Fräulein Else ist die brillante Umsetzung der gleichnamigen Novelle von Arthur Schnitzler. Um ihren Vater vor dem drohenden Bankrott zu retten wendet sich Fräulein Else an den reichen Kunsthändler Dorsay. Dieser willigt einem Darlehen zu, aber unter einer Bedingung: Else nackt sehen zu dürfen. In atemberaubenden Bildern wird die Geschichte des Scheiterns der Protagonistin vor den familiären und gesellschaftlichen Zwängen geschildert. Ausgezeichnet mit dem "Großen Preis der Stadt Genf 2009".
buecher-magazin.deFräulein Else, gerade 17, ist in der Sommerfrische und gedanklich hauptsächlich mit Tennis und leichtlebigen Männern befasst, als sie einen Expressbrief von ihrer Mama bekommt. Der Vater, ein Anwalt, ist finanziell in der Klemme, und das nicht zum ersten Mal. 30?000 Gulden braucht der Papa, "sonst ist alles verloren". Else soll Herrn Dorsday, einen alten Freund des Vaters, um ein Darlehen bitten. Sie tut's, und Dorsday willigt ein - unter einer Bedingung: Er will sie nackt sehen. Damit stellt er die Tochter aus bürgerlichem Wiener Hause vor eine verstörende Entscheidung: Entweder lässt sie sich von diesem alten Mann, den sie abstoßend findet, demütigen und entehren, oder ihr Vater geht ins Gefängnis. Und auf dem Nachttisch steht Veronal. In der richtigen Dosis ist das Schmerzmittel ein Ausweg. Manuele Fior hat die Schnitzler-Novelle kongenial adaptiert. Seine Aquarelle erblassen und erröten mit der verzweifelten Jugendlichen, Dinge und Menschen erscheinen verzerrt und verschwommen, Schatten dringen auf sie ein, ihre Verzweiflung ist violett. Die Salons erstrahlen in Übelkeit erregenden Gelb- und Grüntönen. Einem Publikum aus einer Zeit, in der Schülerinnen ihr "erstes Mal" versteigern, um sich ihr Studium zu finanzieren, machen solche Farben die ganze Tragweite von Elses Entscheidung spürbar.
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