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Karl Hopf wurde des mehrfachen Giftmordes an Mitgliedern seiner Familie angeklagt. Die infernalische Art und Weise dieser Taten erinnert an die tödlichen Verbrechen einer Lucusta oder der Adelsfamilie Borgia, berüchtigte Giftmischer früherer Zeiten. In einem weltweit aufsehenerregenden Prozess verurteilte am 17. Januar 1914 das Königlich Preußische Landgericht in Frankfurt am Main Karl Hopf zum Tode. Die Vollstreckung dieses Urteils erfolgte am 23. März 1914 im Gefängnis Frankfurt-Preungesheim mit dem Handbeil.Karl Hopf wurde am 26. März 1863 in Frankfurt geboren. Der gelernte Drogist war…mehr

Produktbeschreibung
Karl Hopf wurde des mehrfachen Giftmordes an Mitgliedern seiner Familie angeklagt. Die infernalische Art und Weise dieser Taten erinnert an die tödlichen Verbrechen einer Lucusta oder der Adelsfamilie Borgia, berüchtigte Giftmischer früherer Zeiten. In einem weltweit aufsehenerregenden Prozess verurteilte am 17. Januar 1914 das Königlich Preußische Landgericht in Frankfurt am Main Karl Hopf zum Tode. Die Vollstreckung dieses Urteils erfolgte am 23. März 1914 im Gefängnis Frankfurt-Preungesheim mit dem Handbeil.Karl Hopf wurde am 26. März 1863 in Frankfurt geboren. Der gelernte Drogist war Artist und Hundezüchter, Lehrer und Weltmeister im Degenfechten, Heirats- und Darlehensvermittler, Masochist und Giftmischer. Von der ausgehenden Frankfurter Gründerzeit führt die Geschichte in das beginnende pulsierende 20. Jahrhundert dieser Stadt. Minutiös recherchiert schildert der Roman lebendig einen vielseitig talentierten Menschen, der mit in jener Zeit wissenschaftlich nicht nachweisbaren Methoden mordete. Dies ist nach den »Heidelberger Mordsteinen« der zweite Roman von Thomas Schnepf, der als ehemaliger Richter der badischen Justiz heute in Mannheim lebt.Weitere Infos: www.der-historische-fall.de
Autorenporträt
Thomas Schnepf ist 1949 in Offenburg/Baden geboren und dort besuchte er bis zum Abitur das Gymnasium. Er studierte Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main und Heidelberg. Zunächst als Staatsanwalt und später als Richter war er in unterschiedlichen Funktionen in der Justiz in Deutschland tätig, zuletzt am Oberlandesgericht Karlsruhe. Er ist verheiratet und lebt seit mehreren Jahren in Mannheim. Sein erster Roman, die 'Heidelberger Mordsteine', behandelten gleichfalls einen spektakulären Indizienprozess vergangener Zeiten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2021

Arsen und Seidenbänder

Der Hundezüchter Karl Hopf wurde 1914 als Giftmörder hingerichtet. Vier Menschen könnte er auf dem Gewissen haben. Ein neues Buch widmet sich dem spektakulären Kriminalfall.

Von Hans Riebsamen

Ein rotseidenes Band und eine Rute unter der Chaiselongue. Wally Hopf ist damals, im Juli 1912, über diesen Fund in ihrer ehelichen Wohnung an der Bülowstraße, heute Heidelberger Straße, irritiert gewesen. Was hatte ihr Gatte Karl Hopf getrieben, während sie für einige Tage bei ihrer Schwester in Glashütten im Taunus zu Besuch gewesen war? Argwöhnisch öffnete sie den Sekretär ihres Mannes. Was sie entdeckte, verunsicherte Wally noch mehr: intime Briefe an fremde Frauen, zum Teil noch geschrieben während der Zeit ihrer Verlobung.

Zu ihrer Überraschung fand sie zudem Urkunden, die besagten, dass ihr Mann zuvor schon zweimal verheiratet gewesen war. Wally wusste nur von einer Ehe; die Frau, so hatte Hopf ihr gesagt, sei gestorben. Vollends schockiert war die ahnungslose Gattin, als sie in einem kleinen Karton pornographische Bilder fand, die Karl Hopf bei sadomasochistischen Praktiken mit einem nackten Mädchen zeigten. Als Wally ihn nach seiner Rückkehr in die gemeinsame Wohnung zur Rede stellte, weigerte sich der Ehemann, eine Erklärung abzugeben. Doch als sie am nächsten Morgen beim Frühstück ihren Tee trank, wurde ihr augenblicklich schwarz vor Augen, und sie fühlte sich sterbenselend. Der Verdacht stieg in ihr auf, dass ihr Mann sie zu vergiften versucht hatte. Wieder zu Kräften gekommen, brachte sie den Rest des Tees zum Labor eines Chemikers an der Langen Straße, wo man indes keinerlei Giftstoff in dem Getränk finden konnte. Tag später wurde Wally wieder von Kopfschmerzen, Durchfall und Erbrechen befallen. Weil die Beschwerden nicht nachließen, wurde sie wochenlang zu Hause von einer Krankenschwester und ihrem Mann gepflegt. Schließlich setzte ihr Hausarzt durch, dass sie ins Diakonissenkrankenhaus an der Eschersheimer Landstraße gebracht wurde, wo sie sieben Tage lang um ihr Leben kämpfte.

Nachdem die Ärzte dort alle Fieberkurven und Pulsdiagramme analysiert und die Krankheit in allen Details studiert hatten, stand ihr Befund fest: Wally Hopf, geborene Siewic, sei ohne Zweifel vergiftet worden. Damit war das Schicksal des Giftmischers Karl Hopf besiegelt. Seine Frau erstattete Anzeige, und Hopf wurde am 14. April 1913 vor dem Diakonissenkrankenhaus verhaftet. Beim Verhör stellte Kriminalinspektor von Salomon die Vermutung in den Raum, Hopf habe seiner Frau heimlich Gift verabreicht, um nach ihrem Tod eine Lebensversicherung in Höhe von 80 000 Reichsmark einzustreichen. Und nicht nur das. Er habe schon seine erste Frau mit Gift getötet und dann ihre Lebensversicherung einkassiert. Der überraschte Hopf gab zu: "Ja, es stimmt, ich habe meiner Frau Gift gegeben, und zwar Digitalis. Aber es geschah aus Versehen, ich wollte sie nie vergiften."

Der versuchte Giftmord an seiner dritten Frau war nicht die einzige Schandtat, die Hopf danach in einem der spektakulärsten Prozesse des Kaiserreichs vorgeworfen wurde. Der Staatsanwalt beschuldigte den Angeklagten des siebenfachen Mordes und Mordversuches mit Arsen oder Fingerhutgift und - damals einzigartig - mit Typhus-, Cholera- und anderen todbringenden Bakterien. Der frühere badische Richter Thomas Schnepf hat nun anhand der Gerichtsakten und der damaligen Presseberichte den aufsehenerregenden Kriminalfall aufgeschrieben und unter dem Titel "Frankfurter Giftmorde. Der Fall Karl Hopf" als Buch herausgegeben.

Am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Frankfurt, dem 12. Januar 1914, klagte der Staatsanwalt Karl Hopf des Giftmordes an seinem Vater, an Hopfs unehelichem Kind mit einer früheren Haushälterin, an seiner ersten Ehefrau Josefa und ihrer gemeinsamen Tochter Elsa Hopf an. Zudem legte er ihm drei Giftmordversuche zur Last, und zwar an seiner zweiten Ehefrau Christine, an seiner eigenen Mutter Auguste sowie an seiner dritten Ehefrau Wally. Mit fester Stimme wies Hopf die Vorwürfe zurück: "Ich bin unschuldig!" Bei dieser Behauptung blieb er bis zum Ende des Prozesses, wiewohl er im Verhör mit Kriminalinspektor von Salomon zugegeben hatte, seiner Frau Wally Gift verabreicht zu haben. Später, bei der Exhumierung seiner ersten Ehefrau Josefa auf dem Hauptfriedhof, hatte er sogar eine zweite Einlassung gemacht, die man als Schuldbekenntnis interpretieren kann: "Jetzt ist nicht die Zeit und hier ist auch nicht der Ort, um ein Geständnis abzulegen", ließ er beim Anblick der halbverwesten Leiche seiner früheren Frau den Untersuchungsrichter Ruhl wissen: "Allerdings kann ich nicht mehr leugnen, der Toten Arsenik eingeflößt zu haben. Schreiben Sie es nur so hin!"

Einen derart schillernden Angeklagten wie Hopf hatte es in der Frankfurter Kriminalgeschichte bis dahin nicht gegeben, dementsprechend waren die Zeitungen in der Mainmetropole, aber auch in ganz Deutschland und Europa voll mit Berichten über den "Giftmörder", der mit Arsen und Bakterien scheinbar vier Menschen getötet und drei zu ermorden versucht hatte - dies alles wohl, um sich Versicherungsgelder zu erschleichen und um sich vor einer Enterbung durch den Vater oder die Mutter zu schützen. Was war Karl Hopf für ein Mensch? Der Sohn eines selbständigen Kaufmanns, geboren 1863 in Frankfurt, war bis zur Tertia auf die Musterschule gegangen, wechselte aber, weil er kein guter Schüler war, auf das Hassel'sche Institut, wo er einen mittleren Schulabschluss erwarb. Danach, so gab er vor Gericht an, sei er als Drogisten-Lehrling nach London gegangen, später als Drogist nach Casablanca weitergezogen, wo er überdies das Florett- und Säbelfechten erlernt habe. Tatsächlich war Hopf ein großer Könner in diesem Fach, wie seine Auftritte im Schumann-Theater und anderen Varietés bewiesen. "Er war ein Meister im Florettfechten und legte Proben eines fast unfehlbaren Stoßes dadurch ab, dass er eine in die Höhe geworfene Frucht im geeigneten Moment mit einem blitzschnellen Ausfall auf seine Klinge spießte", hatte ein zeitgenössischer Berichterstatter in einer Zeitung erstaunt vermeldet. Wegen einer Malaria-Erkrankung, so erläuterte Hopf dem Gericht, sei er aus Nordafrika nach Deutschland zurückgekehrt und ließ sich in Niederhöchstadt als Hundezüchter nieder. In diesem Beruf war er zeitweise durchaus erfolgreich, er schrieb sogar ein Buch über Bernhardiner und entwickelte diverse Mittel gegen Hundekrankheiten, die er nach seinem Umzug nach Frankfurt weiterhin privat vertrieb.

Zur Herstellung von Hunde-Medikamenten habe er jene Gifte benötigt, die man in seinem Labor gefunden hatte, behauptete er vor Gericht. Schwer belastet wurde Hopf indes durch den Umstand, dass nicht nur in der exhumierten Leiche seiner ersten Frau Josefa, sondern auch in der des gemeinsamen Kindes Elsa sowie in der des unehelichen Kindes mit der Haushälterin Arsenrückstände gefunden wurden. Auch die Überreste des Vaters wiesen Spuren des Giftes auf. Sogar in der Asche der verstorbenen Mutter konnten hinzugezogene Fachleute übermäßig viel Arsen nachweisen.

Doch Hopf hatte auf alle Vorwürfe eine Antwort parat. Im Fall des unehelichen Kindes habe er Arsen in die Leiche gespritzt, um den Eintritt von Fäulnis während der Aufbahrung zu verhindern, behauptete er zum Beispiel. Den hohen Arsengehalt der Leiche des Vaters erklärte er damit, dass dieser übermäßig viel Offenbacher Wasser getrunken habe, das bekanntlich Arsen enthalte. Seine Frau Josefa, nach deren Tod Hopf eine Versicherungszahlung von 20 000 Mark eingestrichen hatte, nahm seinen Angaben zufolge aus freiem Willen Arsenik-Lösung als Schönheitsmittel, um vollere weibliche Formen zu bekommen. Vehement bestritt er, seiner zweiten Frau Christine, die vor ihm zu ihren Eltern hatte fliehen können, später aber an Tuberkulose verstarb, irgendwelche Bazillen verabreicht zu haben. Die Sachverständigen waren sich jedoch sicher, dass er ihr sogar ins Krankenhaus mit Erregern bestäubte Blumen gebracht hatte.

Am 17. Januar 1914, dem sechsten Verhandlungstag, schloss der Gerichtsvorsitzende die Beweisaufnahme. Nach den Plädoyers des Staatsanwalts und des Verteidigers lag die Entscheidung bei den Geschworenen. Im Fall des Vaters sahen sie keinen Mord und auch keinen Mordversuch. Beim unehelichen Kind urteilten sie auf Mordversuch. Doch seine erste Frau Josefa habe Hopf unzweifelhaft ermordet. An seiner zweiten Frau Christine, an seiner dritten Frau Wally und an dem ehelichen Kind Elsa habe er Mordversuche begangen.

Todesstrafe? So lautete die große Frage nach dem Schuldspruch der Geschworenen. Tatsächlich stand in Hessen damals noch auf Mord die Hinrichtung. In der Kleinen Presse vom 19. Januar 1914 konnte man dazu lesen: "In Gruppen, zu zweien und dreien standen die Leute zusammen und tauschten ihre Meinungen aus. Und die gingen weit auseinander. Für das eine stritten wohl alle - dass dieser Mensch den Tod hundertmal verdient habe. Aber ein großer Teil wollte es nicht glauben, dass ein Todesurteil hier gefällt werden könne."

Das Gericht verhängte dann doch die Höchststrafe. Der Kaiser, dem in solchen Fällen das Recht auf eine Begnadigung zustand, lehnte ein Eingreifen ab. Am Sonntag, dem 22. März 1914, bestellte Hopf im königlichen Strafgefängnis in Preungesheim seine Henkersmahlzeit: Wurst mit Brot und Bier. Am nächsten Morgen läutete das Armsünderglöckchen der Anstaltskapelle, während die Gehilfen des Scharfrichters Franz Friedrich Carl Gröpler den Verurteilten zum Richtblock führten. Von der Seite trat Gröpler heran, hob sein schweres Handbeil hoch. Sekunden später war das Haupt des Giftmörders von seinem Rumpf getrennt.

Thomas Schnepf: "Frankfurter Giftmorde. Der Fall Karl Hopf", Verlag Stefan Kehl, 12,80 Euro

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