In der Antike war qualitativ hochwertiges Trinkwasser nur selten in ausreichender Menge verfügbar. Erst die Entwicklung der Fernwasserleitungen römischen Typs zu Beginn der Kaiserzeit änderte dies fundamental und brachte vielfältige, oft unumkehrbare gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Veränderungen in Gang. Saskia Kerschbaum unternimmt es in ihrem Buch, den Innovationsprozess, der der Erfindung der Fernwasserleitungen zugrunde lag und diese Veränderungen begleitete, in seiner ganzen Wirkmächtigkeit darzustellen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf der politischen Organisationsform, die notwendig war, um die Wasserversorgung und die gerechte Verteilung des Wassers zu kontrollieren und zu garantieren. Der ideologische Wert des Wassers, der weit über seine Funktion als Konsumgut hinausgeht und deshalb zur Legitimation politischer Macht genutzt werden konnte, ist darüber hinaus von besonderem Interesse. Zwar steht die antike Provinz Kleinasien (die heutige Türkei) im Zentrum der Analyse, die Ergebnisse sind jedoch zu großen Teilen für das gesamte Kaiserreich gültig und verdeutlichen die Relevanz der Wasserleitungen für die römische Zivilisation. Die Entwicklung einer geregelten Wasserversorgung und deren Sicherstellung ist, so das Kernfazit des Buches, eine der größten urbanistischen und soziokulturellen Leistungen der Antike, in deren Tradition wir noch heute stehen.