„Was bedeutet ‚Christi Himmelfahrt‘ eigentlich?“, fragte neulich eine junge chinesische Studentin, die ein Austauschsemester in Freiburg macht und lebhaft Anteil an allem nimmt, was für sie fremd oder zumindest nicht ganz verständlich ist. Sie stellt Fragen zu ganz praktischen alltäglichen Dingen,
aber auch über das Leben unserer Familien und über Rituale bei Geburtstagen oder großen…mehr„Was bedeutet ‚Christi Himmelfahrt‘ eigentlich?“, fragte neulich eine junge chinesische Studentin, die ein Austauschsemester in Freiburg macht und lebhaft Anteil an allem nimmt, was für sie fremd oder zumindest nicht ganz verständlich ist. Sie stellt Fragen zu ganz praktischen alltäglichen Dingen, aber auch über das Leben unserer Familien und über Rituale bei Geburtstagen oder großen Familienfesten. Aufmerksam hört sie zu, und fragt freundlich nach, wenn ein Begriff fällt, der ihr gänzlich unbekannt ist. Wie zum Beispiel „Christi Himmelfahrt“. Jeder in unserer sehr gemischten Mittagsrunde fühlte sich aufgerufen, etwas zu diesem Feiertag zu sagen, doch obwohl sich viele von uns Älteren sogar noch an das Gemälde von Matthias Grünewald erinnern konnten, das in fast jeder „Biblischen Geschichte“ unserer Schulzeit zu finden war, war es trotzdem insgesamt nicht sehr befriedigend, was in unserem Gespräch zusammenkam.
Damit es nicht bei diesem Wenigen blieb, versprach ich den anderen, mich um eine ausführlichere und auf sicheren Füßen stehende Antwort zu kümmern. Und das tat ich dann. Und ich tat es mit großer Freude, denn ich hatte das Buch "Feste der Religionen - Begegnung der Kulturen" von Gertrud Wagemann zu Hause und konnte dort nachschlagen. Um es kurz zu machen: durch das sehr übersichtliche Inhaltsverzeichnis und umfassendes Glossar hatte ich sehr rasch Erfolg mit meiner Suche und konnte am nächsten Tag getreulich Bericht erstatten.
Doch nicht nur dieser kleine Auftrag, nicht nur die Erläuterungen zu den verschiedenen christlichen Festen und unterschiedlichen Kulturen laden dazu ein, immer wieder einen Blick in das Buch zu werfen. Es ist eine Fundgrube, ein Nachschlagewerk, das durch seine Lebendigkeit zum Weiterlesen anregt. Das Bräuche, deren Namen manchen noch bekannt sind, deren Sinn oder auch Herkunft jedoch in Vergessenheit geraten sind, wieder näher bringt.
Und das dazu anregt, über die eigenen Bräuche hinaus das Wissen weiter zu spannen. Lebendig und aufschlussreich werden islamische, jüdische, alevitische, jesidische, buddhistische und hinduistische Religionen und Kulturen sowie die Feste und Rituale der Sikhs, Baha’i und von Stammesreligionen dargestellt. Es ist, so lässt sich sagen, gerade heute ein wichtiges Buch für die ganze Familie, in einer Zeit, in der die Kinder in Kindergärten und Schulen gehen, in denen sie bunt zusammengewürfelt nicht nur ihre Schulstunden verbringen, sondern auch in ihrer Freizeit zusammen spielen oder Geburtstage zusammen feiern.
Nach den ausgezeichneten Einführungen öffnet sich das Buch zu einer liebevoll und klug zusammengestellten Sammlung aus Legenden, Liedern, traditionellen Rezepten, Bräuchen aus bekannten und weniger bekannten Ländern, Gedichten, Geschichten von Kindern, Beiträgen aus Literatur und Wissenschaft - es sind gründliche, dabei niemals dogmatische, doch immer gut zu lesende Darstellungen der verschiedenen Religionen, ihrer Eigenheiten und durchaus auch Übereinstimungen.
Ist das Buch auch schon inhaltlich seines großen Wissensschatzes wegen zu loben, sollte es auch seines sehr schönen Formats und der sehr gelungenen Ausstattung wegen getan werden: Fadenbindung, Schriften, die ein leichtes und abwechslungsreiches Lesen ermöglichen, in zartgrüne Kästchen eingebundene Rezepte, wunderbare Abbildungen, die das Buch sehr gut ergänzend untermalen, durch Darstellungen von heiligen Orten, Symbolen, Göttern und feiernden Menschen.
Hier wurde ein Buch auf den Weg gebracht, das gerade auch bei den immer häufiger werdenden Begegnungen mit Menschen aus anderen Kulturen und Religionen hilft, miteinander ins Gespräch zu kommen. Sie würden sich freuen und es als eine Ehre ansehen, wenn wir sie anlässlich ihrer Feste in ihren Gotteshäusern besuchten, wie Gertrud Wagemann in einem Rundfunkinterview betonte. Durch ihren "Interkulturellen Kalender" ist ihr außerdem ein wunderbarer Überblick über die Feste auf dieser Welt gelungen.
