Als Architekt gehörte Fritz Block (1889-1955) zu den engagierten Vertretern des Neuen Bauens in Deutschland. Ab 1929 brachte er den Impuls der Moderne auch als Fotograf zum Ausdruck und trat mit Aufnahmen von Technik, Natur und Menschen im Stil der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens hervor. Daneben lieferte er bildjournalistische Städte- und Reisereportagen mit der Leica aus Paris, Marseille und Nordafrika sowie 1931 aus den USA. Wegen seiner jüdischen Herkunft waren ihm in Deutschland ab 1933 die Arbeit als Architekt und die Veröffentlichung seiner Bilder verwehrt. Auf Auslandsreisen setzte er seine Fotografie jedoch fort. Schliesslich emigrierte er 1938 in die USA, wo er in Los Angeles die Fotografie zu seinem Hauptberuf machte.«Foto-Auge Fritz Block» ist das erste Buch über das fotografische Werk des Architekten. Es reicht von der Neuen Fotografie der 1920er-Jahre in Deutschland bis zur Farbfotografie der 1940er-Jahre in den USA. Eine Wiederentdeckung sind vor allem die Farbdia- Serien, die Block im Exil für einen fortschrittlichen Kunstunterricht produziert hat, darunter viele Aufnahmen von Bauten der kalifornischen Architekturmoderne.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungJENSEITS VOM BAUHAUS
VON NIKLAS MAAK
Wie haben es die Veranstalter der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des Bauhauses bloß geschafft, dass schon im März alle entnervt die Augen verdrehen, wenn überhaupt nur das Wort "Bauhaus" auftaucht? Vielleicht liegt es daran, dass sie mit einer erstaunlichen Breitbeinigkeit alles, was irgendwie weiß und quadratisch ist, rückwirkend mit einem "Copyright Bauhaus / Made in Germany"-Sticker versehen; sogar das weiße Tel Aviv steht plötzlich so da, als sei es ein großzügiges Geschenk des deutschen Reichs, für das man zum Jubiläum noch ein Dankesschreiben aus Israel erwartet, während man eher nichts darüber erfährt, was die jüdischen Architekten, die um 1920 aus der Levante ans Bauhaus kamen, aus ihrer Heimat an Ideen und weißen Formen mitbrachten.
Es mag aber auch daran liegen, dass so viele Geschichten, die man noch nicht gehört hat, im nationalen Alles-Bauhaus-Selbstbeweihräucherungsfuror unterzugehen drohen. Eine dieser Geschichten hat Roland Jaeger nach jahrelanger Recherche in einem großartigen Buch gehoben ("Foto-Auge. Fritz Block", Verlag Scheidegger & Spiess) - die des Fotografen und Architekten Fritz Block, der 1889 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Warburg geboren wurde, 1921 mit Ernst Hochfeld in Hamburg ein Architekturbüro eröffnete und Wohnblocks baute, die ein wenig an das rote Wien erinnerten und besser als das meiste waren, was am Bauhaus an Massenwohnungsbau ersonnen wurde. Block und Hochfeld bauten 1928 in Hamburg auch das "Deutschlandhaus", dessen geschwungene Backsteinfassade mit ihren horizontalen Fensterbändern Hamburg etwas von der Eleganz der Streamliner und der Chicagoer Moderne verlieh. Um den Bau zu dokumentieren, kaufte sich Block damals eine Kamera und ein paar Bücher der Fotografen Renger-Patzsch und Moholy-Nagy, den Gropius 1923 ans Bauhaus geholt hatte, um zu verhindern, dass die Kunstschule komplett in den obskurantistischen Lehren des Esoterikers Johannes Itten versank. Block, der Architekt, der eigentlich nur seine Häuser so fotografieren wollte, dass man ihre Modernität begreift, wurde jetzt zum Reporter jenes modernen Lebens, dem er mit seinen Bauten einen Rahmen hatte geben wollen. Weil nach der Weltwirtschaftskrise kaum noch Aufträge kamen, reiste er nach Frankreich und in die Vereinigten Staaten, seine Frau Anna-Sophie schrieb Texte zu seinen Aufnahmen, deren Zauber darin lag, wie sie die Freiheit eines modernen Lebens feierten. Block veröffentlichte in deutschen und französischen Illustrierten: Man sah die euphorische Frischgewaschenheit der neuen Bauten, das stählerne Geäst von Werften und Bohrtürmen und Brücken, die in seinen Bildern als Gerüste des globalen Fortschritts glänzen, dazu den flackernden Puls von Autofabriken, Leuchtreklamen, Gleisen, Scheinwerfern, Turbinen, Sirenen, Übernächtigten, Fiebrigen, Aufgekratzten - und immer zeigen seine Bilder auch die Bewohner der neuen Welt: Eine Studentin liest 1930, lässig über zwei Stühle gestreckt, ihre Seminarunterlagen im Jardin du Luxembourg; ein paar Kinder gehen 1931 in Harlem zur Schule; im Gellért-Bad in Budapest zündet sich 1932 eine Schwimmerin mit einer geradezu abenteuerlich modernen Eleganz eine Zigarette an, die sie ihrer am Beckenrand neben einem Drink bereitliegenden Handtasche entnahm. Es ist das Bild eines Anfangs und eines Endes. 1933 erhalten die Blocks Berufsverbot, 1938 emigrieren sie nach Los Angeles, wo Fritz Block auch aus Not die Fotografie zu seinem Hauptberuf macht. Er fotografiert die Werke der neuen Architektur als einer der Ersten in Farbe. Eine Aufnahme von 1948 zeigt ein Paar, das vor der modernen Frey Residence in Palm Springs am Pool liegt. Alles hier ist neu, allenfalls lebt das Bild der Trapper als fernes Echo weiter: Der Pool ist eine abstrahierte Tränke, der Sportwagen das neue Pferd, das verglaste Haus ist das Zelt, der Kamin die Feuerstelle. Ansonsten: keine Spur von Geschichte. Das Wasser glitzert, die roten Polster leuchten neu und weich, hinten flimmert die dunstige Hitze der Wüste. Der Holocaust ist drei Jahre her. Fritz Block stirbt 1955 in Los Angeles, ohne seine Heimat wiederzusehen; bis dieses Buch erschien, war seine Geschichte fast vergessen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
VON NIKLAS MAAK
Wie haben es die Veranstalter der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des Bauhauses bloß geschafft, dass schon im März alle entnervt die Augen verdrehen, wenn überhaupt nur das Wort "Bauhaus" auftaucht? Vielleicht liegt es daran, dass sie mit einer erstaunlichen Breitbeinigkeit alles, was irgendwie weiß und quadratisch ist, rückwirkend mit einem "Copyright Bauhaus / Made in Germany"-Sticker versehen; sogar das weiße Tel Aviv steht plötzlich so da, als sei es ein großzügiges Geschenk des deutschen Reichs, für das man zum Jubiläum noch ein Dankesschreiben aus Israel erwartet, während man eher nichts darüber erfährt, was die jüdischen Architekten, die um 1920 aus der Levante ans Bauhaus kamen, aus ihrer Heimat an Ideen und weißen Formen mitbrachten.
Es mag aber auch daran liegen, dass so viele Geschichten, die man noch nicht gehört hat, im nationalen Alles-Bauhaus-Selbstbeweihräucherungsfuror unterzugehen drohen. Eine dieser Geschichten hat Roland Jaeger nach jahrelanger Recherche in einem großartigen Buch gehoben ("Foto-Auge. Fritz Block", Verlag Scheidegger & Spiess) - die des Fotografen und Architekten Fritz Block, der 1889 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Warburg geboren wurde, 1921 mit Ernst Hochfeld in Hamburg ein Architekturbüro eröffnete und Wohnblocks baute, die ein wenig an das rote Wien erinnerten und besser als das meiste waren, was am Bauhaus an Massenwohnungsbau ersonnen wurde. Block und Hochfeld bauten 1928 in Hamburg auch das "Deutschlandhaus", dessen geschwungene Backsteinfassade mit ihren horizontalen Fensterbändern Hamburg etwas von der Eleganz der Streamliner und der Chicagoer Moderne verlieh. Um den Bau zu dokumentieren, kaufte sich Block damals eine Kamera und ein paar Bücher der Fotografen Renger-Patzsch und Moholy-Nagy, den Gropius 1923 ans Bauhaus geholt hatte, um zu verhindern, dass die Kunstschule komplett in den obskurantistischen Lehren des Esoterikers Johannes Itten versank. Block, der Architekt, der eigentlich nur seine Häuser so fotografieren wollte, dass man ihre Modernität begreift, wurde jetzt zum Reporter jenes modernen Lebens, dem er mit seinen Bauten einen Rahmen hatte geben wollen. Weil nach der Weltwirtschaftskrise kaum noch Aufträge kamen, reiste er nach Frankreich und in die Vereinigten Staaten, seine Frau Anna-Sophie schrieb Texte zu seinen Aufnahmen, deren Zauber darin lag, wie sie die Freiheit eines modernen Lebens feierten. Block veröffentlichte in deutschen und französischen Illustrierten: Man sah die euphorische Frischgewaschenheit der neuen Bauten, das stählerne Geäst von Werften und Bohrtürmen und Brücken, die in seinen Bildern als Gerüste des globalen Fortschritts glänzen, dazu den flackernden Puls von Autofabriken, Leuchtreklamen, Gleisen, Scheinwerfern, Turbinen, Sirenen, Übernächtigten, Fiebrigen, Aufgekratzten - und immer zeigen seine Bilder auch die Bewohner der neuen Welt: Eine Studentin liest 1930, lässig über zwei Stühle gestreckt, ihre Seminarunterlagen im Jardin du Luxembourg; ein paar Kinder gehen 1931 in Harlem zur Schule; im Gellért-Bad in Budapest zündet sich 1932 eine Schwimmerin mit einer geradezu abenteuerlich modernen Eleganz eine Zigarette an, die sie ihrer am Beckenrand neben einem Drink bereitliegenden Handtasche entnahm. Es ist das Bild eines Anfangs und eines Endes. 1933 erhalten die Blocks Berufsverbot, 1938 emigrieren sie nach Los Angeles, wo Fritz Block auch aus Not die Fotografie zu seinem Hauptberuf macht. Er fotografiert die Werke der neuen Architektur als einer der Ersten in Farbe. Eine Aufnahme von 1948 zeigt ein Paar, das vor der modernen Frey Residence in Palm Springs am Pool liegt. Alles hier ist neu, allenfalls lebt das Bild der Trapper als fernes Echo weiter: Der Pool ist eine abstrahierte Tränke, der Sportwagen das neue Pferd, das verglaste Haus ist das Zelt, der Kamin die Feuerstelle. Ansonsten: keine Spur von Geschichte. Das Wasser glitzert, die roten Polster leuchten neu und weich, hinten flimmert die dunstige Hitze der Wüste. Der Holocaust ist drei Jahre her. Fritz Block stirbt 1955 in Los Angeles, ohne seine Heimat wiederzusehen; bis dieses Buch erschien, war seine Geschichte fast vergessen.
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