Fangen wir mal mit der Frage an, ob das Buch originell ist. Die Antwort ist ein klares, begeistertes Ja. Es ist nicht nur originell, es ist definitiv eine der originellsten - und besten - Dystopien, die ich bisher gelesen habe, und das waren einige. Die Autorin bringt so viele neue Gedanken ein in
dieses Buch, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr rausgekommen bin, und besonders die Szenen, die…mehrFangen wir mal mit der Frage an, ob das Buch originell ist. Die Antwort ist ein klares, begeistertes Ja. Es ist nicht nur originell, es ist definitiv eine der originellsten - und besten - Dystopien, die ich bisher gelesen habe, und das waren einige. Die Autorin bringt so viele neue Gedanken ein in dieses Buch, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr rausgekommen bin, und besonders die Szenen, die im Inneren von Incarceron spielen, sind ein wahres Feuerwerk unglaublicher Ideen.
Das Buch spielt weit, weit in unserer Zukunft. Da die Menscheit es ein paar Generationen vor der Handlung des Buches geschafft hat, den Karren endlich an die Wand zu fahren (wie genau, bleibt relativ unklar), wurde beschlossen, dass die Menschen zurückkehren müssen zu alten Werten und einer alten Lebensweise ohne Technologie. Diese Lebensweise wurde dann auch gesetzlich vorgeschrieben. Es wurde jedoch noch ein letztes Mal Technologie im großen Stil eingesetzt: für die Erschaffung eines riesigen Gefängnisses, in das dann alle Unerwünschten eingesperrt wurden, wie z.B. Straftäter und Geisteskranke. Das Gefängnis sollte aber wenigstens so human wie möglich sein, und um das zu erreichen, wurde das Gefängnis mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, damit es stets die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen kann.
Wann war es in Büchern und Filmen jemals eine gute Idee, einer unbeseelten Sache Intelligenz zu geben? Richtig - niemals... Und auch hier geht die Sache mächtig schief.
Aus dem geplanten künstlichen Paradies ist eher eine künstliche Hölle geworden. Da das Gefängnis aber eine in sich geschlossene Welt ist, weiß das außerhalb von Incarceron niemand - außer dem Hüter von Incarceron, und der hat keine Möglichkeit (oder auch nur den Wunsch), es zu ändern.
Die Szenen, die im Inneren von Incarceron spielen, lesen sich wie eine düstere, gruselige, gewalttätige Dystopie. Die Szenen außerhalbs lesen sich fast schon wie High Fantasy, oder manchmal auch Steampunk. Diesen Kontrast fand ich sehr reizvoll, und er ist meiner Meinung nach ein brillianter Schachzug der Autorin.
Als Leser wird man direkt mitten in die Geschichte geschmissen, und mich hat die Spannung von der ersten Seite an gepackt und nicht mehr losgelassen. Es gibt viele tempo- und actionreiche Szenen, und da die Handlung nie wirklich vorhersehbar ist (alleine schon dadurch, dass innerhalb Incarcerons so ziemlich alles möglich ist), wollte ich immer nur weiterlesen und weiterlesen, um herauszufinden, wie die Geschichte ausgehen wird.
Die Charaktere fand ich fantastisch - wunderbar beschrieben, vielschichtig, dreidimensional... Dabei verschwimmt die Grenze zwischen gut und böse oft. Finn hat z.B. in der Vergangenheit Dinge getan, sie definitiv nicht gut waren - aber hatte er eine Wahl, wenn man bedenkt, in was für einer Hölle er lebt? Sein Eidbruder Keiro ist völlig skrupellos - aber er kümmert sich rührend und aufopferungsvoll um Finn.
Der Schreibstil ist beeindruckend bildgewaltig und entwickelt einen richtigen Sog, der einen in die Geschichte zieht. (Da ich das Buch aus der Onleihe ausgeliehen hatte und schon zurückgeben musste, folgt hier leider kein Zitat!)