"Frankfurt von A bis Z" ist ein kompaktes Nachschlagewerk zu allen Fragen rund um die kleinste Metropole der Welt - von der Historie bis in die Gegenwart, von A wie Adickes bis Z wie Zoologischer Garten. Darüber hinaus geht es aber auch um existentielle Fragen: Wo gibt es die beste Pizza der Stadt? Wo findet das Nachtleben statt? Wo lernen Singles Singles kennen? Es ist ein Buch für jeden, der Frankfurt entdecken und sich hier wohlfühlen will.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2004Geschichte der Stadt
Liesel Christs Leben: Neue Bücher zu Frankfurt
VON MANFRED KÖHLER
Im Stadtbild Frankfurts gilt Geschichte wenig; kein schwierigerer Job ist in der Stadt zu vergeben als der des Denkmalschützers, der im Wettbewerb mit Investoren, die die Welt versprechen, regelmäßig den kürzeren zieht. Doch in den Verlagen hat die Vergangenheit Frankfurts einen guten Stand. Ein Buch zur Geschichte der stolzen Stadt ist eine sichere Bank, und so findet sich bei den einschlägig bekannten Adressen auch auf der Buchmesse manche Neuerscheinung. So legt der Societäts-Verlag unter dem Titel "Frankfurt von A bis Z" ein Lexikon zur Stadt von Martin Blath vor, in dem sich nicht nur allerhand über die Geschichte, sondern auch über die speziellen Herausforderungen der Gegenwart erfahren läßt, selbst die, wo man die beste Pizza bekommt.
Gewichtiger ist die Biographie der 1996 gestorbenen Volksschauspielerin Liesel Christ, die durch ihre Rolle in der "Familie Hesselbach" in ganz Deutschland bekannt geworden war und in Frankfurt 1971 das Volkstheater gegründet hatte. Das beim Verlag Waldemar Kramer erschienene Buch von Sabine Hock ist kein nostalgisches geworden, sondern eine sachliche Darstellung ihres Lebens, mit 455 Fußnoten, der Auswertung verschiedener Nachlässe und Archivakten und vierseitigem Literaturverzeichnis. Viel mehr läßt sich wohl über Christ nicht sagen. So ist nachzulesen, daß in der "Familie Hesselbach" nach den Vorgaben des Hessischen Rundfunks weder Mord noch Totschlag, weder Religion noch Sex vorkommen durften, daß Liesel Christ eine Zeitlang in großer Sorge war, sie werde zeitlebens als "Mamma Hesselbach" abgestempelt sein, und daß ihr Pudel Dobbsy hieß und Bücher fraß. Aber auch, wie Christ einen nach dem anderen von ihrem mutigen Plan überzeugte, ein eigenes Theater zu gründen, wie sie sich von Verrissen nicht irre machen ließ ("ein bisserl fad", schrieb die F.A.Z. über die Eröffnungsveranstaltung) und wie sie schließlich geradezu Botschafterin ihrer Vaterstadt wurde, so daß es zu ihrem Tod im Römer hieß, die "Außenministerin Frankfurts" sei gestorben.
Weitaus ernster wird es in dem zweiten wichtigen Buch des Kramer-Verlags zugehen, dessen Erscheinen allerdings erst für Ende November angekündigt ist; "Der Braune Magistrat", die Dissertation der Frankfurter Historikerin Bettina Tüffers, die für ihre Forschungen zur Stadtgeschichte im Nationalsozialismus bereits 1998 den Johann Philipp von Bethmann-Studienpreis erhalten hatte. Solche Arbeiten sind um so wichtiger, als nach wie vor von der - schon zum Stadtjubiläum 1994 angekündigten - sechsbändigen Stadtgeschichte Frankfurts fünf Bände fehlen, weil sich die Zunft der Stadthistoriker mit diesem Vorhaben verhoben hat.
Daß Geschichte nicht immer gewichtig daherkommen muß, zeigt seit Jahren der Wartberg-Verlag aus Gudensberg-Gleichen, einem Ort, den bis dahin auch nur wenige kannten. Nachdem in den vergangenen Jahren Bildbände über einzelne Stadtteile Frankfurts vorgelegt worden waren, hatte der Verlag zu Jahresbeginn und damit zum 60. Jahrestag der vernichtenden Luftangriffe einen Band über Frankfurt im Bombenkrieg vorgelegt, der mit einer Vielzahl von Farbfotos überraschte. Ganz neu auf dem Markt ist nun eine überarbeitete Ausgabe von "Frankfurt am Main - gestern und heute", in dem Fotos aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts Bildern gegenübergestellt wurden, die vom gleichen Ort aus jetzt aufgenommen wurden. Helmut Nordmeyer, Mitarbeiter des Instituts für Stadtgeschichte, vergleicht die Bilder kundig und akribisch. Aber was heißt schon "jetzt"? Im Buch stehen vor der Großmarkthalle noch Lastwagen, die wahrscheinlich gerade Obst und Gemüse geladen haben, und der Portikus steht so da, wie er nach dem Krieg als einsame Ruine geblieben war. Alles perdu; hier sind die Lastwagen verschwunden, dort haben die Bauarbeiten zur neuen alten Stadtbibliothek eingesetzt. So schnell kann's gehen in Frankfurt, der Schnellebigen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Liesel Christs Leben: Neue Bücher zu Frankfurt
VON MANFRED KÖHLER
Im Stadtbild Frankfurts gilt Geschichte wenig; kein schwierigerer Job ist in der Stadt zu vergeben als der des Denkmalschützers, der im Wettbewerb mit Investoren, die die Welt versprechen, regelmäßig den kürzeren zieht. Doch in den Verlagen hat die Vergangenheit Frankfurts einen guten Stand. Ein Buch zur Geschichte der stolzen Stadt ist eine sichere Bank, und so findet sich bei den einschlägig bekannten Adressen auch auf der Buchmesse manche Neuerscheinung. So legt der Societäts-Verlag unter dem Titel "Frankfurt von A bis Z" ein Lexikon zur Stadt von Martin Blath vor, in dem sich nicht nur allerhand über die Geschichte, sondern auch über die speziellen Herausforderungen der Gegenwart erfahren läßt, selbst die, wo man die beste Pizza bekommt.
Gewichtiger ist die Biographie der 1996 gestorbenen Volksschauspielerin Liesel Christ, die durch ihre Rolle in der "Familie Hesselbach" in ganz Deutschland bekannt geworden war und in Frankfurt 1971 das Volkstheater gegründet hatte. Das beim Verlag Waldemar Kramer erschienene Buch von Sabine Hock ist kein nostalgisches geworden, sondern eine sachliche Darstellung ihres Lebens, mit 455 Fußnoten, der Auswertung verschiedener Nachlässe und Archivakten und vierseitigem Literaturverzeichnis. Viel mehr läßt sich wohl über Christ nicht sagen. So ist nachzulesen, daß in der "Familie Hesselbach" nach den Vorgaben des Hessischen Rundfunks weder Mord noch Totschlag, weder Religion noch Sex vorkommen durften, daß Liesel Christ eine Zeitlang in großer Sorge war, sie werde zeitlebens als "Mamma Hesselbach" abgestempelt sein, und daß ihr Pudel Dobbsy hieß und Bücher fraß. Aber auch, wie Christ einen nach dem anderen von ihrem mutigen Plan überzeugte, ein eigenes Theater zu gründen, wie sie sich von Verrissen nicht irre machen ließ ("ein bisserl fad", schrieb die F.A.Z. über die Eröffnungsveranstaltung) und wie sie schließlich geradezu Botschafterin ihrer Vaterstadt wurde, so daß es zu ihrem Tod im Römer hieß, die "Außenministerin Frankfurts" sei gestorben.
Weitaus ernster wird es in dem zweiten wichtigen Buch des Kramer-Verlags zugehen, dessen Erscheinen allerdings erst für Ende November angekündigt ist; "Der Braune Magistrat", die Dissertation der Frankfurter Historikerin Bettina Tüffers, die für ihre Forschungen zur Stadtgeschichte im Nationalsozialismus bereits 1998 den Johann Philipp von Bethmann-Studienpreis erhalten hatte. Solche Arbeiten sind um so wichtiger, als nach wie vor von der - schon zum Stadtjubiläum 1994 angekündigten - sechsbändigen Stadtgeschichte Frankfurts fünf Bände fehlen, weil sich die Zunft der Stadthistoriker mit diesem Vorhaben verhoben hat.
Daß Geschichte nicht immer gewichtig daherkommen muß, zeigt seit Jahren der Wartberg-Verlag aus Gudensberg-Gleichen, einem Ort, den bis dahin auch nur wenige kannten. Nachdem in den vergangenen Jahren Bildbände über einzelne Stadtteile Frankfurts vorgelegt worden waren, hatte der Verlag zu Jahresbeginn und damit zum 60. Jahrestag der vernichtenden Luftangriffe einen Band über Frankfurt im Bombenkrieg vorgelegt, der mit einer Vielzahl von Farbfotos überraschte. Ganz neu auf dem Markt ist nun eine überarbeitete Ausgabe von "Frankfurt am Main - gestern und heute", in dem Fotos aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts Bildern gegenübergestellt wurden, die vom gleichen Ort aus jetzt aufgenommen wurden. Helmut Nordmeyer, Mitarbeiter des Instituts für Stadtgeschichte, vergleicht die Bilder kundig und akribisch. Aber was heißt schon "jetzt"? Im Buch stehen vor der Großmarkthalle noch Lastwagen, die wahrscheinlich gerade Obst und Gemüse geladen haben, und der Portikus steht so da, wie er nach dem Krieg als einsame Ruine geblieben war. Alles perdu; hier sind die Lastwagen verschwunden, dort haben die Bauarbeiten zur neuen alten Stadtbibliothek eingesetzt. So schnell kann's gehen in Frankfurt, der Schnellebigen.
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