Für die Entwicklung einer administrativen Entschädigungspraxis der nationalsozialistischen Verbrechen nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland waren Papierdokumente von zentraler Bedeutung. Am Beispiel des Verfahrens der Hamburger Jüdin Elsa Saenger von 1948 bis 1959 zeigt Sina Sauer, dass Formulare keine passiven Informationsträger sind, sondern Ergebnis und Folie diskursiver Gestaltungsprozesse, die Werte- und Normenvorstellungen ihrer Erstellenden abbilden. Aufgrund ihrer semiotischen Spezifik übernahmen Formulare die ordnende Aufgabe, das weitläufige Feld der Entschädigung antisemitischer und rassistischer Enteignungspolitik in der bundesdeutschen Nachkriegszeit verwaltbar zu machen - oder zumindest deren Versuch.