Authentischer Insider-Report über die wirkliche Situation der Soldaten in Afghanistan
»Zehn Jahre Afghanistankrieg - ein unangenehmes, peinliches Datum«, schrieb die »Zeit« im Herbst 2011 und nannte diesen Krieg eine »schwer erträgliche Last« für den Westen. Diese Last tragen seit zehn Jahren auch deutsche Soldaten. Der Journalist Jonathan Schnitt wollte sehen, hören, spüren, was das, aus der Nähe betrachtet, bedeutet - jeden Tag, jede Nacht.
Er lebte ein halbes Jahr mit einem deutschen Bataillon nahe Kundus, das »an vorderster Front« Dienst tat, teilte mit den jungen Frauen und Männern Hitze, Dreck, Flöhe, Anstrengung, Angst. Er sprach mit ihnen über ihre Erlebnisse, Gefühle, Wünsche und über die Gefahr, dem Tod zu begegnen. Und er sah, wie der Krieg sie veränderte. Jonathan Schnitt rückt aus der Innenperspektive endlich die Soldaten in den Mittelpunkt und zeigt das ungeschminkte deutsche Gesicht des Afghanistankrieges - hautnah, illusionslos, berührend.
»Zehn Jahre Afghanistankrieg - ein unangenehmes, peinliches Datum«, schrieb die »Zeit« im Herbst 2011 und nannte diesen Krieg eine »schwer erträgliche Last« für den Westen. Diese Last tragen seit zehn Jahren auch deutsche Soldaten. Der Journalist Jonathan Schnitt wollte sehen, hören, spüren, was das, aus der Nähe betrachtet, bedeutet - jeden Tag, jede Nacht.
Er lebte ein halbes Jahr mit einem deutschen Bataillon nahe Kundus, das »an vorderster Front« Dienst tat, teilte mit den jungen Frauen und Männern Hitze, Dreck, Flöhe, Anstrengung, Angst. Er sprach mit ihnen über ihre Erlebnisse, Gefühle, Wünsche und über die Gefahr, dem Tod zu begegnen. Und er sah, wie der Krieg sie veränderte. Jonathan Schnitt rückt aus der Innenperspektive endlich die Soldaten in den Mittelpunkt und zeigt das ungeschminkte deutsche Gesicht des Afghanistankrieges - hautnah, illusionslos, berührend.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.09.2012Embedded im Dingo
Sechs Monate in Afghanistan – mit magerem Resultat
In Afghanistan ist es meistens heiß und staubig, im Winter aber eisig kalt. Wie sinnvoll der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch ist, wird sich endgültig erst nach dem Abzug der Soldaten zeigen. Mit diesen beiden Sätzen ist der dünne Kern eines Buches mit dem Titel „Foxtrott 4“ schon weitgehend im Kern wiedergegeben. „Foxtrot“ ist die Bezeichnung für den sechsten Buchstaben im Nato-Alphabet, wenn auch in korrektem Englisch hinten nur mit einem „t“ geschrieben.
Foxtrott 4 – mit wieviel t’s auch immer – steht für den vierten Dingo-Radpanzer im sechsten Zug der dritten Kompanie im PRT Kunduz, einem Feldlager der Bundeswehr in Nordafghanistan, einem „Provincial Reconstruction Team“, das nicht nur kämpfen, sondern, zumindest in der Theorie, auch „aufbauen“ soll. Man sieht: Die Nato liebt Abkürzungen und Zahlen.
Etwas schreierisch schreibt der Verlag, die Antworten des Autors Jonathan Schnitt „passen nicht in den politischen Mainstream“. Davon merkt man bei der Lektüre nichts. Dass die Soldaten skeptisch, häufig gelangweilt sind und den Afghanen misstrauen, hat man eigentlich auch schon vorher angenommen.
Schnitt, Jahrgang 1980, hat zum Kummer seiner Freundin ein halbes Jahr (mit zwei Unterbrechungen) im PRT Kunduz und vor allem (zusammen mit vier Soldaten) im Dingo verbracht.
Herausgekommen ist dabei ein 75 Minuten langer Film und eben dieses Buch, das leider in weiten Teilen eher einem „Landser“-Heft gleicht. Denn das ist der auch von Schnitt selbst festgestellte Nachteil eines „embedded“ Journalisten: Er sieht dasselbe wie die Soldaten und gewöhnt sich allmählich auch deren verkürzte Sehweise an.
So erfährt man fast nichts über Afghanistan, seine Menschen und seine Geschichte, sondern man sieht, armiert und mit Helm versehen, nur misstrauische, feindselige oder verängstigte Menschen, mit denen man nichts gemein hat. Die verdächtigen Subjekte werden denn auch nur abfällig „Kuddels“ genannt: Das passt tatsächlich nicht in den „politischen Mainstream“.
RALF HUSEMANN
Jonathan Schnitt: Foxtrott 4. Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan. C.Bertelsmann Verlag, München 2012. 221 Seiten, 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Sechs Monate in Afghanistan – mit magerem Resultat
In Afghanistan ist es meistens heiß und staubig, im Winter aber eisig kalt. Wie sinnvoll der Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch ist, wird sich endgültig erst nach dem Abzug der Soldaten zeigen. Mit diesen beiden Sätzen ist der dünne Kern eines Buches mit dem Titel „Foxtrott 4“ schon weitgehend im Kern wiedergegeben. „Foxtrot“ ist die Bezeichnung für den sechsten Buchstaben im Nato-Alphabet, wenn auch in korrektem Englisch hinten nur mit einem „t“ geschrieben.
Foxtrott 4 – mit wieviel t’s auch immer – steht für den vierten Dingo-Radpanzer im sechsten Zug der dritten Kompanie im PRT Kunduz, einem Feldlager der Bundeswehr in Nordafghanistan, einem „Provincial Reconstruction Team“, das nicht nur kämpfen, sondern, zumindest in der Theorie, auch „aufbauen“ soll. Man sieht: Die Nato liebt Abkürzungen und Zahlen.
Etwas schreierisch schreibt der Verlag, die Antworten des Autors Jonathan Schnitt „passen nicht in den politischen Mainstream“. Davon merkt man bei der Lektüre nichts. Dass die Soldaten skeptisch, häufig gelangweilt sind und den Afghanen misstrauen, hat man eigentlich auch schon vorher angenommen.
Schnitt, Jahrgang 1980, hat zum Kummer seiner Freundin ein halbes Jahr (mit zwei Unterbrechungen) im PRT Kunduz und vor allem (zusammen mit vier Soldaten) im Dingo verbracht.
Herausgekommen ist dabei ein 75 Minuten langer Film und eben dieses Buch, das leider in weiten Teilen eher einem „Landser“-Heft gleicht. Denn das ist der auch von Schnitt selbst festgestellte Nachteil eines „embedded“ Journalisten: Er sieht dasselbe wie die Soldaten und gewöhnt sich allmählich auch deren verkürzte Sehweise an.
So erfährt man fast nichts über Afghanistan, seine Menschen und seine Geschichte, sondern man sieht, armiert und mit Helm versehen, nur misstrauische, feindselige oder verängstigte Menschen, mit denen man nichts gemein hat. Die verdächtigen Subjekte werden denn auch nur abfällig „Kuddels“ genannt: Das passt tatsächlich nicht in den „politischen Mainstream“.
RALF HUSEMANN
Jonathan Schnitt: Foxtrott 4. Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan. C.Bertelsmann Verlag, München 2012. 221 Seiten, 14,99 Euro.
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