James Lee Burke naserümpfend als 08/15-Krimiautor abzutun wäre eine grobe Fehleinschätzung seiner Qualitäten. Wie kein anderer Autor dieses Genres versteht er es, die vielen Facetten der menschlichen Natur auszuleuchten, und das macht er besser, als so manch hochgelobter Literat. So auch in
„Flamingo“, dem vierten Band der Reihe, in überarbeiteter Neuauflage bei Pendragon erschienen.
Dave…mehrJames Lee Burke naserümpfend als 08/15-Krimiautor abzutun wäre eine grobe Fehleinschätzung seiner Qualitäten. Wie kein anderer Autor dieses Genres versteht er es, die vielen Facetten der menschlichen Natur auszuleuchten, und das macht er besser, als so manch hochgelobter Literat. So auch in „Flamingo“, dem vierten Band der Reihe, in überarbeiteter Neuauflage bei Pendragon erschienen.
Dave Robicheaux ist zurück in New Iberia, der Alltag hat ihn wieder. Das soll aber nicht lange so bleiben, denn es gibt einen neuen Auftrag für ihn und seinen Partner. Die beiden Mörder Jimmie Lee Boggs und Tee Beau Latiolais sollen zu ihrer Hinrichtung ins Staatsgefängnis überführt werden. So weit, so gut, aber Boggs‘ Helfershelfer haben vorgesorgt. Bei einer kurzen Pause kann dieser eine versteckte Waffe an sich nehmen, und in dem nachfolgenden Feuergefecht wird Robicheauxs Partner Benoit erschossen. Er selbst kann verletzt fliehen, Latiolais verfolgt und erwischt ihn, aber lässt ihn am Leben. An Leib und Seele schwer angeschlagen weiß Robicheaux, dass er nur dann Frieden finden kann, wenn der den Tod seines Partners rächt. Boggs hat sich nach New Orleans abgesetzt und arbeitet dort mittlerweile als Auftragskiller für die Drogenmafia, an deren Spitze Tony Cardo steht. Ein alter Freund bei der DEA verschafft Dave die Möglichkeit, als Undercover Agent in dessen Organisation eingeschleust zu werden und so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Er soll Cardo ans Messer liefern und kann Boggs für die Ermordung Benoits bezahlen lassen. Wenn es denn so einfach wäre…
Schaut man sich Robicheaux und seinen Gegenspieler Cardo genauer an, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob letztgenannter die dunkle Seite des Protagonisten verkörpert, schleppt er doch wie dieser auch die Wunden, die Vietnam in seiner Seele hinterlassen hat, bis heute mit sich herum.
Gut und böse, schwarz und weiß. Auf den ersten Blick scheint so, als ob Burke diese Gegensätze verwenden würde, um seine Figuren zu klassifizieren. Aber das täuscht, denn auf den zweiten Blick zeigt sich das ganze Spektrum von Grautönen der menschlichen Existenz, die durch viele Faktoren bestimmt wird. Das Milieu, in das jemand hineingeboren wird. Die Brüche in den Biografien, verursacht durch einschneidende Erlebnisse in der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart reichen.
Burke wertet nicht, lässt die Moralkeule an Ort und Stelle. Es sind die Handlungen seiner Figuren, die uns Lesern die ganze Bandbreite dessen, was wir Menschsein nennen, aufzeigen. Wie immer großartig und beeindruckend. Nachdrücklich empfohlen!