"A 'choral history' of African Americans covering 400 years of history in the voices of 80 writers, edited by the bestselling, National Book Award-winning historian Ibram X. Kendi and Keisha N. Blain. Last year marked the four hundredth anniversary of the first African presence in the Americas--and also launched the Four Hundred Souls project, spearheaded by Ibram X. Kendi, director of the Antiracism Institute of American University, and Keisha Blain, editor of The North Star. They've gathered together eighty black writers from all disciplines -- historians and artists, journalists and novelists--each of whom has contributed an entry about one five-year period to create a dynamic multivoiced single-volume history of black people in America"--
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Frankfurter Allgemeine ZeitungSchwarze Stimmen
Vor zwei Jahren initiierte die New York Times ihr seither höchst kontrovers diskutiertes "1619 Project". Das zentrale Argument der Artikelserie lautete: Die nationale Entwicklung der Vereinigten Staaten fußt nicht auf dem 4. Juli 1776, dem Tag der Verkündung der Unabhängigkeitserklärung, sondern auf dem August 1619, als die ersten afrikanischen Sklaven in Virginia anlandeten. Dieses Datum nimmt auch eine beeindruckende neue Anthologie zum Ausgangspunkt, um vierhundert Jahre afroamerikanische Erfahrung durch einen "Chor schwarzer Stimmen" erzählen zu lassen. "Four Hundred Souls" landete binnen Kurzem auf dem ersten Platz der Sachbuchliste der New York Times.
Die Herausgeber des Bandes, die Historiker Ibram X. Kendi, hierzulande bekannt durch sein Buch "Gebrandmarkt. Die wahre Geschichte des Rassismus in Amerika" sowie seinen provokanten Essay "How to be an Antiracist", und Keisha N. Blain, Autorin einer preisgekrönten Studie über die Bedeutung schwarzer Frauen für nationale und panafrikanische Bewegungen, haben achtzig kurze Texte sowie zehn Gedichte aus der Feder afroamerikanischer Wissenschaftler, Journalisten, Künstler und Aktivisten zusammengestellt.
Das Buch ist sowohl chronologisch als auch thematisch gegliedert, wobei jeder Autor in einem Essay eine Periode von fünf Jahren abdeckt. Die Beiträge handeln von einem Ort, einer Person, einem Objekt, Gesetz oder Ereignis und verbinden die Vergangenheit mit der Gegenwart. Sie dokumentieren die Konstruktion eines rassistischen Amerikas von der Etablierung der Sklaverei über die Jim-Crow-Gesetze bis zur Tötung von Michael Brown durch einen weißen Polizisten in Ferguson im August 2014. Und sie berichten vom schwarzen Widerstand, von den Rebellionen der Versklavten im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert, der Black-Power-Bewegung und Black Lives Matter.
Neben Porträts bekannter Persönlichkeiten wie Frederick Douglass, Booker T. Washington und Zora Neale Hurston fördern die Essays zahlreiche weniger geläufige Biographien zutage. Die Vignette der Bioethikerin Harriet A. Washington zeichnet das Schicksal des schwarzen New Yorkers James McCune Smith nach, dem in den Vereinigten Staaten ein Medizinstudium versagt blieb. Mit der finanziellen Unterstützung abolitionistischer Gruppen konnte er in den 1830er Jahren jedoch an der renommierten Universität in Glasgow eine ausgezeichnete ärztliche Ausbildung erhalten und wurde nach seiner Rückkehr in Nordamerika zu einer wichtigen, inzwischen lange vergessenen Stimme gegen die Sklaverei. Die Schriftstellerin Ijeoma Oluo thematisiert den Fall von Hugh Davis, dem ersten weißen Kolonisten, der - 1630 - ausgepeitscht wurde, weil er mit einer schwarzen Sklavin geschlafen hatte. Aus diesem Ereignis erwuchs der die nordamerikanische Geschichte fortan prägende juristische Grundsatz der "one drop rule", nach dem alle Personen als "schwarz" galten, denen ein "schwarzafrikanischer" Vorfahre nachgewiesen werden konnte.
Einer der thematischen Fäden, der sich durch das Buch zieht, ist Sex zwischen "Weißen" und "Schwarzen", eines der größten Tabus des Rassismus. Crystal N. Feimsters Beitrag stellt die bemerkenswerte, höchst couragierte Kampagne der schwarzen Journalistin Ida B. Wells-Barnett gegen das Lynchen im späten neunzehnten Jahrhundert vor. Dieses klug komponierte Lesebuch bietet einen vorzüglichen und originellen Einstieg in die Geschichte Afroamerikas.
ANDREAS ECKERT
"Four Hundred Souls". A Community History of African America. 1619-2019.
Hrsg. von Ibram X. Kendi und Keisha N. Blain. One World, New York 2021. 504 S., geb., 19,99 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vor zwei Jahren initiierte die New York Times ihr seither höchst kontrovers diskutiertes "1619 Project". Das zentrale Argument der Artikelserie lautete: Die nationale Entwicklung der Vereinigten Staaten fußt nicht auf dem 4. Juli 1776, dem Tag der Verkündung der Unabhängigkeitserklärung, sondern auf dem August 1619, als die ersten afrikanischen Sklaven in Virginia anlandeten. Dieses Datum nimmt auch eine beeindruckende neue Anthologie zum Ausgangspunkt, um vierhundert Jahre afroamerikanische Erfahrung durch einen "Chor schwarzer Stimmen" erzählen zu lassen. "Four Hundred Souls" landete binnen Kurzem auf dem ersten Platz der Sachbuchliste der New York Times.
Die Herausgeber des Bandes, die Historiker Ibram X. Kendi, hierzulande bekannt durch sein Buch "Gebrandmarkt. Die wahre Geschichte des Rassismus in Amerika" sowie seinen provokanten Essay "How to be an Antiracist", und Keisha N. Blain, Autorin einer preisgekrönten Studie über die Bedeutung schwarzer Frauen für nationale und panafrikanische Bewegungen, haben achtzig kurze Texte sowie zehn Gedichte aus der Feder afroamerikanischer Wissenschaftler, Journalisten, Künstler und Aktivisten zusammengestellt.
Das Buch ist sowohl chronologisch als auch thematisch gegliedert, wobei jeder Autor in einem Essay eine Periode von fünf Jahren abdeckt. Die Beiträge handeln von einem Ort, einer Person, einem Objekt, Gesetz oder Ereignis und verbinden die Vergangenheit mit der Gegenwart. Sie dokumentieren die Konstruktion eines rassistischen Amerikas von der Etablierung der Sklaverei über die Jim-Crow-Gesetze bis zur Tötung von Michael Brown durch einen weißen Polizisten in Ferguson im August 2014. Und sie berichten vom schwarzen Widerstand, von den Rebellionen der Versklavten im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert, der Black-Power-Bewegung und Black Lives Matter.
Neben Porträts bekannter Persönlichkeiten wie Frederick Douglass, Booker T. Washington und Zora Neale Hurston fördern die Essays zahlreiche weniger geläufige Biographien zutage. Die Vignette der Bioethikerin Harriet A. Washington zeichnet das Schicksal des schwarzen New Yorkers James McCune Smith nach, dem in den Vereinigten Staaten ein Medizinstudium versagt blieb. Mit der finanziellen Unterstützung abolitionistischer Gruppen konnte er in den 1830er Jahren jedoch an der renommierten Universität in Glasgow eine ausgezeichnete ärztliche Ausbildung erhalten und wurde nach seiner Rückkehr in Nordamerika zu einer wichtigen, inzwischen lange vergessenen Stimme gegen die Sklaverei. Die Schriftstellerin Ijeoma Oluo thematisiert den Fall von Hugh Davis, dem ersten weißen Kolonisten, der - 1630 - ausgepeitscht wurde, weil er mit einer schwarzen Sklavin geschlafen hatte. Aus diesem Ereignis erwuchs der die nordamerikanische Geschichte fortan prägende juristische Grundsatz der "one drop rule", nach dem alle Personen als "schwarz" galten, denen ein "schwarzafrikanischer" Vorfahre nachgewiesen werden konnte.
Einer der thematischen Fäden, der sich durch das Buch zieht, ist Sex zwischen "Weißen" und "Schwarzen", eines der größten Tabus des Rassismus. Crystal N. Feimsters Beitrag stellt die bemerkenswerte, höchst couragierte Kampagne der schwarzen Journalistin Ida B. Wells-Barnett gegen das Lynchen im späten neunzehnten Jahrhundert vor. Dieses klug komponierte Lesebuch bietet einen vorzüglichen und originellen Einstieg in die Geschichte Afroamerikas.
ANDREAS ECKERT
"Four Hundred Souls". A Community History of African America. 1619-2019.
Hrsg. von Ibram X. Kendi und Keisha N. Blain. One World, New York 2021. 504 S., geb., 19,99 [Euro]
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