Sie stehen still, gedankenverloren, ins Nichts blickend, ins Gespräch mit dem Nachbarn vertieft oder mit dem Handy am Ohr: Die Passanten, die Florian Böhm ( 1969) auf den Straßen Manhattans fotografiert, sind alle in einer kleinen Zeitschleife gefangen und warten auf grünes Licht. Ob New Yorker aller Gesellschaftsschichten und Ethnien oder Touristen aus aller Welt, die rote Ampel macht sie zunächst einmal alle gleich. Und doch verraten Kleidung, Accessoires und Haltung erstaunlich viel über die Abgebildeten. Man glaubt zu wissen, wie sie sind und leben. Die meisten merken nicht, dass sie fotografiert werden und geben sich daher völlig unverstellt, nur wenige nehmen Blickkontakt mit dem Kameraauge auf, selten lächelt jemand, zumeist Kinder. Florian Böhm lebt selbst seit Jahren in New York und hat bereits in dem Fotoprojekt End Commercial (zusammen mit Wolfgang Scheppe und Luca Pizzaroni) einen untrüglichen Blick für die Details urbanen Lebens bewiesen, die Geschichten erzählen. Ausstellung: FORUM 11/Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum Januar März 2008
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2007NEUES REISEBUCH
Für den Tisch Florian Böhm hat langweilige Fotos für ein langweiliges Buch gemacht - und das mit Absicht. 66 Mal zeigt der Münchner in "Wait for Walk" die gleiche Szene: Fußgänger an Ampeln, stets in Manhattan, stets sich langweilend. Das schärft die Wahrnehmung: für die Turnschuhe und die T-Shirts, für die Frisuren und die Figuren. Es zwingt aber auch, vom voyeuristischen zum analytischen Blick zu wechseln. Und so fällt einem auf, dass einem irgendwann nichts mehr auffällt: nichts Inspirierendes mehr, nichts Extravagantes, nichts Individuelles in der ach so individuellen Metropole, von der man sagt, sie komme nie zur Ruhe. Kommen die Menschen dann doch zur Ruhe, ungewollt, an einer der Ampeln, dann langweilen sie sich, dann wirken sie merkwürdig abwesend und eindimensional und entfremdet - und mit ihnen die ganze Stadt. Böhm zeigt so die Banalität New Yorks. Das liegt auch daran, dass er die Fußgänger zwar frontal von vorne fotografiert, also quer über die belebte Straße, aber immer durch die Lücken vorbeifahrender Autos. Die Menschen scheinen grundlos zu warten, wie gebannt: Prinzipienreiter, die an roten Ampeln warten, auch wenn kein Auto kommt.
tobb
Florian Böhm: "Wait for Walk", Hatje-Cantz-Verlag 2007, 128 Seiten mit 66 Farbfotos, gebunden, 39,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für den Tisch Florian Böhm hat langweilige Fotos für ein langweiliges Buch gemacht - und das mit Absicht. 66 Mal zeigt der Münchner in "Wait for Walk" die gleiche Szene: Fußgänger an Ampeln, stets in Manhattan, stets sich langweilend. Das schärft die Wahrnehmung: für die Turnschuhe und die T-Shirts, für die Frisuren und die Figuren. Es zwingt aber auch, vom voyeuristischen zum analytischen Blick zu wechseln. Und so fällt einem auf, dass einem irgendwann nichts mehr auffällt: nichts Inspirierendes mehr, nichts Extravagantes, nichts Individuelles in der ach so individuellen Metropole, von der man sagt, sie komme nie zur Ruhe. Kommen die Menschen dann doch zur Ruhe, ungewollt, an einer der Ampeln, dann langweilen sie sich, dann wirken sie merkwürdig abwesend und eindimensional und entfremdet - und mit ihnen die ganze Stadt. Böhm zeigt so die Banalität New Yorks. Das liegt auch daran, dass er die Fußgänger zwar frontal von vorne fotografiert, also quer über die belebte Straße, aber immer durch die Lücken vorbeifahrender Autos. Die Menschen scheinen grundlos zu warten, wie gebannt: Prinzipienreiter, die an roten Ampeln warten, auch wenn kein Auto kommt.
tobb
Florian Böhm: "Wait for Walk", Hatje-Cantz-Verlag 2007, 128 Seiten mit 66 Farbfotos, gebunden, 39,80 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main