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Mit den Konzentrationslagern Flossenbürg in der Oberpfalz unweit der tschechischen Grenze und Mauthausen bei Linz in Oberösterreich entstand 1938 ein weiterer Prototyp des KZ, bei dem von Beginn an die Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge ein wesentliches Motiv bildete. Beispielsweise in Flossenbürg hatten die Granitsteinbrüche eine entscheidende Rolle bei der Standortwahl gespielt. In Ravensbrück wurde im Mai 1939 das zentrale Frauen-KZ des nationalsozialistischen Deutschland eingerichtet, dem 1941 ein kleineres, abgetrenntes Männerlager angegliedert wurde. Zum jeweiligen Ort gehört das…mehr

Produktbeschreibung
Mit den Konzentrationslagern Flossenbürg in der Oberpfalz unweit der tschechischen Grenze und Mauthausen bei Linz in Oberösterreich entstand 1938 ein weiterer Prototyp des KZ, bei dem von Beginn an die Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge ein wesentliches Motiv bildete. Beispielsweise in Flossenbürg hatten die Granitsteinbrüche eine entscheidende Rolle bei der Standortwahl gespielt. In Ravensbrück wurde im Mai 1939 das zentrale Frauen-KZ des nationalsozialistischen Deutschland eingerichtet, dem 1941 ein kleineres, abgetrenntes Männerlager angegliedert wurde. Zum jeweiligen Ort gehört das Ensemble von Außenlagern, das dem Stammlager weiträumig zugeordnet war. Die Häftlinge mussten bei der Verlagerung von Industriebetrieben in unterirdische Produktionsstätten, in Rüstungs-betrieben, in Forschungsinstituten und in der Landwirtschaft Zwangsarbeit leisten. Die drei Komplexe Flossenbürg, Mauthausen und Ravensbrück werden in diesem vierten Band der Reihe 'Der Ort des Terrors' beschrieben.
Autorenporträt
Wolfgang Benz, geboren 1941, ist Mitgründer und Mitherausgeber der Dachauer Hefte und war von 1969 bis 1990 Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte in München. Er ist Prof. em. der Technischen Universität Berlin; Wolfgang Benz leitete bis März 2011 das Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin. 1992 erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.04.2007

Terror und Ausbeutung
Die verdienstvolle Dokumentation der Konzentrationslager
Über die nationalsozialistischen Konzentrationslager ist viel geschrieben worden. Eine der ersten Bibliographien zu diesem Thema stammt aus dem Jahr 1981 und verzeichnet knapp 3500 Bände. Heute widmen sich etwa 20 000 Bücher weltweit der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik. Die KZ sind, so scheint es, gut erforscht. Dafür spricht auch der von zwei Seiten gleichzeitig unternommene Versuch, eine Gesamtdarstellung zu wagen.
So hat das Washingtoner „United States Holocaust Memorial Museum” ein derartiges Unternehmen in zehn Bänden angekündigt, das deutsche Pendant besteht in der auf neun Bände angelegten Reihe „Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager”, herausgegeben von Barbara Distel, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, und Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung.
Während der erste Band der Reihe Organisation und Strukturen der KZ behandelt, untersuchen die Folgebände, der Chronologie der Gründungen folgend, je zwei oder mehrere KZ und die dazu gehörenden Außenlager. In den Bänden 3 und 4 geht es um fünf zwischen 1936 und 1939 gegründete KZ: Sachsenhausen, das seit 1936 Leitlager des KZ-Systems und Teil des in Oranienburg sich entwickelnden wirtschaftlich-militärischen SS-Komplexes war (den Text zum Stammlager schrieb Hermann Kaienburg); Buchenwald, das zentrale Lager der politischen Häftlinge und Anfang 1945 das größte bestehende KZ (Harry Stein); Flossenbürg, in dem die als „kriminell” klassifizierten Gefangenen bis 1938 die größte Zahl der Insassen und bis Kriegsende die meisten Funktionshäftlinge stellten (Jörg Skriebeleit); Mauthausen, eingerichtet anfangs für den österreichischen Raum und als zunächst einziges KZ der „Stufe III” zugewiesen, was die besondere Härte der Haftbedingungen markierte (Florian Freund/Bertrand Perz); und Ravensbrück, das zentrale KZ für weibliche Häftlinge (Annette Leo).
Jenseits der Spezifika der jeweiligen Lagergeschichte fallen übergreifende Entwicklungen auf, die für alle genannten KZ gelten. Sie wurden im Zuge der politisch, biologistisch und rassistisch motivierten Generalprävention gegründet und zudem, um die Arbeitskraft der Gefangenen für die Wirtschaftsinteressen der SS auszubeuten. Seit Kriegsbeginn wuchs die Zahl der Insassen rasch an, wobei die Gefangenen aus Osteuropa, die meisten von ihnen aus Polen und später der Sowjetunion, meist die größte Gruppe bildeten. In der ersten Kriegshälfte setzte die SS die Gefangenen in allen KZ einerseits in den eigenen Betrieben, vereinzelt auch in privaten Unternehmen, zur Zwangsarbeit ein, andererseits führte sie, ebenfalls in allen KZ, systematische Tötungsaktionen durch. Zu nennen ist die Ermordung der kranken Häftlinge in den „Euthanasieanstalten”, die Erschießung der sowjetischen Kriegsgefangenen sowie die Deportation der jüdischen KZ-Häftlinge nach Auschwitz.
Dramatische Überbelegung
In der zweiten Kriegshälfte nutzte die SS das KZ-System zunehmend als Arbeitskräftereservoir für die Rüstungsindustrie, sodass seit 1942 Außenlager bei Industriebetrieben entstanden. Mehr als 370 dieser Außenlager sind für die hier behandelten KZ nachgewiesen und beschrieben. Trotz oder gerade wegen des forcierten Zwangsarbeitseinsatzes stiegen die Todesraten deutlich an. Sie erreichte 1942 in Mauthausen über 50 Prozent. Zugleich erreichte der Völkermord an den europäischen Juden seinen Höhepunkt, zum Teil begangen in Lagern wie Auschwitz oder Majdanek, die der SS als Konzentrations- und Vernichtungslager zugleich dienten. Im letzten Kriegsjahr herrschten Chaos und Massensterben, verursacht durch verschärfte Zwangsarbeit sowie durch die Auflösung der Lager im Osten und die massenhafte Verschleppung der dort Inhaftierten, meist Juden, in die KZ im Inneren des Deutschen Reiches. Dies führte dort zu einer dramatischen Überbelegung und einer mörderischen Verknappung der ohnehin spärlichen Ressourcen.
So kamen unzählige, oft jüdische, Häftlinge auf den Baustellen, die der Verlagerung ganzer Industrieanlagen in unterirdische Stollen dienten, binnen weniger Tage ums Leben. In den letzten Kriegswochen schließlich starben Tausende durch gezielte Tötungsaktionen (etwa in der 1945 in Ravensbrück eingerichteten Gaskammer), durch Verelendung (etwa in speziellen Sterbezonen der Lager), auf den Todesmärschen. Insgesamt ermordete die SS in Sachsenhausen 35 000 bis 40 000, in Buchenwald 56 000, in Flossenbürg 30 000, in Mauthausen 102 000 und in Ravensbrück 28 000 Menschen.
Diese Bände sind detail- und faktenreiche Nachschlagewerke. Quellenkritische Reflexionen, eine Auseinandersetzung mit älteren oder aktuellen Debatten der NS-Forschung oder eine historiographische Einordnung der Fakten in die deutsche und europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts sucht man freilich vergebens. So wird die Reihe ihren Platz in der politischen Bildung finden und kann zudem durch ihren handbuchartigen Charakter als Ausgangspunkt für analytische Forschungsarbeiten dienen. Nötig sind diese nach wie vor. Denn gerade aufgrund der Flut von Literatur und der Ausdifferenzierung des Forschungsfeldes ist eine erhebliche Unübersichtlichkeit eingetreten. Insofern wären Studien wünschenswert (und möglich), welche die empirischen Befunde einordnen und synthetisieren, und zwar nicht – man denke an die Leserschaft – in voluminösen (Sammel-)Bänden auf vielen tausend Seiten, sondern in monographischer Form. Dazu liefert die Reihe von Barbara Distel und Wolfgang Benz einen zentralen Baustein. KARIN ORTH
WOLFGANG BENZ / BARBARA DISTEL (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald; Band 4: Flossenbürg, Mauthausen, Ravensbrück. C. H. Beck Verlag, München 2006. 660 bzw. 644 Seiten, je 59,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Matthias Arning würdigt die auf neun Bände angelegte Enzyklopädie einer Geschichte der deutschen Konzentrationslager als "eine Art Denkmal" für die vielen Opfer des NS-Terrors. Und so begrüßt er auch in der von Jörg Skriebeleit vorgelegten Geschichte der Konzentrationslager Flossenbürg, Mauthausen und Ravensbrück ein weiteres Kapitel der Geschichtsschreibung, die gegen das Vergessen arbeitet. Wie schon die vorangegangenen Bände der Reihe, legt dieser Band das Gewicht auf die Fakten und bietet eine große Detailfülle, lobt der Rezensent. Insbesondere arbeite der Autor heraus, welche zunehmend wichtige Rolle die Zwangsarbeit in den KZs Flossenbürg, Mauthausen und Ravensbrück für die Kriegsindustrie spielte.

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