Darf es literarisch im Frühling etwas verspielter sein? Vielleicht eine Kombination aus Erotik, viel Humor, Fantasie und klugem Storytelling? Dann ist „Flamingofeuer“ von Laura Lay, dem Pseudonym von Antje Wagner, exakt das richtige Buch. Leon Walsky war ein gefeierter Autor, für kurze Zeit war er
wegen seines Erotikromans „Die Augenbinde“ eine Berühmtheit. Sein Folgewerk findet jedoch keine…mehrDarf es literarisch im Frühling etwas verspielter sein? Vielleicht eine Kombination aus Erotik, viel Humor, Fantasie und klugem Storytelling? Dann ist „Flamingofeuer“ von Laura Lay, dem Pseudonym von Antje Wagner, exakt das richtige Buch. Leon Walsky war ein gefeierter Autor, für kurze Zeit war er wegen seines Erotikromans „Die Augenbinde“ eine Berühmtheit. Sein Folgewerk findet jedoch keine Abnehmer, er verliert alles, was er hat und lebt in einer Bruchbude. In dieser Situation erreicht ihn die Nachricht einer Unbekannten, die sich Tanja R. nennt und die ihn bittet, ihr erotische Geschichten zu schreiben, deren inhaltliche Ausrichtung sie selbst bestimmen darf. Leon lässt sich darauf ein und so beginnt ein vielschichtiger Roman, die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion verwischen, und Stück für Stück wird klar, dass Leon sich in der Vergangenheit in irgendeiner Weise strafbar gemacht hat. Was das war, bleibt bis zum Ende offen.
Nun beginnt das Spiel zwischen Tanja R. und Leon: er schreibt, sie kommentiert und fordert neue Geschichten ein. Er schreibt, sie lenkt und Leon wird, auch wenn er ihre aggressive und fordernde Art nicht leiden kann, schnell auch von ihr abhängig. Unter ihrer Führung schreibt er so intensiv und so viel, wie schon lange nicht mehr. Sie fordert ihn heraus und treibt ihn an seine Grenzen – sie beflügelt ihn und seine Fantasie. Das Hin und Her zwischen den beiden fand ich äußerst interessant, mal befremdlich, mal amüsant. Schnell wird klar, dass der ganze Roman sehr spielerisch ausgelegt ist. Die erotischen Geschichten fügen sich als einzelne Kapitel zwischen den Email-Kontakt zwischen Leon und Tanja R., Beschreibungen seines Alltags und seinen Erinnerungen an eine gewisse Laura ein. Dadurch spiegeln sie immer einen Teil von Leon’s realen Erfahrungen, Wünschen und Vorstellungen wieder.
Er schreibt sich selbst, Tanja R. und auch die geheimnisvolle Laura in seine Geschichten hinein. Ihre Personas ändern sich ständig, ebenso ihre sexuelle Identität. Sie sind mal schüchtern, mal selbstbewusst, mal dominant. Ist es zu heftig? Es gibt Szenen, in denen BDSM eine Rolle spielt, und die für einige Leser sicherlich weniger angenehm zu lesen sind. Eine Gratwanderung, die – wie ich finde – schriftstellerisch aber sehr souverän gemeistert wurde. Einerseits durch den Ton und andererseits durch die Wortwahl und die damit einhergehende Ästhetik von „Flamingofeuer“. Nie wirken die Geschichten platt oder peinlich, immer bleibt eine gewisse künstlerische Distanz bestehen.
Nichtsdestotrotz haben die Geschichten natürlich ihren Reiz. „Flamingofeuer“ fühlt sich tatsächlich wie im oben genannten Zitat an wie eine Reise. Eine Reise durch die verschiedenen Facetten und Nuancen von Erotik. Hinzu kommt der wie immer großartige Schreibstil von Antje Wagner. Sie bringt Humor in der Geschichte, wo man keinen vermuten, inklusive herzhaften Lachmomenten. Sie reichert die unscheinbarsten Momente mit Poesie und Schönheit an. Doch in erster Linie ist „Flamingofeuer“ eine lockere und leichte, aber intelligent aufgebaute Lektüre mit einer Figur, die einen ausgeklügelten Plan verfolgt, der bis zum Ende im Verborgenen bleibt. Dieser erotische Roman hält einige Überraschungen für den Leser bereit.
Fazit
Antje Wagner hat mit „Flamingofeuer“ einen fantasievollen und clever konstruierten erotischen Roman geschrieben. Anstatt peinlich oder platt zu sein, kommt er durch das schriftstellerische Können der Autorin sinnlich und humorvoll daher. Die Figuren sind ebenfalls sympathisch, Leon Walsky als Autor, der nicht an seinen ersten Erfolg anknüpfen kann, die ominöse und herrische Tanja R., die seine Geschichten lesen möchte und die geheimnisvolle Laura, mit der Leon scheinbar einmal etwas verband. Die Erotik zeigt sich in „Flamingofeuer“ in allen denkbaren Facetten, gängige Rollenbilder werden aufgelöst. Ein äußerst vergnügliches Abenteuer für neugierige Leser.