Nach Feuersteins Reisen und Feuersteins Ersatzbuch legt der aus Funk und Fernsehen bekannte Kult-Moderator (Literaturen) endlich sein drittes Reisebuch vor. Es bringt Hintergrundberichte zu seinen Reisen nach Thailand, Birma, New York und einer Kreuzfahrt durchs Eismeer wie immer wortwitzig, skurril und mit Blick für exotische Details.Feuerstein reist wieder, doch diesmal ist alles anders. Thailand kennt er besser als seine Westentasche (er trägt keine Westen), in New York hat er eine ganze Ehe lang gewohnt (zehn Jahre), und die beiden Reisen auf dem Wasser wurden komplett von anderen Leuten organisiert (mit Ausnahme der Seekrankheit, die zur Gänze aus Feuersteins Innerstem kam). Mit anderen Worten: Noch nie zuvor ist er so gut vorbereitet auf Reisen gegangen, wie für dieses Buch. Und das war ein Fehler. Weil dadurch noch weniger klappte als früher.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2005NEUE REISEBÜCHER
Für die Tasche Das Grauen auf Reisen hat für Herbert Feuerstein viele Gesichter: Bei einer Flußkreuzfahrt in Birma sind es etwa fünfzehn Rheinländer, allesamt Touristen, die unter dem "Fluch ihres genetischen Defekts" stehen: "Auf Gruppenreisen bilden sich spontan ganz bestimmte soziale Enzyme, die ohne Rücksicht auf Klima und Ort automatisch das zu Hause zehn Monate des Jahres schlummernde Karnevalsgen aktivieren, das seinerseits wiederum ein umweltgefährdendes Hormon ausschüttet: den rheinischen Frohsinn."
Im Schlangen-Restaurant in Thailand dagegen landet Feuersteins Albtraum, eine fauchende Kobra, die gewagt hatte, ihn anzugreifen, kurzerhand als Ragout auf dem Teller: "Die Bestie wollte tatsächlich ihren Giftzahn in mich bohren." Herbert Feuerstein ist zwar "Fleischesser, aber zugleich Gegner des Schlachtens, ein Widerspruch, der keine Auflösung kennt und mich als Heuchler entlarvt". Dennoch sanktioniert er dieses Benehmen mit dem Fleischwolf - und verspeist das Tier noch an Ort und Stelle: "Hier essen, sagte ich mit fester Stimme, denn meine zehn Jahre in Amerika waren nicht spurlos an mir vorübergegangen: Töte deinen Feind, bevor er dich tötet, hatte ich dort gelernt. Jetzt mußte ich ein Exempel statuieren."
Ein Misanthrop auf Reisen ist dieser Herbert Feuerstein. Diesmal hat es ihn nach Birma und Thailand, New York und nach Spitzbergen geführt. Das Buch ist "Feuersteins Drittes", und es fügt sich nahtlos ein in die Reihe seiner früheren Reisereportagen. Sie sind gehässig und phantastisch zugleich, plaudernd erzählt und gipfeln nicht selten in der beruhigenden Erkenntnis, daß sich im Urlaub immer noch jemand anderes peinlicher aufführt als man selbst. Ob das nun die betrunkenen Schweden auf Flußkreuzfahrt sind, denen so viele Insekten in die Gläser fliegen, daß "der Whisky plötzlich gekaut werden" muß, oder vermögende Witwen auf Eismeer-Tour, die zwanghaft "alles auskosten und abhaken, was an Bord geboten wird". Und vor allem im Preis inbegriffen ist: Stricken mit Melanie, Step-Aerobic mit Danielle und Parfümberatung mit Nathalie. Feuerstein bricht nie ohne Vorurteile in die Welt auf. Fast scheint es, als würde er nur reisen, um sie sich bestätigen zu lassen.
melo
Herbert Feuerstein: Feuersteins Drittes. Reisen nach Thailand, Birma, New York und ins Eismeer. Heyne TB, 9,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für die Tasche Das Grauen auf Reisen hat für Herbert Feuerstein viele Gesichter: Bei einer Flußkreuzfahrt in Birma sind es etwa fünfzehn Rheinländer, allesamt Touristen, die unter dem "Fluch ihres genetischen Defekts" stehen: "Auf Gruppenreisen bilden sich spontan ganz bestimmte soziale Enzyme, die ohne Rücksicht auf Klima und Ort automatisch das zu Hause zehn Monate des Jahres schlummernde Karnevalsgen aktivieren, das seinerseits wiederum ein umweltgefährdendes Hormon ausschüttet: den rheinischen Frohsinn."
Im Schlangen-Restaurant in Thailand dagegen landet Feuersteins Albtraum, eine fauchende Kobra, die gewagt hatte, ihn anzugreifen, kurzerhand als Ragout auf dem Teller: "Die Bestie wollte tatsächlich ihren Giftzahn in mich bohren." Herbert Feuerstein ist zwar "Fleischesser, aber zugleich Gegner des Schlachtens, ein Widerspruch, der keine Auflösung kennt und mich als Heuchler entlarvt". Dennoch sanktioniert er dieses Benehmen mit dem Fleischwolf - und verspeist das Tier noch an Ort und Stelle: "Hier essen, sagte ich mit fester Stimme, denn meine zehn Jahre in Amerika waren nicht spurlos an mir vorübergegangen: Töte deinen Feind, bevor er dich tötet, hatte ich dort gelernt. Jetzt mußte ich ein Exempel statuieren."
Ein Misanthrop auf Reisen ist dieser Herbert Feuerstein. Diesmal hat es ihn nach Birma und Thailand, New York und nach Spitzbergen geführt. Das Buch ist "Feuersteins Drittes", und es fügt sich nahtlos ein in die Reihe seiner früheren Reisereportagen. Sie sind gehässig und phantastisch zugleich, plaudernd erzählt und gipfeln nicht selten in der beruhigenden Erkenntnis, daß sich im Urlaub immer noch jemand anderes peinlicher aufführt als man selbst. Ob das nun die betrunkenen Schweden auf Flußkreuzfahrt sind, denen so viele Insekten in die Gläser fliegen, daß "der Whisky plötzlich gekaut werden" muß, oder vermögende Witwen auf Eismeer-Tour, die zwanghaft "alles auskosten und abhaken, was an Bord geboten wird". Und vor allem im Preis inbegriffen ist: Stricken mit Melanie, Step-Aerobic mit Danielle und Parfümberatung mit Nathalie. Feuerstein bricht nie ohne Vorurteile in die Welt auf. Fast scheint es, als würde er nur reisen, um sie sich bestätigen zu lassen.
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Herbert Feuerstein: Feuersteins Drittes. Reisen nach Thailand, Birma, New York und ins Eismeer. Heyne TB, 9,95 Euro.
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