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Das Eingreifen der Intellektuellen in die Verhältnisse - eine französische Tradition.In Frankreich haben seit Voltaire immer wieder charismatische Figuren kritisch in politisches Handeln eingegriffen. Zolas Intervention für den unschuldig verurteilten jüdischen Offizier Alfred Dreyfus entsprach insofern einer langen Tradition. Im Zuge der Dreyfus-Affäre identifizierten sich jedoch Hunderte von Wissenschaftlern und Schriftstellern mit Zola, sodass für die Akteure dieses kollektiven Engagements ein neuer Begriff geschaffen wurde, der des Intellektuellen. Dieser Begriff bezeichnet seither in…mehr

Produktbeschreibung
Das Eingreifen der Intellektuellen in die Verhältnisse - eine französische Tradition.In Frankreich haben seit Voltaire immer wieder charismatische Figuren kritisch in politisches Handeln eingegriffen. Zolas Intervention für den unschuldig verurteilten jüdischen Offizier Alfred Dreyfus entsprach insofern einer langen Tradition. Im Zuge der Dreyfus-Affäre identifizierten sich jedoch Hunderte von Wissenschaftlern und Schriftstellern mit Zola, sodass für die Akteure dieses kollektiven Engagements ein neuer Begriff geschaffen wurde, der des Intellektuellen. Dieser Begriff bezeichnet seither in Frankreich angesehene Schriftsteller und Gelehrte, die zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen Stellung beziehen. Intellektuelle griffen immer wieder ein, während des Ersten Weltkrieges, im Sinne des Pazifismus und des Antifaschismus in der Zwischenkriegszeit, für Widerstand oder Kollaboration während der Besatzungsperiode, gegen die Verletzung der Menschenrechte im Algerienkrieg, gegen eine neoliberale Wirtschaftsideologie. Im Fokus der Intellektuellengeschichte lässt sich so die spannende Geschichte Frankreichs im 20. Jahrhundert verfolgen.
Autorenporträt
Joseph Jurt, geb. 1940, ist emeritierter Professor für französische Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg i. Br. Er ist Mitgründer und langjähriger Vorsitzender des Freiburger Frankreich-Zentrums und zudem Vizepräsident des Schweizerischen Wissenschaftsrates.Veröffentlichungen u.a.: Grundwissen Philosophie. Bourdieu (2008); Die Literatur und die Erinnerung an die Shoah (Hg., 2005); Intellektuelle - Elite - Führungskräfte und Bildungswesen in Deutschland und Frankreich (Hg., 2004).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2012

Politische Ordnung

Griechenland hatte schon einmal bessere Presse. 1896 reiste der junge französischer Autor und Literaturkritiker Charles Maurras zur Olympiade nach Athen. Seine Neigung zur Klassik erhielt dort tatsächlich neue Nahrung, und weil Maurras Politik und Ästhetik kaum trennte, wurde daraus die Vorstellung, Frankreich müsse das große Erbe griechischer Ordnung und Harmonie antreten: kein republikanisches Frankreich freilich, sondern ein katholisches mit einer erneuerten Monarchie, für die der agnostische, durchaus auch mit Auguste Comtes Positivismus operierende Royalist allerdings keine Anhänglichkeit an irgendein Königshaus, sondern schlicht die Vernunft geltend machte. Solche Verknüpfungen mögen sich zwar im Rückblick äußerst seltsam ausnehmen. Aber wer die moderne Geschichte politisch-intellektueller Haltungen in unserem Nachbarland verstehen möchte, muss auch sie näher in den Blick fassen: Maurras blieb schließlich bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eine Figur mit Ausstrahlung und die von ihm mitgeprägte Action française eine nicht zu vernachlässigende Option am rechten politischen Rand. Man kann dazu nun auf einen Band des emeritierten Freiburger Professors für französische Literaturwissenschaft Joseph Jurt zurückgreifen, der einen knapp gefassten Überblick dieser Geschichte intellektueller Positionen präsentiert. Notgedrungen fällt in diesem Format manches etwas kursorisch aus. Aber für eine gute Orientierung im Längsschnitt, samt Verweisen auf mehr ins Detail gehende Studien, ist diese von der Dreyfus-Affäre bis zu Algerienkrieg und Mai 68 reichende Darstellung sehr zu empfehlen. (Joseph Jurt: "Frankreichs engagierte Intellektuelle". Von Zola bis Bourdieu. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 288 S., geb., 24,- [Euro].) hmay

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.09.2012

KURZKRITIK
Präziser Nachruf
Joseph Jurt über die engagierten
Intellektuellen in Frankreich
Was die Intellektuellen heute in der Gesellschaft an Einfluss verlieren, wird ihnen in Form langer Nachrufe zurückgegeben. Die historische Intellektuellenforschung hat auch Deutschland erreicht, und dieses Buch ist ein neues Beispiel dafür. Es lässt stellenweise den etwas trockenen Ton der Hochschulvorlesung durchklingen, ist in seiner Substanz aber vorbildlich in Vielfalt, Präzision und Vertiefung. Auf knappem Raum bietet der Freiburger Literaturwissenschaftler Joseph Jurt in prägnanter Kapitelgliederung alles, was man von Zolas Schlachtruf „J’accuse!“ bis zu Bourdieus wissenschaftlich kampfgepolsterter Nachhut zum Thema wissen muss.
  Im Wechsel zwischen Gesamtüberblick, biografischer Einzelskizze und ergänzender Fußnote fasst das Buch den aktuellen Stand der französischen Intellektuellenforschung zusammen. Seit der Dreyfus-Affäre werden Aufstieg, Triumph und beginnender Zerfall eines Modells geistiger Einmischung vorgeführt, das stets auf den Resonanzraum der jeweils tragenden Medien – Druckpresse, Rundfunk, Fernsehen – angewiesen war. Dass der Höhepunkt dieses Modells in der ersten Jahrhunderthälfte lag, gibt man dem Autor gern zu. Auf die Herrschaft der „Medienphilosophen“ und „Experten“ nach dem Fall der Systemideologien geht er nur noch kurz, auf das Ende der Intellektuellen-Ära im Internetzeitalter gar nicht mehr ein. Für alles, was davor liegt, bietet dieses Buch den ordnenden Rahmen mit der Verlässlichkeit eines Nachschlagewerks.
JOSEPH HANIMANN
  
Joseph Jurt: Frankreichs engagierte Intellektuelle. Von Zola bis Bourdieu. Wallstein Verlag, Göttingen, 2012. 288 Seiten, 24 Euro.
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