Im November 1918 endet der Erste Weltkrieg. Zum ersten Mal sollen allgemeine Wahlen, bei denen auch Frauen wählen und gewählt werden dürfen, eine deutsche Republik bilden. Inspiriert von der Aufbruchsstimmung und den zahlreichen Frauen,die sich in der Öffentlichkeit politisch positionieren, beschließen die Freundinnen Käthe, Jenny, Franziska und Josephine, ebenfalls aktiv zu werden. Denn obwohl sie aus den unterschiedlichsten Ecken und Milieus Frankfurts stammen, eint sie alle ein Problem: Jungsbanden regieren die Straßen und machen den Mädchen das Leben schwer. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, wie sie sich den Unterdrückern in den Vierteln Frankfurts entgegenstellen und behaupten können.Begleitend zur Ausstellung "DAGEGEN - Revolution. Macht. Geschichte" publiziert das Junge Museum in Frankfurt am Main eine Graphic Novel von Christopher Tauber und Annelie Wagner mit dem Titel Frankfurt 1918 - Heraus aus der Finsternis. Der Comic beleuchtet das Leben und den Aktionismus von Frauen in Frankfurt in der Zeit der Revolution 1918. Herausgegeben und kreativ umgesetzt vom Zwerchfell Verlag bildet der Band den Folgeband zu der gelungenen Kooperation von 2017: Der Comic "Das größte Fest der Welt" erzählt eine Geschichte, die die Kaiserkrönung 1742 zum Thema hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2019MÄDCHEN, MACHT DEN MUND AUF!
Ein Comic erzählt davon, wie vier junge Mädchen 1918 in Frankfurt für ihre Rechte kämpfen. Im Jungen Museum stellen die Macher es vor.
Von Alexander Jürgs
Es herrscht Aufbruchstimmung. Die Nachricht, dass der Kieler Matrosenaufstand geglückt ist und das Töten auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs damit ein Ende hat, macht die Runde. Die Frauen marschieren durch die Straßen, demonstrieren für gleiche Rechte und Anerkennung. Aber es herrscht auch Not. Die Lebensmittel sind rationiert, für einen Laib Brot muss man lange in der Schlange stehen. Und die Frauen, die in den Fabriken Arbeit gefunden haben oder sich in der Kriegszeit anderswo unentbehrlich gemacht haben, sind in Sorge, dass sie nun wieder arbeitslos werden könnten, wenn die Kriegsheimkehrer zurück sind. Die Zukunft ist greifbar - aber wie sie aussehen wird, das weiß im November 1918 niemand so recht.
Und dann sind da noch die fürchterlichen Jungenbanden. Die Woschtfettbande mit ihrem Anführer Paul, die Affentor-Bande, die Rauscher-Bande, die Klapperbande und wie sie alle heißen. Sie machen den Mädchen das Leben schwer. Ziehen Jenny auf, die allein mit ihrer Mutter lebt, seit der Vater im Krieg gefallen ist. Klauen ihnen die Klicker, verteidigen ihre Reviere, lassen den Mädchen keine Freiräume. Doch angesteckt vom kämpferischen Zeitgeist, wollen die sich das nicht mehr gefallen lassen. Und so tut sich eine ungleiche Viererbande aus den Arbeiterkindern Jenny und Käthe, aus der kunstinteressierten Franzi, die im wohlhabenden Westend wohnt, und der aufbrausenden Jossi, deren Eltern ein Wasserhäuschen betreiben, zusammen, um es mit den Jungs aufzunehmen.
Bald merken sie, dass es ihnen wenig hilft, auf Schläge und Hiebe zu setzen, sondern dass sie mit Worten und Mut für ihre Rechte kämpfen müssen. "Mädchen, macht den Mund auf!", schreiben sie auf ein Flugblatt, mit dem sie Gleichgesinnte in der Stadt für ihre Sache begeistern wollen. Beim Vervielfältigen der Handzettel hilft ihnen eine Frau, die später in die Geschichte eingehen wird: Tony Sender, die mit 22 Jahren in die Sozialdemokratische Partei eintrat und 1919 eine der ersten Parlamentarierinnen im Frankfurter Stadtparlament wird, eine Ikone der Emanzipation.
"Frankfurt 1918 - Heraus aus der Finsternis" heißt der Comic, der diese Geschichte um vier fiktive Mädchen erzählt. Entstanden ist er für eine Museumsausstellung. Das Historische Museum Frankfurt hat die Graphic Novel in Auftrag gegeben. Der Comic ergänzt die Ausstellung "Dagegen! Dafür? - Revolution. Macht. Geschichte", die noch bis Ende März im Jungen Museum, einer Abteilung des Historischen Museums für Besucher im Kinder- und Jugendalter, zu sehen ist.
Christoph Tauber hat den Comic erdacht. Nicht nur die Tony Sender, sondern auch Figuren wie Meta Quarck-Hammerschlag, die als erste Frau in den Magistrat der Stadt Frankfurt einzog, oder die Frauenrechtlerin Johanna Tesch haben ihn beim Schreiben inspiriert, sagt der Comic-Künstler. Es ist ihm wichtig, dass er seine Leser mit dem Comic "nicht zubetoniert mit Erklärungen", die Geschichte soll der Phantasie Raum lassen, so Christoph Tauber.
Für seine Illustrationen zu den "Drei Fragezeichen"-Comics wurde der Frankfurter im vergangenen Jahr beim Comic-Salon" in Erlangen mit dem renommierten Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnet, doch für "Heraus aus der Finsternis" lieferte er nun ausschließlich den Text. Die wunderbar lebendigen Zeichnungen des Bandes stammen von der Illustratorin Annelie Wagner, die ebenfalls in Frankfurt lebt.
Am Samstag stellen die beiden ihre Emanzipations-Geschichte gemeinsam vor: bei einer Comic-Lesung im Jungen Museum. Dabei lesen Autor und Zeichnerin nicht nur aus dem Buch, das für Kinder von acht Jahren an geeignet ist, sondern berichten auch vom Entstehungsprozess und der Zusammenarbeit mit den Historikern am Museum. Im Anschluss an die Lesung kann man sich den Comic von den beiden signieren lassen. Der Eintritt zur Lesung und zum Museum ist frei, da die Veranstaltung auf den "Satourday" fällt. Am letzten Samstag jedes Monats ist in einer Vielzahl der Frankfurter Ausstellungshäuser der Eintritt für Familien frei.
FRANKFURT 1918 - HERAUS AUS DER FINSTERNIS
26. Januar, 14 Uhr, Historisches Museum Frankfurt, Saalhof 1
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Comic erzählt davon, wie vier junge Mädchen 1918 in Frankfurt für ihre Rechte kämpfen. Im Jungen Museum stellen die Macher es vor.
Von Alexander Jürgs
Es herrscht Aufbruchstimmung. Die Nachricht, dass der Kieler Matrosenaufstand geglückt ist und das Töten auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs damit ein Ende hat, macht die Runde. Die Frauen marschieren durch die Straßen, demonstrieren für gleiche Rechte und Anerkennung. Aber es herrscht auch Not. Die Lebensmittel sind rationiert, für einen Laib Brot muss man lange in der Schlange stehen. Und die Frauen, die in den Fabriken Arbeit gefunden haben oder sich in der Kriegszeit anderswo unentbehrlich gemacht haben, sind in Sorge, dass sie nun wieder arbeitslos werden könnten, wenn die Kriegsheimkehrer zurück sind. Die Zukunft ist greifbar - aber wie sie aussehen wird, das weiß im November 1918 niemand so recht.
Und dann sind da noch die fürchterlichen Jungenbanden. Die Woschtfettbande mit ihrem Anführer Paul, die Affentor-Bande, die Rauscher-Bande, die Klapperbande und wie sie alle heißen. Sie machen den Mädchen das Leben schwer. Ziehen Jenny auf, die allein mit ihrer Mutter lebt, seit der Vater im Krieg gefallen ist. Klauen ihnen die Klicker, verteidigen ihre Reviere, lassen den Mädchen keine Freiräume. Doch angesteckt vom kämpferischen Zeitgeist, wollen die sich das nicht mehr gefallen lassen. Und so tut sich eine ungleiche Viererbande aus den Arbeiterkindern Jenny und Käthe, aus der kunstinteressierten Franzi, die im wohlhabenden Westend wohnt, und der aufbrausenden Jossi, deren Eltern ein Wasserhäuschen betreiben, zusammen, um es mit den Jungs aufzunehmen.
Bald merken sie, dass es ihnen wenig hilft, auf Schläge und Hiebe zu setzen, sondern dass sie mit Worten und Mut für ihre Rechte kämpfen müssen. "Mädchen, macht den Mund auf!", schreiben sie auf ein Flugblatt, mit dem sie Gleichgesinnte in der Stadt für ihre Sache begeistern wollen. Beim Vervielfältigen der Handzettel hilft ihnen eine Frau, die später in die Geschichte eingehen wird: Tony Sender, die mit 22 Jahren in die Sozialdemokratische Partei eintrat und 1919 eine der ersten Parlamentarierinnen im Frankfurter Stadtparlament wird, eine Ikone der Emanzipation.
"Frankfurt 1918 - Heraus aus der Finsternis" heißt der Comic, der diese Geschichte um vier fiktive Mädchen erzählt. Entstanden ist er für eine Museumsausstellung. Das Historische Museum Frankfurt hat die Graphic Novel in Auftrag gegeben. Der Comic ergänzt die Ausstellung "Dagegen! Dafür? - Revolution. Macht. Geschichte", die noch bis Ende März im Jungen Museum, einer Abteilung des Historischen Museums für Besucher im Kinder- und Jugendalter, zu sehen ist.
Christoph Tauber hat den Comic erdacht. Nicht nur die Tony Sender, sondern auch Figuren wie Meta Quarck-Hammerschlag, die als erste Frau in den Magistrat der Stadt Frankfurt einzog, oder die Frauenrechtlerin Johanna Tesch haben ihn beim Schreiben inspiriert, sagt der Comic-Künstler. Es ist ihm wichtig, dass er seine Leser mit dem Comic "nicht zubetoniert mit Erklärungen", die Geschichte soll der Phantasie Raum lassen, so Christoph Tauber.
Für seine Illustrationen zu den "Drei Fragezeichen"-Comics wurde der Frankfurter im vergangenen Jahr beim Comic-Salon" in Erlangen mit dem renommierten Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnet, doch für "Heraus aus der Finsternis" lieferte er nun ausschließlich den Text. Die wunderbar lebendigen Zeichnungen des Bandes stammen von der Illustratorin Annelie Wagner, die ebenfalls in Frankfurt lebt.
Am Samstag stellen die beiden ihre Emanzipations-Geschichte gemeinsam vor: bei einer Comic-Lesung im Jungen Museum. Dabei lesen Autor und Zeichnerin nicht nur aus dem Buch, das für Kinder von acht Jahren an geeignet ist, sondern berichten auch vom Entstehungsprozess und der Zusammenarbeit mit den Historikern am Museum. Im Anschluss an die Lesung kann man sich den Comic von den beiden signieren lassen. Der Eintritt zur Lesung und zum Museum ist frei, da die Veranstaltung auf den "Satourday" fällt. Am letzten Samstag jedes Monats ist in einer Vielzahl der Frankfurter Ausstellungshäuser der Eintritt für Familien frei.
FRANKFURT 1918 - HERAUS AUS DER FINSTERNIS
26. Januar, 14 Uhr, Historisches Museum Frankfurt, Saalhof 1
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main