*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
Es muss eine ziemlich auffällige Truppe gewesen sein, die sich im Januar 1974 in Richtung USA aufmachte: Joseph Beuys mit Hut, Klaus Staeck, berüchtigter Politaktivist und Plakatkünstler, sowie der gerade einmal 24 Jahre
junge Gerhard Steidl, der erst fünf Jahre zuvor seinen später weltberühmten Verlag mit Druckerei…mehr*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
Es muss eine ziemlich auffällige Truppe gewesen sein, die sich im Januar 1974 in Richtung USA aufmachte: Joseph Beuys mit Hut, Klaus Staeck, berüchtigter Politaktivist und Plakatkünstler, sowie der gerade einmal 24 Jahre junge Gerhard Steidl, der erst fünf Jahre zuvor seinen später weltberühmten Verlag mit Druckerei gegründet hatte. Beuys hatte die zehntägige Reise in allen Details persönlich geplant, organisiert wurde sie ebenso minutiös vom New Yorker Galeristen Ronald Feldman. Es war für alle drei Teilnehmer die erste Begegnung mit den Vereinigten Staaten, die von den Medien mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Und nicht nur von den Medien: Gerhard Steidl, der mit 16 Jahren als Fotograf sein erstes Geld verdiente, begleitete die Pressekonferenzen, Vorlesungen und spontanen Happenings mit seiner Kamera. Dabei entstand auch das ikonische Bild, in dem Beuys im wehenden Pelzmantel über einen Bürgersteig hastet, der Hintergrund von der mitgezogenen Kamera verwischt - an Dynamik kaum noch zu übertreffen. Dieses Bild liegt der Vorzugsausgabe „Joseph Beuys“ als von Steidl signierter und limitierter Tritone-Druck bei. Tritone besitzt eine unübertroffene Breite an Grautönen und erreicht gleichzeitig ein tiefes Schwarz bei selbst mit der Lupe kaum wahrnehmbarer Rasterung. Es kommt einem originalen Fotoabzug so nahe, wie nur eben möglich, ein kleines Wunder der Drucktechnik.
Insgesamt enthält die Box vier Werke über Beuys, der 2022 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte: „Beuys in America“ ist eine aktualisierte Ausgabe seines letzten persönlich kuratierten Buchs, das postum 1987 erschien und die fotografische Essenz der USA Reise darstellt. „Honey is flowing in all directions“ dokumentiert Beuys‘ gleichnamige Installation auf der documenta6 in Kassel (1977), ein monumentales Projekt, das den Künstler fast in den Ruin (und den Wahnsinn) trieb. Ebenfalls auf der documenta6 entstanden ist der „Periphery Workshop“, ein Ableger der „Free International University“, die Beuys 1973 als Reaktion auf seinen spektakulären Rauswurf an der Kunstakademie in Düsseldorf gründete. Beuys sah den freien Zugang aller sozialen Schichten zur Kunst eingeschränkt und hatte daher sämtliche Bewerber für seine Akademieklasse zugelassen, was zum Konflikt mit der Landesregierung führte. In der Free International University öffnete Beuys dann seine Vorlesungen in Kassel (wie übrigens auch schon in den USA) für jedermann. Die Kreidetafeln, die er damals beschrieb, wischte er anschließend wieder aus und so sind Gerhard Steidls Fotos tatsächlich die letzten Zeugen dieser politischen Performance.
„Das Wirtschaftswertprinzip“, der vierte Band im Konvolut, ist wiederum eine Installation oder eher ein Projekt, das seinen Ursprung in den Vorlesungen der Free University hat. Erstmals ausgestellt wurden die Wirtschaftswerte 1980. Die Neuauflage des Buchs mit den Fotos von Gerhard Steidl und dem äußerst präzise formulierten Beitrag zu Beuys‘ Kunsttheorie durch Jan Hoet und Bart De Baere, zeigt sowohl die einzelnen Elemente der „Wirtschaftswerte“ als auch den Vorgang der Installation im Museum Gent.
Da Beuys nie das physische Objekt in den Fokus stellte, sondern Kunst als Ausfluss politischer Ideen begriff, die er durch Performance bzw. die Auswahl vergänglicher Materialien auch zeitlich begrenzte, kommt das Foto Beuys‘ Ansatz wahrscheinlich näher als jeder Text und erst Recht als jedes Objekt. Es dokumentiert einen zeitlichen Ablauf, den ein Kunst“werk“ nicht mehr darstellen kann. Insofern gibt es zwei Bindeglieder für die vier im Schuber versammelten Bücher: Das sind zum einen die Personen Joseph Beuys, Klaus Staeck und Gerhard Steidl, die zeitlebens eng verbunden waren. Steidl sieht Beuys heute noch als seinen Ziehvater, mit Staeck macht er immer noch zusammen Bücher. Zum anderen ist es das Medium Fotografie, die Beuys‘ impulsive Lebendigkeit noch einmal erweckt und gleichzeitig den