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Raimund Schulz führt uns in eine Welt, die im Krieg geboren wurde und für den Krieg lebte. 1000 Jahre Kriegsgeschichte, die den Zusammenhang von Herrschaftswandel und seinen militärischen Grundlagen in der Antike erstmals umfassend darstellt. Was waren das für Menschen, die sich jedes Jahr die Rüstung anlegten und dem Tod ins Auge sahen? Wie verliefen genau Schlachten in der Antike, und wie beeinflussten sie die große Politik? Der Autor revidiert uns vertraute Mythen: Nicht Sparta, sondern die Athener Demokratie war der aggressivste Staat der griechischen Welt. Marathon und Salamis waren…mehr

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Produktbeschreibung
Raimund Schulz führt uns in eine Welt, die im Krieg geboren wurde und für den Krieg lebte. 1000 Jahre Kriegsgeschichte, die den Zusammenhang von Herrschaftswandel und seinen militärischen Grundlagen in der Antike erstmals umfassend darstellt.
Was waren das für Menschen, die sich jedes Jahr die Rüstung anlegten und dem Tod ins Auge sahen? Wie verliefen genau Schlachten in der Antike, und wie beeinflussten sie die große Politik? Der Autor revidiert uns vertraute Mythen: Nicht Sparta, sondern die Athener Demokratie war der aggressivste Staat der griechischen Welt. Marathon und Salamis waren keineswegs rauschende Siege, sondern glückliche Abwehrerfolge gegen einen nach wie vor überlegenen Gegner. Und Alexander gewann seine Schlachten nicht, weil er ein Genie war, sondern weil er die politischen Schwächen der Perser nutzte. Selbst das Christentum konnte sich am Ende der Antike der kriegerischen Realität nicht entziehen und erkannte im Sieg auf dem Schlachtfeld den Inbegriff des menschlichen Erfolgs auf Erden.
Autorenporträt
Schulz, Raimund
Raimund Schulz, geboren 1962 in Hildesheim, lehrt Alte Geschichte an der Universität Bielefeld. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Seefahrt, Krieg, Herrschaft und Völkerrecht in der Antike.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Endlich macht die Geschichtswissenschaft wieder Ernst, freut sich Thomas Speckmann angesichts dieser Militärgeschichte der Antike aus der Feder des Bielefelder Althistorikers Raimund Schulz. Dass der Autor nicht der Verlockung einer klassischen Geschichtsschreibung großer Männer erliegt, rechnet ihm der Rezensent hoch an. Die Schlachten und Kriege von Achill bis Attila in Schulzens an neuzeitlichen Überblicksdarstellungen orientierter Analyse stehen dem Rezensenten, so geordnet nach geografischen Großräumen und Waffentechniken, klar vor Augen. Den Prozess der "Verreiterung" in der asiatischen Steppe versteht er und die Bedingung der Bezugsgrößen des Krieges untereinander, auch wenn sich daraus keine Regeln ableiten lassen, wie Speckmann einräumt. Das Buch hält er für ein neues Standardwerk.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.12.2012

Richtung Steppe half nur Verreiterung

Achtung, Sie betreten eine Militärzone: Althistoriker Raimund Schulz traut sich in den geographischen Großraum und bietet Orientierung im Schlachtgetümmel der Antike, weil er den Krieg als wesentlichen Faktor historischer Entwicklung ernst nimmt.

Der Titel klingt nach klassischer Geschichtsschreibung über große Männer. Doch weit gefehlt. Der Bielefelder Althistoriker Raimund Schulz erliegt nicht der Versuchung, das antike Kriegsgeschehen allein aus der Perspektive der Herrschenden zu beleuchten. Vielmehr gelingt ihm ein beeindruckendes Gesamtbild vom Krieg in der Antike. Dazu überträgt er Modelle und Analyseprinzipien, die in Überblicksdarstellungen zum Krieg im Mittelalter und in der Neuzeit zur Anwendung kommen, auf die antiken Kriegsszenarien, die bereits ähnlich mannigfaltige Formen der Kriegführung kannten wie die folgenden Zeitalter.

Umso vertrauter wirkt die Typologie antiker Kriege, die Schulz von Achill bis Attila beschreibt: Mal ist von Kleinkrieg, Überfällen und Plünderungen die Rede, mal vom Aufmarsch großer Heere, die Siege auf dem Schlachtfeld suchen, Städte belagern und Eroberungszüge unternehmen. Die Vielfalt der Gewaltformen an Land spiegelt sich auf dem Meer: Große Seeschlachten werden von Kaperfahrten begleitet, die Küstenorte und Handelsschiffe bedrohen. Hinzu kommen Privat- und Söldnerkriege kleiner Kampfgruppen, die genauso zum kriegerischen Alltag zählen wie der offiziell erklärte Krieg.

Diese Formen von Gewalt ordnet Schulz wiederum "naturalen Großräumen" unterschiedlicher Tradition zu. Dabei spricht er von "Militärzonen", sofern ein enger Zusammenhang besteht zwischen einer bestimmten Kriegsform und dem geographischen Raum, in dem sie entwickelt wurde und das Kampfgeschehen dominierte. Vier derartige Zonen hat Schulz für die Antike identifiziert: erstens die mediterrane Welt bis zu den großen Flussläufen von Rhein und Donau im Norden und Westen sowie der ariden und semiariden Zone zwischen Atlantik und der arabischen Halbinsel im Süden.

Zwar räumt Schulz ein, dass sich Althistorikerkollegen neuerdings schwer damit tun, diesen geographischen Großraum als einen zusammenhängenden historischen Ereignisraum zu erfassen. Unbestritten bleibe jedoch, dass Krieg in den urbanisierten Mittelmeerländern in auffallend ähnlichen Formen abgelaufen sei. Demnach bildete die schwere Infanterie den Kern aller Armeen, flankiert von der Reiterei und unterstützt von Leichtbewaffneten und Spezialverbänden. Parallel wurden Schiffe mit mehreren Ruderreihen und Rammsporn zur Standardwaffe des Seekrieges.

Demgegenüber maßen die vorderasiatischen Königreiche dem Streitwagen, dann in Reaktion auf die asiatischen Reitervölker der Kavallerie und den Bogenschützen weitaus größere Bedeutung zu. Dabei entstanden zum Teil stehende Armeen mit komplexen Waffengattungen in Gestalt von Kavallerie, geschlossen kämpfenden Infanteristen, Wagenkämpfern, Pionieren und Ingenieuren. Der Seekrieg spielte eine geringere Rolle und wurde küstennahen Verbündeten und Untertanen wie beispielsweise den Phönikern übertragen.

Die dritte Militärzone, bestehend aus den west- und nordeuropäischen Binnenräumen, war geprägt von gefolgschaftlich organisierten Kriegergruppen, die den Kampf zu Fuß bevorzugten und auf technisch anspruchsvolle und folglich teure Waffengattungen verzichteten. Damit ähnelten sie nach der Analyse von Schulz der frühen mediterranen Kriegführung, während ihre Operationen zur See nie das technische und organisatorische Niveau der Mittelmeeranrainer erreichten.

Als vierten großen Naturraum bezeichnet Schulz schließlich die nördlich der Donau und des Schwarzen Meeres gelegenen asiatischen Steppengebiete sowie im Süden die afrikanischen Halbwüsten - traditionell die Heimat nomadischer Kriegerkulturen, deren Gemeinschaftsbildung auf personalen Bindungen beruhte und eine Verwurzelung im Boden unterworfener Völker weitgehend ausschloss. Hier erforderten das Leben in der Steppe, das Ringen um Weideplätze und Vieh sowie der Zwang, die Nahrungsmittelressourcen durch Beutezüge zu erweitern, ständige Kampfbereitschaft. Doch im Gegensatz zu den Bewohnern der Binnenräume Nord- und Westeuropas kämpften in dieser Militärzone beinahe ausschließlich Reiterkrieger, da der Kampf zu Fuß als unehrenhaft galt und deshalb besiegten Völkern überlassen wurde.

Wie folgenreich der Zusammenhang zwischen Naturraum und Waffentechnik für den Verlauf der Geschichte war, macht Schulz an einer Reihe von historischen Entwicklungen deutlich. So stieß die mediterrane Kriegstechnik an ihre Grenzen, je weiter sie sich von ihren Ursprungsgebieten entfernte - sie musste sich verändern oder die Kriegsformen des Gegners übernehmen. Umgekehrt gelang es den Territorialreichen des Vorderen Orients nicht, die in ihrer Heimat bewährten Kriegstechniken erfolgreich und dauerhaft in den mediterranen Kernländern anzuwenden. Nicht zuletzt daran sieht Schulz den Vorstoß der Perser nach Griechenland gescheitert. Auch später sollten Mächte des mesopotamisch-iranischen Raumes wie die Parther oder die Sasaniden selten über Kleinasien oder Ägypten nach Westen vorstoßen. Und wenn Steppenvölker wie die Hunnen und nachfolgend die Mongolen erobernd und nicht allein plündernd in die mediterranen Gebiete vordrangen, dann sahen sie sich gezwungen, sich den Gegebenheiten ihrer Angriffsobjekte anzupassen, indem sie die Rolle der Infanterie gegenüber der Bedeutung der Reiterei aufwerteten und sich darüber hinaus Belagerungstechniken aneigneten. Umgekehrt war bei Bewohnern Mitteleuropas beim Übertritt in asiatische Steppengebiete ein Prozess der "Verreiterung" zu beobachten, da sie sich nur auf diese Weise in den unbekannten Weiten zu behaupten wussten.

Derlei Prozesse der Anpassung und Umgestaltung militärischer Techniken und Organisationsformen im Zuge räumlicher Kontakte und transregionaler Mobilität zählt Schulz zu Recht zu den faszinierendsten Kapiteln antiker Kriegsgeschichte. Doch kann auch er sie nicht ohne Berücksichtigung politischer Organisationsformen erklären. Dieses dritte Bezugsfeld des Krieges hatten bereits in der Antike Denker wie Aristoteles erkannt und daher das wechselseitige Verhältnis von Kriegstechnik und politischer Organisation zu bestimmen versucht.

So wurde in der griechischen Poliswelt und in den meisten anderen mediterranen Stadtstaaten politische Teilhabe mit der Pflicht und dem Recht zum Kriegsdienst gleichgesetzt - die Kämpfenden stimmten selbst über Krieg und Frieden ab. In derlei Fällen, in denen die politische Teilhabe innerhalb einer Gemeinschaft breit gelagert war, suchte eben diese die elitäre und meist aristokratische Waffengattung der Reiterei zurückzudrängen oder dem taktischen Schwergewicht der Infanterie unterzuordnen.

Wie viel größer hingegen die militärischen Gestaltungsmöglichkeiten monarchistischer Systeme waren, da sie ihre Ressourcen stärker bündeln und frei von innenpolitischen Kontrollen und Entscheidungsprozeduren ihren machtpolitischen Zielen unterordnen konnten, liest Schulz an der Tendenz stabiler Monarchien ab, im Vergleich zu den mediterranen Stadtrepubliken komplexere militärische Apparate und Berufsheere mit differenzierten Rekrutierungssystemen und Waffengattungen wie Söldnern, stehenden Kernheeren, Eliteeinheiten und königlichen Garden aufzubauen.

Als ein letztes Bedingungsfeld des Krieges betrachtet Schulz die Abhängigkeit von materiellen und finanziellen Ressourcen und der Logistik. Denn schon in der Antike war Krieg ein teures Geschäft, vor allem wenn er über große Entfernungen und mit komplexen Waffensystemen geführt wurde. Für eine solche Kriegführung reichten Plünderungen und Requisitionen als Finanzierungsquellen in der Regel nicht aus. Vielmehr war eine bestimmte wirtschaftliche Organisationshöhe Voraussetzung. So bemaßen sich die finanziellen Kapazitäten eines Gemeinwesens auch daran, inwieweit es gelang, Bürger und Untertanen an der Bezahlung und Versorgung der Truppen zu beteiligen - eine Fähigkeit, die wiederum von den geographischen Bedingungen und der politischen Verfassung abhing.

So führt Schulz die historische Tatsache, dass sich die Städte der kleinräumigen Welt Griechenlands im Gegensatz zu den vorderasiatischen Reichen keine Belagerungsmaschinen und hochgerüsteten Reiterarmeen leisten konnten und wollten, unter anderem auf ihre beschränkten finanziellen Mittel zurück. Dagegen unterhielten das Perserreich und seine Nachfolgestaaten kostenintensive Waffengattungen, da sie über die reichsten Gebiete der Antike und längere Zeit über gefüllte Staatsschätze verfügten. Auch den Aufstieg der römischen Militärmacht erklärt Schulz nicht zuletzt daraus, dass die Römer die Ressourcen der unterworfenen Völker abschöpften und dass nach jedem erfolgreichen Krieg ungeheure Beutesummen und Kriegskontributionen in die Staatskasse Roms flossen, bis die späte Republik und das Kaiserreich das gesamte Mittelmeergebiet beherrschten und damit über ein vorher nicht gekanntes Reservoir an naturalen und finanziellen Mitteln verfügten.

Indem Schulz die einander bedingenden Bezugsgrößen des Krieges durch die antiken Jahrhunderte verfolgt, werden Rückkoppelungseffekte und Verknüpfungen in seltener Klarheit sichtbar und verdichten die Darstellung zu einem neuen Standardwerk, das über viele Jahre weitere Forschungen prägen dürfte. Zwar ist auch Schulz bewusst, dass sich aus dem Zusammenspiel der von ihm gewählten Bezugsgrößen kaum allgemeingültige Regeln ableiten lassen - zu heterogen sind die einzelnen Bereiche, zu abhängig von Zufällen, menschlichem Fehlverhalten, unerwarteten Entscheidungen und politischen Einflüssen.

Dennoch bietet die Herangehensweise von Schulz wertvolle Orientierung durch die Antike als einem Zeitalter, das in der Rückschau oftmals wie eine einzige Aneinanderreihung blutiger Auseinandersetzungen wirkt. Dieser Flut militärischer Ereignisse Strukturen und Lesarten für ein tieferes Verständnis verliehen zu haben, ist das große Verdienst eines Historikers, der den Krieg auch in seiner militärpragmatischen Dimension wieder als wesentlichen Faktor historischer Entwicklungen und Veränderungen ernst zu nehmen bereit ist - ein Ernst, der den Geschichtswissenschaften gut zu Gesicht steht.

THOMAS SPECKMANN.

Raimund Schulz: "Feldherren, Krieger und Strategen". Krieg in der Antike von Achill bis Attila.

Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2012. 629 S., geb., 32,95 [Euro].

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