Der Klassiker in neuer Inszenierung: unterhaltsam, schräg und genial!
Inhalt:
Eine Wette zwischen Gott und Mephisto ... Was soll da schon schief gehen ?!?
Das treue Schäfchen, welches zum Spielball auserkoren wird, ist Heinrich Faust, ein vom Leben gefrusteter Student und Taxifahrer in
Berlin.
Wetteinsatz: zwei Kisten Ramazzotti!
Da greift man auch mal zu unlauteren Mitteln, wenn…mehrDer Klassiker in neuer Inszenierung: unterhaltsam, schräg und genial!
Inhalt:
Eine Wette zwischen Gott und Mephisto ... Was soll da schon schief gehen ?!?
Das treue Schäfchen, welches zum Spielball auserkoren wird, ist Heinrich Faust, ein vom Leben gefrusteter Student und Taxifahrer in Berlin.
Wetteinsatz: zwei Kisten Ramazzotti!
Da greift man auch mal zu unlauteren Mitteln, wenn man seinen Wettgewinn gefährdet sieht.
Und so klopft Mephisto an Heinrichs Türe als Angestellter der elitären Coachingagentur "Happy Life" mit dem Versprechen einer kostenlosen rundum-sorglos-Betreuung, an deren Ende Heinrich wunschlos glücklich und sein Schwarm Margarethe hoffnungslos in ihn verliebt sein wird.
Es gibt dabei nur einen kleinen Haken:
Bei erfolgreicher Wunscherfüllung überträgt Heinrich automatisch nach seinem Tod der Coachingagentur "Happy Life" die exklusiven Nutzungsrechte an seiner unsterblichen Seele ...
Moderne Neuinszenierung des literarischen Klassikers.
Einbandgestaltung:
Der Einband ist dem schlichten Design der bekannten gelben Reclam-Hefte nachempfunden.
Mit viel Liebe zum Detail und täuschend echt imitiert wurden Flecken und Verfärbungen, Abschürfungen und angestoßene Ecken, die bei den dünnen Heftchen mit Seiten dünn wie Butterbrotpapier unvermeidlich sind.
Als Hardcover mit qualitativ hochwertigem Papier und in größerem Format als die "normalen" Reclam-Ausgaben wirkt das Buch aber deutlich wertiger.
Mein Eindruck:
Diese Graphic Novel ist eine ergänzte und überarbeitete Sammlung der in der Frankfurter Allgemeine Zeitung im Jahr 2009 erschienenen Comics.
Die Rahmenhandlung ist dem Original nachempfunden und in das Berlin der Gegenwart übertragen.
Es sind zwar keine Vorkenntnisse nötig, jedoch ist es anzuraten, zumindest eine inhaltliche Zusammenfassung des literarischen Klassikers zu lesen, um Anspielungen in Text und Bild, Zitate, Parallelen zum Original usw. zu erkennen. Es gibt aber auch Easter Eggs unabhängig vom Original, z. B. Mephisto als Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch mit "Hör auf mich ..."
Flix übernimmt aber nicht einfach die ursprüngliche Handlung, sondern wandelt die Vorlage ab und drückt seinen eigenen Stempel auf.
Die Zeichnungen harmonieren hervorragend mit dem Text und brechen in ihrer Anordnung mit Erwartungen und klassischen Strukturen. Sie punkten zudem auf mehreren Ebenen mit Details, die erst beim wiederholten Betrachten auffallen.
Die Charaktere sind detailliert gestaltet und gezeichnet. Flix typisch und unverkennbar mit großen Quadratnasen und tiefergelegten Ohren.
Mephisto ist hinterlistig, was sich auch in seiner Mimik hervorragend widerspiegelt. Gott (mit über seinem Kopf schwebenden, allsehenden Auge, welches jede Reaktion der "normalen" Augen übernimmt und wunderbar genervt rollen kann) steht ein wenig verloren, naiv und peinlich berührt da.
Doch Wette ist Wette! Ausgerechnet Heinrich Faust, frustrierter Langzeitstudent mit einem Berg an Sorgen, gerät als Versuchskaninchen zwischen die Fronten.
Die Geschichte punktet mit einer skurrilen Mischung aus Klamauk und Slapstick und Absurdität (Faust hat den Rassepudel "Charlotte von Stein", seines Nachbarn Walter auf dem Gewissen).
Sie ist aber auch divers und multikulturell: Walter sitzt nach einem Skiunfall im Rollstuhl (das von Mephisto geäußerte N-Wort wäre m. M. nicht nötig gewesen) und Gretchen (eigentlich Margarete, weil ihr Vater Schreinemakers-Fan ist, auch wenn die Mutter sie immer Özlem ruft) ist Muslima mit einer strenggläubigen Familie.
Auch wenn die "Terrorfürsten" im Keller des göttlichen Gemeinschaftsbüros aller Religionen nur ein Sidekick sind ... die Kerlchen sind echt der Wahnsinn. Sie verschicken tagtäglich Spam-E-Mails, warten auf ihren großen Auftrag und - es ist wie es ist - kochen auch nicht auf allen Platten. Hier hätte ich mir noch viel mehr Szenen mit den verpeilten Wichten gewünscht.
Die Erfüllung des Wunsches gestaltet sich herrlich turbulent und schräg.
Die im Original eigentlich doch sehr ernste und tragische Geschichte tritt ein wenig in den Hintergrund und im Gegensatz zur Vorlage gibt es bei Flix für Faust und sein Gretchen ein Happy End ... Gott sei Dank!
Fazit:
Da man es treffender kaum zusammenfassen kann, zitiere ich aus dem Vorwort von Andreas Platthaus (welches selbst ein Goethe-Zitat abwandelt):
"Dieser Comic kennt alle Zutaten zum Rezept, das die gezeichnete Welt im Innersten zusammenhält."
(vgl. S. 13)
...
Rezensiertes Buch: "Faust - Der Tragödie erster Teil" von Flix im Carlsen Verlag aus dem Jahr 2010