In der Gesellschaft der Gegenwart hat die "Pflicht zum Erfolg" eine allgemeine Kulturbedeutung angenommen - in privaten Lebenswelten, im beruflichen Alltag, in der heutigen Ökonomie. Unfähig, die gesellschaftlichen Probleme zu lösen, welche der Markt hinterlässt, tritt der kulturelle Kapitalismus unserer Zeit im Erfolgskult die Flucht nach vorn in eine Lebensform an, in der das Ökonomische mehr oder minder subtil das Handeln, die Gefühle und die Sinnwelten regiert. Doch kehren im neuen Gewand auch alte Gegensätze zurück: Erfolg und Scheitern, Arm und Reich, Gewinner und Verlierer. Und hinter der allgegenwärtigen Rede von "Leistung" verbirgt sich der Vorrang des reinen Marktprinzips. Sighard Neckel rückt der Vermarktlichung der Gesellschaft mit kultursoziologischen Studien zu Leibe, die vor allem die Selbsttäuschungen und Paradoxien der heutigen Erfolgskultur aufdecken.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2008Unter Erfolgszwang
Wie lernen wir, uns neu zu steuern?
Die Krise ist da, die vielen Bücher über ihre Ursachen und Auswirkungen werden erst noch kommen. So schnell wie Börsenkurse stürzen, lassen sie sich schließlich nicht auf den Markt bringen, dessen Zustand einzuschätzen ist. Aber es gibt ein Buch, das die Krise kurz vor ihrem Eintreten gleichsam vorwegnahm und als Systemkrise einer erhellenden Analyse unterzog. Erschienen im letzten Jahr, ist es nun das Buch der Stunde: Rolf Stürners "Markt und Wettbewerb über alles? Gesellschaft und Recht im Fokus neoliberaler Marktideologie". Der C. H. Beck Verlag stellt den Autor, Rechtsprofessor in Freiburg, denn auch ins Zentrum seines diesjährigen Buchmesseauftritts. Mit Gewinn wird man auch den Soziologen Sighard Neckel konsultieren, der in "Flucht nach vorn. Die Erfolgskultur der Marktgesellschaft" (Campus) den kulturellen Kapitalismus unserer Gegenwart als ökonomisierte Lebensform unter Erfolgszwang begutachtet.
Die Paradoxien, die dabei in den Blick kommen, spielen in Friedrich Merz' "Mehr Kapitalismus wagen" (Piper) naturgemäß nicht die Hauptrolle. Zuversicht gilt es bei ihm daraus zu schöpfen, dass die Marktwirtschaft aus sich selbst heraus sozial wird, wenn man sie nur hinreichend frei gewähren lässt. Dafür stärkt Franz Müntefering in seinen Gesprächen mit Tissy Bruns, "Macht Politik!" (Herder), dem Sozialstaat den Rücken. Zwar nicht schwächer, aber irgendwie anders muss er freilich schon werden.
Ökonomen werden dagegen ohnehin immer schon gewusst haben, was da auf uns zukam. Und was irritierender ist: Es muss gar nicht falsch sein, ihnen das zu glauben. Obwohl es noch im Umkehrbild eine Prognostizierbarkeit beschwört, an die zu glauben wir uns abgewöhnt haben. War der Verweis auf Naturwüchsigkeit einmal ein denkbar kritisch gemeinter Vorwurf, ist er mittlerweile eine eher nüchterne Feststellung. An sie lässt sich sogar eine Hoffnung knüpfen. Nicht mehr auf vernünftige Steuerung allerdings, sondern auf das richtige Einfügen in einen übergreifenden Naturzusammenhang.
So kann man auch verstehen, was der Ökologe Andreas Weber in "Biokapital" (Berlin Verlag) vorstellt. Vernünftig ist hierbei der Kern, dass in ökonomische Bilanzen der Verbrauch an natürlichen Ressourcen eingehen muss. Aber aufschlussreicher ist, wie daraus eine Programmatik wird, die es nicht unter der endlich gelingenden Versöhnung von Geist und Natur tut. Wozu es nichts anderes braucht, als "die fühlende, schöpferische
Fortsetzung des Artikels von Helmut Mayer auf der folgenden Seite
Produktivität des Lebendigen zum Maßstab des ökonomischen Kalküls zu machen".
Angesichts solcher großgeratenen Rettungsgesten könnte man dann zu einem bodenständigen Ökologen wie Josef Reichholf greifen, der sich der Frage widmet, "Warum Menschen sesshaft wurden" (S. Fischer). Nicht die Nahrungsnot trieb sie dazu, sondern im Gegenteil ihre Wohlversorgtheit, meint Reichholf und folgt damit seiner evolutionstheoretischen Grundmaxime: Keineswegs evolutionäre Engpässe, sondern verfügbare Überschüsse bringen neue Formen hervor.
Priester sind dann unter den ersten Nutznießern solcher kulturstiftender Überschüsse, würde Daniel C. Dennett hinzufügen. Er hat sich mit "Den Bann brechen" (Verlag der Weltreligionen) an eine denkbar tief ansetzende Aufklärung über Herkunft und Beharrlichkeit des Gottesglaubens gemacht. Viel an Überredungskunst zu einer wissenschaftlichen Verhandlung über Nutzen und Nachteil der Religionen wird aufgeboten. Aber die Grundüberzeugung von der möglichen empirischen Testbarkeit der großen Frage, warum denn eine bestimmte Entwicklung, eine bestimmte institutionelle Neuerung, eine Idee sich durchsetzten, wessen Nutzen sie also in einem universal gedachten Wettbewerb um Ressourcen dienten - diese Grundüberzeugung erweist sich dabei selbst eher als Glaubensartikel.
Sollte man also vielleicht besser noch einmal an die historischen Quellen dieser Vorstellung gehen, dass letztlich jede Erklärung historischer Entwicklung des Lebendigen auf die Klärung eines Vorteils in solchem Wettbewerb hinausläuft? Der Weg läuft zu Darwin und ist gebahnt durch das nahende Doppeljubiläum von hundertfünfzigstem Geburtstag der ausformulierten Evolutionstheorie und zweihundertstem Geburtstag ihres Autors.
Von einer Auswahl aus Darwins "Briefen" (Insel) bis zu panoramatischen Darstellungen der Evolutionstheorie reicht das Spektrum. Richard Dawkins steigt von der Kanzel des atheistischen Wissenschaftspredigers herab und zeigt in seinen "Geschichten vom Ursprung des Lebens" (Ullstein), was er besser kann. Jürgen Neffe beließ es für "Darwin. Das Abenteuer des Lebens" (Bertelsmann) nicht bei Lektüren, sondern nutzte den Anlass, um auf Darwins Spuren durch einige nicht mehr ganz so abgelegene Weltteile zu reisen. Und über jüngste Entwicklungen im Bereich der Evolutionsbiologie kann man bei dem Molekularbiologen und Genetiker Sean B. Carroll lesen, der gleich mit zwei Büchern vertreten ist, darunter "Evo Devo. Das neue Bild der Evolution" (Berlin University Press), eine Darstellung der Evolutionären Entwicklungsbiologie.
Der Evolution ist nicht zu entkommen. Der Affenforscher Frans de Waal hat sich in "Primaten und Philosophen" (Hanser) mit der Frage beschäftigt, wie Moralität aus unserem natürlichen Erbteil hervorgegangen sein könnte. Um der Gefahr eines naturalistischen Tunnelblicks vorzubeugen, kann man sich neue Antworten auf die sehr alte Frage "Was ist der Mensch?" (Walter de Gruyter) vor Augen führen.
Welche Vorstellungen von Überwachung und Kontrolle sich jenseits behaupteter Effektivität in Szene setzen, hat Dietmar Kammerer in "Bilder der Überwachung" (Suhrkamp) analysiert. Steuerbarkeit mag als wirtschaftlich-gesellschaftliche Leitvorstellung erodieren, dafür aber setzen sich Mechanismen einer Kontrollgesellschaft in den kleinsten Nischen fest. Auch ein tendenziell monopolisierender Datenriese wie Google weckt zunehmend Misstrauen über seine Techniken der Akkumulation und Analyse von Daten. Lars Reppesgaards "Google Imperium" (Murmann) gibt einen ausgezeichneten Einblick in Entwicklung und Geschäftsstrategien des Suchmaschinenriesen.
Wie lässt sich im digitalen Panoptikum das Eigene klarer sehen? Petra Gehrings exzellente philosophische Geschichte der Unterscheidung zwischen "Traum und Wirklichkeit" (Campus) liefert dazu einige Anhaltspunkte. Auf anregende Weise macht uns auch François Jullien mit Formen der Welt- und Selbstbewältigung vertraut. Julliens "Sino-Philosophie" möchte im Abklopfen einer fremden Tradition neue Möglichkeiten für unsere eigene aufspüren. Die Debatte - nachzulesen in "Kontroverse über China" (Merve) - fragt, ob da wirklich Triftiges zutage gefördert wird oder das ganz Andere nur in exotischen Fluchten beschworen wird.
In der eigenen Tradition kann man sich immer umsehen. Kurt Flasch tut das mit gewohnter Verve auf den "Kampfplätzen der Philosophie" (Klostermann), während sich Kathrin Passig und Sascha Lobo in "Dinge geregelt kriegen. Ohne einen Funken Selbstdisziplin" (Rowohlt) die näherliegenden Kampfplätze unserer Alltags- und vor allem Berufswelten vornehmen. Ein Buch, das sich als Notwehrhilfe gegen die Überforderungen der Welt gibt. Und ein Ratgeber, der das Genre der Ratgeber gekonnt unterläuft, indem er die Versprechungen von Selbstkontrolle und Disziplin aufs Korn nimmt. So viel lässt sich vorhersagen: Die von Passig und Lobo behandelten Techniken des Umgehens und Aufschiebens dringender Verpflichtungen sind krisenresistent.
HELMUT MAYER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie lernen wir, uns neu zu steuern?
Die Krise ist da, die vielen Bücher über ihre Ursachen und Auswirkungen werden erst noch kommen. So schnell wie Börsenkurse stürzen, lassen sie sich schließlich nicht auf den Markt bringen, dessen Zustand einzuschätzen ist. Aber es gibt ein Buch, das die Krise kurz vor ihrem Eintreten gleichsam vorwegnahm und als Systemkrise einer erhellenden Analyse unterzog. Erschienen im letzten Jahr, ist es nun das Buch der Stunde: Rolf Stürners "Markt und Wettbewerb über alles? Gesellschaft und Recht im Fokus neoliberaler Marktideologie". Der C. H. Beck Verlag stellt den Autor, Rechtsprofessor in Freiburg, denn auch ins Zentrum seines diesjährigen Buchmesseauftritts. Mit Gewinn wird man auch den Soziologen Sighard Neckel konsultieren, der in "Flucht nach vorn. Die Erfolgskultur der Marktgesellschaft" (Campus) den kulturellen Kapitalismus unserer Gegenwart als ökonomisierte Lebensform unter Erfolgszwang begutachtet.
Die Paradoxien, die dabei in den Blick kommen, spielen in Friedrich Merz' "Mehr Kapitalismus wagen" (Piper) naturgemäß nicht die Hauptrolle. Zuversicht gilt es bei ihm daraus zu schöpfen, dass die Marktwirtschaft aus sich selbst heraus sozial wird, wenn man sie nur hinreichend frei gewähren lässt. Dafür stärkt Franz Müntefering in seinen Gesprächen mit Tissy Bruns, "Macht Politik!" (Herder), dem Sozialstaat den Rücken. Zwar nicht schwächer, aber irgendwie anders muss er freilich schon werden.
Ökonomen werden dagegen ohnehin immer schon gewusst haben, was da auf uns zukam. Und was irritierender ist: Es muss gar nicht falsch sein, ihnen das zu glauben. Obwohl es noch im Umkehrbild eine Prognostizierbarkeit beschwört, an die zu glauben wir uns abgewöhnt haben. War der Verweis auf Naturwüchsigkeit einmal ein denkbar kritisch gemeinter Vorwurf, ist er mittlerweile eine eher nüchterne Feststellung. An sie lässt sich sogar eine Hoffnung knüpfen. Nicht mehr auf vernünftige Steuerung allerdings, sondern auf das richtige Einfügen in einen übergreifenden Naturzusammenhang.
So kann man auch verstehen, was der Ökologe Andreas Weber in "Biokapital" (Berlin Verlag) vorstellt. Vernünftig ist hierbei der Kern, dass in ökonomische Bilanzen der Verbrauch an natürlichen Ressourcen eingehen muss. Aber aufschlussreicher ist, wie daraus eine Programmatik wird, die es nicht unter der endlich gelingenden Versöhnung von Geist und Natur tut. Wozu es nichts anderes braucht, als "die fühlende, schöpferische
Fortsetzung des Artikels von Helmut Mayer auf der folgenden Seite
Produktivität des Lebendigen zum Maßstab des ökonomischen Kalküls zu machen".
Angesichts solcher großgeratenen Rettungsgesten könnte man dann zu einem bodenständigen Ökologen wie Josef Reichholf greifen, der sich der Frage widmet, "Warum Menschen sesshaft wurden" (S. Fischer). Nicht die Nahrungsnot trieb sie dazu, sondern im Gegenteil ihre Wohlversorgtheit, meint Reichholf und folgt damit seiner evolutionstheoretischen Grundmaxime: Keineswegs evolutionäre Engpässe, sondern verfügbare Überschüsse bringen neue Formen hervor.
Priester sind dann unter den ersten Nutznießern solcher kulturstiftender Überschüsse, würde Daniel C. Dennett hinzufügen. Er hat sich mit "Den Bann brechen" (Verlag der Weltreligionen) an eine denkbar tief ansetzende Aufklärung über Herkunft und Beharrlichkeit des Gottesglaubens gemacht. Viel an Überredungskunst zu einer wissenschaftlichen Verhandlung über Nutzen und Nachteil der Religionen wird aufgeboten. Aber die Grundüberzeugung von der möglichen empirischen Testbarkeit der großen Frage, warum denn eine bestimmte Entwicklung, eine bestimmte institutionelle Neuerung, eine Idee sich durchsetzten, wessen Nutzen sie also in einem universal gedachten Wettbewerb um Ressourcen dienten - diese Grundüberzeugung erweist sich dabei selbst eher als Glaubensartikel.
Sollte man also vielleicht besser noch einmal an die historischen Quellen dieser Vorstellung gehen, dass letztlich jede Erklärung historischer Entwicklung des Lebendigen auf die Klärung eines Vorteils in solchem Wettbewerb hinausläuft? Der Weg läuft zu Darwin und ist gebahnt durch das nahende Doppeljubiläum von hundertfünfzigstem Geburtstag der ausformulierten Evolutionstheorie und zweihundertstem Geburtstag ihres Autors.
Von einer Auswahl aus Darwins "Briefen" (Insel) bis zu panoramatischen Darstellungen der Evolutionstheorie reicht das Spektrum. Richard Dawkins steigt von der Kanzel des atheistischen Wissenschaftspredigers herab und zeigt in seinen "Geschichten vom Ursprung des Lebens" (Ullstein), was er besser kann. Jürgen Neffe beließ es für "Darwin. Das Abenteuer des Lebens" (Bertelsmann) nicht bei Lektüren, sondern nutzte den Anlass, um auf Darwins Spuren durch einige nicht mehr ganz so abgelegene Weltteile zu reisen. Und über jüngste Entwicklungen im Bereich der Evolutionsbiologie kann man bei dem Molekularbiologen und Genetiker Sean B. Carroll lesen, der gleich mit zwei Büchern vertreten ist, darunter "Evo Devo. Das neue Bild der Evolution" (Berlin University Press), eine Darstellung der Evolutionären Entwicklungsbiologie.
Der Evolution ist nicht zu entkommen. Der Affenforscher Frans de Waal hat sich in "Primaten und Philosophen" (Hanser) mit der Frage beschäftigt, wie Moralität aus unserem natürlichen Erbteil hervorgegangen sein könnte. Um der Gefahr eines naturalistischen Tunnelblicks vorzubeugen, kann man sich neue Antworten auf die sehr alte Frage "Was ist der Mensch?" (Walter de Gruyter) vor Augen führen.
Welche Vorstellungen von Überwachung und Kontrolle sich jenseits behaupteter Effektivität in Szene setzen, hat Dietmar Kammerer in "Bilder der Überwachung" (Suhrkamp) analysiert. Steuerbarkeit mag als wirtschaftlich-gesellschaftliche Leitvorstellung erodieren, dafür aber setzen sich Mechanismen einer Kontrollgesellschaft in den kleinsten Nischen fest. Auch ein tendenziell monopolisierender Datenriese wie Google weckt zunehmend Misstrauen über seine Techniken der Akkumulation und Analyse von Daten. Lars Reppesgaards "Google Imperium" (Murmann) gibt einen ausgezeichneten Einblick in Entwicklung und Geschäftsstrategien des Suchmaschinenriesen.
Wie lässt sich im digitalen Panoptikum das Eigene klarer sehen? Petra Gehrings exzellente philosophische Geschichte der Unterscheidung zwischen "Traum und Wirklichkeit" (Campus) liefert dazu einige Anhaltspunkte. Auf anregende Weise macht uns auch François Jullien mit Formen der Welt- und Selbstbewältigung vertraut. Julliens "Sino-Philosophie" möchte im Abklopfen einer fremden Tradition neue Möglichkeiten für unsere eigene aufspüren. Die Debatte - nachzulesen in "Kontroverse über China" (Merve) - fragt, ob da wirklich Triftiges zutage gefördert wird oder das ganz Andere nur in exotischen Fluchten beschworen wird.
In der eigenen Tradition kann man sich immer umsehen. Kurt Flasch tut das mit gewohnter Verve auf den "Kampfplätzen der Philosophie" (Klostermann), während sich Kathrin Passig und Sascha Lobo in "Dinge geregelt kriegen. Ohne einen Funken Selbstdisziplin" (Rowohlt) die näherliegenden Kampfplätze unserer Alltags- und vor allem Berufswelten vornehmen. Ein Buch, das sich als Notwehrhilfe gegen die Überforderungen der Welt gibt. Und ein Ratgeber, der das Genre der Ratgeber gekonnt unterläuft, indem er die Versprechungen von Selbstkontrolle und Disziplin aufs Korn nimmt. So viel lässt sich vorhersagen: Die von Passig und Lobo behandelten Techniken des Umgehens und Aufschiebens dringender Verpflichtungen sind krisenresistent.
HELMUT MAYER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Mit Interesse hat sich Rezensent Harry Nutt diesen Sammelband mit jüngeren Aufsätzen des Soziologen Sighard Neckel angesehen. In Auseinandersetzung mit den Paradoxien der Gegenwart entwirft Neckel eine "Ökonomie der Gefühle und symbolischen Zeichen". Die kommt zum Beispiel zum Tragen, wenn es um Erfolg und Misserfolg geht: Längst hat sich der Kapitalismus Neckel zufolge vom alten Leistungsprinzip abgespalten, und es geht nicht mehr darum, dass sich Arbeitsaufwand und -ertrag entsprechen. Statt auf Leistung basiere Erfolg heute auf emotionalen Kriterien wie Attraktivität. Das unternehmerische Selbst als neues Leitbild, das alle Verantwortung allein auf das Individuum verschiebt, verdränge dabei gesellschaftliche Solidaritäten, erläutert der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Erfolg, der zählt
"Eine Soziologie des kulturellen Kapitalismus." (Frankfurter Rundschau, 09.12.2008)
"Eine Soziologie des kulturellen Kapitalismus." (Frankfurter Rundschau, 09.12.2008)