüne Spargelspitzen einen kreisrunden Zaun bilden, der mit einer weiß bis rosarot schimmernden Taschenkrebssülze gefüllt ist, die ihrerseits von einer schwarzen Trüffelscheibe halb bedeckt wird, auf welcher wiederum ein grüner Kerbelzweig liegt. Um die Spargelpalisade herum fügen sich wechselweise knallrote Kirschtomaten mit grünem Strunk und weiße bis rosarote Krebsstücke, auf denen je ein grüner Dillzweig liegt, zu einem zweiten Kreis zusammen. Fast könnte man meinen, Wohlfahrt habe weniger das Feine, sondern mehr das Dekorative im Sinn. Die Anordnung will phantasievoll sein, wirkt aber schematisch und streift das Kitschige. Das Widerspiel zwischen Weiß und Schwarz, Grün und Rot verliert durch das Grünzeug, das über den ganzen Teller verteilt ist, an Ausdruck.

Johannes Gross versichert im "Porträt" von Harald Wohlfahrt, das den Rezepten vorangestellt ist, die Gerichte des Meisterkochs böten "bestmögliche Zubereitungen nach den klassischen Regeln der Grande Cuisine, aber zeitgemäß leicht und völlig klare Geschmackserlebnisse oder ganz überraschende, die dann aber niemals originalitätssüchtig sind". Anscheinend bedeuten Titel und Titelblatt lediglich eine Konzession an das breite Publikum. Aber der Amateur, der sich unbefangen daranmacht, die Rezepte nachzukochen, dürfte rasch vor Respekt erstarren. Wohlfahrt scheut keinen Aufwand, die besten und teuersten Produkte zu beschaffen, mehrere Fonds herzustellen, Zubereitungsarten auszufeilen und eine Vielzahl von Zutaten zu kombinieren. Man merkt sofort, dass die Rezepte einer vorzüglich ausgestatteten Küche entstammen, in der eine perfekt geschulte Crew kocht.

Wohlfahrt liebt das Vielerlei und präsentiert einundsiebzig Gerichte. Da findet man als Vorspeise einen "Linsensalat mit geräucherter Taubenbrust, gefülltem Keulchen und zart angebratener Gänseleber". Billiger macht er's wohl nicht, und weniger möchte er nicht bieten. Man möchte sich gern den saftigen, rosaroten Scheiben der Taubenbrust hingeben, überzogen von einer Marinade aus Ingwersirup, Sojasauce, Akazienhonig, Baroloessig, Pastetengewürzsalz, Pfeffer und geröstetem Sesam; man möchte den Gegensatz auskosten, der zwischen der mildwürzigen, mürben Brust und der exotischen Beize besteht - doch längst buhlen die Scheiben vom gefüllten Keulchen um die Aufmerksamkeit, von der gebratenen Gänseleber und dem Linsensalat, für dessen Zubereitung Schalotten, Butter, Rosmarin, Thymian, Knoblauch, Geflügelfond, Crème fraîche, Baroloessig und Pommerysenf verwendet werden, und einem Salatbouquet mit Lollo rosso, Löwenzahnsalat und Kerbel ganz zu schweigen. Eine Flut von Farbtönen, Duft- und Geschmacksnoten dringt auf die Sinne ein, als wolle der Koch der medialen Reizüberflutung noch einen Schritt voraus sein. Nicht die Eigenart des Produkts, sondern die Komposition des Ganzen, die Kunstfertigkeit des Maître ist beherrschend.

Seine Handschrift wird noch deutlicher, wenn man die "Besten Rezepte" von Hans Stucki zum Vergleich heranzieht, die dessen langjähriger Küchenchef Jean-Claude Wicky nach dem Tod des Basler Meisterkochs 1998 erarbeitet hat (F.A.Z. vom 1. Dezember 1998). Stucki mariniert die Gänsetopfleber mit Portwein und Madeira und wagt es, eine Scheibe der mattrosa marmorierten Leber fast blank auf einen weißen Teller zu legen, lediglich begleitet von einem Häufchen gewürfelter, bernsteinfarbener Portweinsülze und einem grünen Zweig Petersilie. Das einzelne Produkt wird zum Star. Bild und Geschmack wirken elementar. Wohlfahrt hingegen geht der Ware stärker zu Leibe. Für die Gänsetopflebermarinade verwendet er nicht nur Portwein und Madeira, sondern auch Cognac und Trüffelsaft; schließlich darf die reichhaltige Leberpastete nicht allein auf dem Teller stolzieren. Einmal wird sie mit Kalbsfarce und getrüffeltem Kalbsbries eingkreist und zusammen mit Portweingelee, Feigenconfit und Feld- und Löwenzahnsalat angerichtet; ein andermal wird sie mit einem Trüffelmantel umhüllt und begleitet von zwei gewürfelten Trüffelhäufchen, Quittenkonfit, kandiertem Ingwer und, über den Teller verstreut, gemahlenem Pfeffer.

Stuckis Kunst liegt, wie bei den avantgardistischen Architekten in Basel, im raffiniert Reduktiven, wodurch eine nachhaltige Begegnung mit dem Produkt ermöglicht wird; Wohlfahrts Meisterschaft heißt Virtuosität, wobei nicht das Individuelle, klar Konstrastive, sondern die vielfach verflochtene Menge, das insgesamt Feine im Vordergrund steht - am Ende wirkt der Titel des Buchs, ob gewollt oder ungewollt, also doch wie ein Programm. Es gehört zum Zug unserer Zeit, dass sich unterschiedliche kulinarische Philosophien nebeneinander entwickeln. Der Koch aus der Schweiz erscheint aktuell, weil er entsprechend der modernen Kunst und Kultur dem Einzelnen mehr Spielraum gibt und weniger in das Produkt der Natur eingreift; der Koch aus dem Schwarzwald liegt im Trend, sofern er analog zur multikulturellen Gesellschaft flexibel mit unzähligen Waren umgeht und nach immer wieder neuen, ungewohnten Gaumenkitzeln sucht.

Um freilich der Gefahr der Beliebigkeit zu entkommen, will Wohlfahrt gegenüber dem Globalen das Regionale stärken. "Wenn nahezu jedes Produkt jederzeit aus irgendeiner Zucht in irgendeiner Ecke der Welt zu haben ist, muss gegengesteuert werden." Wunderlich nur, dass einer Vielzahl von Fischen, Muscheln und Krustentieren aus dem Atlantik und dem Mittelmeer Rezepte gewidmet werden, während heimische Süßwasserfische wie Zander, Waller oder Bachsaibling, die keine weiten Transportwege benötigen, nicht in die Pfanne kommen. Auch eine baden-württembergische Besonderheit wie das schwäbisch-hällische Landschwein ist offensichtlich nicht gut genug, um in diesem Buch Beachtung zu finden.

ERWIN SEITZ

Harald Wohlfahrt: "Feines aus meiner Küche". Augustus Verlag, Augsburg 1998. 168 S., 100 Farb-Abb., geb., 49,90 DM.

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