Darf man sich mit Kriegsfilmen beschäftigen? Oder nur mit solchen die - was häufig ziemlich verlogen wirkt - das Etikett "Antikriegsfilm" vor sich hertragen? Oder trägt der Kriegsfilm, der gleichzeitig mit dem modernen Krieg entstand, nicht dieselbe Signatur der Entmenschlichung wie dieser, sodass die Darstellung des modernen Kriegs gar nicht als Antikriegsfilm verbrämt zu werden braucht? Von dieser Prämisse geht der Band aus, der das Genre kritisch ernst nimmt, in dem sich so unbestritten bedeutsame Werke finden wie wie "Im Westen nichts Neues", "Die große Illusion", "Wege zum Ruhm", "Die Brücke", "Apocalypse Now", "Der schmale Grat" u.v.a.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.04.2007Leinwandschlachten
Das „Kriegsfilm”-Lexikon in Reclams Reihe „Filmgenres”
Das Genrekino ist schon lange keine naive Angelegenheit mehr. Ein Regisseur, der sich heute in diesem Fach auszeichnen will, steht vor allem vor der Aufgabe, tradierte Formeln und Mythen geschickt zu variieren. Für den Zuschauer von Genrefilmen bedeutet dies, dass er ohne solide filmgeschichtliche Kenntnisse oft nur den halben Spaß hat; extreme Beispiele hierfür sind die „Scream”-Serie und die Filme Quentin Tarantinos. Mit der Reihe „Filmgenres”, die seit 2003 erscheint, gibt es nun die Möglichkeit, sich in den verschiedenen Welten des Unterhaltungskinos eine schnelle und preisgünstige Orientierung zu verschaffen.
Der vorliegende Band geht zunächst der Frage nach, wie sich der Kriegsfilm als Genre bündig definieren lässt. Kämpfe zwischen einzelnen Menschen und Gruppen sind häufig auf der Leinwand zu sehen. Der Kriegsfilm zeichnet sich aber dadurch aus, dass er eine „Reflexion technisierter moderner Kriege seit dem Ersten Weltkrieg” bietet; daher handelt er „immer auch von der Moderne und der spezifischen Entwicklung von Nationalstaaten”. Anders als im Western oder Piratenfilm kann sich die Imagination des Regisseurs zudem auf bereits vorhandene bewegte Bilder stützen; schon im Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 wurden Aufnahmen mit einer Filmkamera gemacht.
Auf den einleitenden Essay folgen 65 kurze Einzelanalysen. Die Klassiker des Genres – von „All Quiet on the Western Front” über „The Bridge on the River Kwai” und „Apocalypse Now” bis hin zu „Full Metal Jacket” – sind vertreten, aber auch einige in Deutschland bisher kaum bekannte Filme wie „The Story of G. I. Joe” von William A. Wellman und „Sands of Iwo Jima” von Allan Dwan. Unverständlich ist, warum mit „Paisá” von Roberto Rossellini der wichtigste neorealistische Kriegsfilm fehlt. Dass von Samuel Fuller nicht nur „The Big Red One”, sondern auch „Merrill’s Marauders” vorgestellt wird, zeugt dagegen von gutem cinephilem Gespür. CHRISTOPH HAAS
THOMAS KLEIN, MARCUS STIGLEGGER, BODO TRABER (Hrsg.): Kriegsfilm. Reclam Verlag, Stuttgart 2006. 382 Seiten, 9 Euro.
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Das „Kriegsfilm”-Lexikon in Reclams Reihe „Filmgenres”
Das Genrekino ist schon lange keine naive Angelegenheit mehr. Ein Regisseur, der sich heute in diesem Fach auszeichnen will, steht vor allem vor der Aufgabe, tradierte Formeln und Mythen geschickt zu variieren. Für den Zuschauer von Genrefilmen bedeutet dies, dass er ohne solide filmgeschichtliche Kenntnisse oft nur den halben Spaß hat; extreme Beispiele hierfür sind die „Scream”-Serie und die Filme Quentin Tarantinos. Mit der Reihe „Filmgenres”, die seit 2003 erscheint, gibt es nun die Möglichkeit, sich in den verschiedenen Welten des Unterhaltungskinos eine schnelle und preisgünstige Orientierung zu verschaffen.
Der vorliegende Band geht zunächst der Frage nach, wie sich der Kriegsfilm als Genre bündig definieren lässt. Kämpfe zwischen einzelnen Menschen und Gruppen sind häufig auf der Leinwand zu sehen. Der Kriegsfilm zeichnet sich aber dadurch aus, dass er eine „Reflexion technisierter moderner Kriege seit dem Ersten Weltkrieg” bietet; daher handelt er „immer auch von der Moderne und der spezifischen Entwicklung von Nationalstaaten”. Anders als im Western oder Piratenfilm kann sich die Imagination des Regisseurs zudem auf bereits vorhandene bewegte Bilder stützen; schon im Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 wurden Aufnahmen mit einer Filmkamera gemacht.
Auf den einleitenden Essay folgen 65 kurze Einzelanalysen. Die Klassiker des Genres – von „All Quiet on the Western Front” über „The Bridge on the River Kwai” und „Apocalypse Now” bis hin zu „Full Metal Jacket” – sind vertreten, aber auch einige in Deutschland bisher kaum bekannte Filme wie „The Story of G. I. Joe” von William A. Wellman und „Sands of Iwo Jima” von Allan Dwan. Unverständlich ist, warum mit „Paisá” von Roberto Rossellini der wichtigste neorealistische Kriegsfilm fehlt. Dass von Samuel Fuller nicht nur „The Big Red One”, sondern auch „Merrill’s Marauders” vorgestellt wird, zeugt dagegen von gutem cinephilem Gespür. CHRISTOPH HAAS
THOMAS KLEIN, MARCUS STIGLEGGER, BODO TRABER (Hrsg.): Kriegsfilm. Reclam Verlag, Stuttgart 2006. 382 Seiten, 9 Euro.
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Das Genrekino ist schon lange keine naive Angelegenheit mehr. Ein Regisseur, der sich heute in diesem Fach auszeichnen will, steht vor allem vor der Aufgabe, tradierte Formeln und Mythen geschickt zu variieren. Für den Zuschauer von Genrefilmen bedeutet dies, dass er ohne solide filmgeschichtliche Kenntnisse oft nur den halben Spaß hat (...). Mit der Reihe "Filmgenres" gibt es nun die Möglichkeit, sich in den verschiedenen Welten des Unterhaltungskinos eine schnelle und preisgünstige Orientierung zu verschaffen. -- Süddeutsche Zeitung
Der vorliegende Band zeichnet sich durch die klare Gliederung eines Filmgenres aus, das seit mehr als zwei Jahrzehnten eine theoretische Fundierung gefunden hat, die auch dieser Darstellung zugute kommt: Ihre übersichtliche Einordnung von Themen, Schauplätzen und historischen Abläufen, kombiniert mit dem Versuch, ein typologisches Phasenmodell zu entwickeln, ermöglicht rasche Orientierung. -- Medienwissenschaft
In der aufschlussreichen Einleitung versuchen sich die Herausgeber zunächst an einer Definition, zeigen dann u.a. auf, inwiefern Schauplätze die Dramaturgie des Kriegsfilms erheblich mitbestimmen. (...) Fast 70 Filme wurden in den Band aufgenommen, zu fast jedem gibt es einige bemerkenswerte Ausführungen, Informationen und Deutungen. -- Dresdner Neueste Nachrichten
Der vorliegende Band zeichnet sich durch die klare Gliederung eines Filmgenres aus, das seit mehr als zwei Jahrzehnten eine theoretische Fundierung gefunden hat, die auch dieser Darstellung zugute kommt: Ihre übersichtliche Einordnung von Themen, Schauplätzen und historischen Abläufen, kombiniert mit dem Versuch, ein typologisches Phasenmodell zu entwickeln, ermöglicht rasche Orientierung. -- Medienwissenschaft
In der aufschlussreichen Einleitung versuchen sich die Herausgeber zunächst an einer Definition, zeigen dann u.a. auf, inwiefern Schauplätze die Dramaturgie des Kriegsfilms erheblich mitbestimmen. (...) Fast 70 Filme wurden in den Band aufgenommen, zu fast jedem gibt es einige bemerkenswerte Ausführungen, Informationen und Deutungen. -- Dresdner Neueste Nachrichten