Ende des 19. Jahrhunderts erhebt sich im ägyptisch besetzten Sudan eine religiös begründete Erweckungsbewegung: Dem selbst ernannten »Mahdi« Muhammad Ahmad gelingt es, die zerstrittenen Stämme zu einigen und gegen die »Türken«, die osmanischen, britischen und ägyptischen Verwaltungsbeamten zu führen. In diese Wirren mitten hinein gerät der Wiener Kaufmannssohn Rudolf Slatin (* 7. Juni 1857; † 4. Oktober 1932). Charles Gordon, der in ägyptischen Diensten stehende berühmte britische General, wirbt den jungen Mann an und entsendet ihn als Gouverneur nach Darfur, wo er die in diesem Buch geschilderten Abenteuer als Offizier und langjähriger Gefangener des Mahdis und seines Nachfolgers, des Khalifas Abdallahi, erlebt. Slatin ist mit Abstand der wichtigste Gefangene der Glaubenskrieger. Als solcher wird er in die Mulazemie, die Leibwache des Khalifa, aufgenommen und sorgfältigst überwacht. Hautnah erlebt er die Eroberungszüge, wird monatelang in Ketten gelegt, dann wieder mit Pferden oder Sklavinnen beschenkt. In seinem Buch schildert er auch die meist traurigen Schicksale seiner Mitgefangenen und die Strategien und Persönlichkeiten der Anführer der Mahdisten. Der Tod Gordons nach der Erstürmung von Khartum und die Bedrohung des Suez-Kanals, der Verbindung zu ihrer wichtigsten Kolonie Indien, löst große Aufregung in Großbritannien und ganz Europa aus. Aber erst als der britische Geheimdienstoffizier Reginald Wingate das Buch Slatins an die Öffentlichkeit lanciert, sieht sich das Vereinigte Königreich zu einem groß angelegten Feldzug gegen die Aufrührer gezwungen, der 1898 nach deren endgültiger Niederlage zur britischen Besetzung Ägyptens und des Sudans führt. Die inneren Konflikte des Sudans sind dadurch aber noch lange nicht gelöst -- bis in die Gegenwart hinein bekämpften und bekämpfen sich die unzähligen Stämme und gesellschaftlichen Gruppen im Sudan, was immer wieder zu Bürgerkriegen und 2011 sogar zur Abspaltung der Republik Südsudan führt. Dieses Schlüsselwerk über eine religiös begründete Gewaltherrschaft zeigt nicht nur, wie ein darauf beruhendes Staatswesen errichtet wird und funktioniert, sondern stellt auch die zutiefst philosophische Frage: Was darf ein Mensch alles tun, um das eigene Leben zu erhalten?