Das Schicksal des Dichters Franz von Gaudy (1800 – 1840) weist Parallelen zu Heinrich von Kleist auf. Obwohl Spuren seiner Rezeption bis zu Arno Schmidt reichen, er zu seiner Zeit geachtet und viel gelesen wurde, ist er heute weitgehend vergessen. Doris Fouquet-Plümacher folgt den Spuren Gaudys von Frankfurt (Oder) über Potsdam und die Neumark bis nach Schlesien.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2020Ein Dichter in Festungshaft
Franz Freiherr von Gaudy, geboren am 19. April 1800 in Frankfurt an der Oder, machte es seiner Umgebung nicht leicht. Der begabte Vormärzdichter, der fast sein gesamtes Leben als Erwachsener beim Militär verbrachte, war, wie er selbst in einem handschriftlichen "Scandal-Register" festhielt, sechsmal als Kontrahent und ebenso oft als Sekundant in Duelle verwickelt; zweimal wurde er dafür zu Festungshaft verurteilt, was in Preußen offenbar nicht als ehrenrührig galt. Der zweiten Haftstrafe, die Gaudy zwischen März und Juni 1827 auf der schlesischen Festung Silberstein verbrachte, widmete nun Doris Fouquet-Plümacher ein Bändchen aus der schönen Reihe der "Frankfurter Buntbücher", die im Kleist-Museum Frankfurt (Oder) konzipiert wird.
Der Grundgedanke dieser Reihe, ein Schlaglicht auf einen Dichter an einem konkreten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt zu werfen, trägt auch im Fall Gaudys Früchte - nicht nur, weil eine reiche Bebilderung mit Fotos, Plänen und eigenhändigen Zeichnungen von Gaudy die Situation dieser Festungshaft recht plastisch macht, sondern auch, weil all dies über den Einzelfall hinausweist und grundsätzliche Fragen nach dem Sinn einer solchen Strafe im damaligen Militärwesen aufwirft, das offenbar vor allem durch Langeweile und die Feuchtigkeit der Kasematten bestimmt war. Der Autor immerhin fand dabei den Stoff zu gleich mehreren Werken.
Die letzten Jahre seines 1840 plötzlich durch einen Schlaganfall beendeten Lebens verbrachte Gaudy als Berufsschriftsteller in Berlin, befreundet unter anderem mit Adelbert von Chamisso. Teile seines umfangreichen Werks, etwa der Bericht einer späten, von Skepsis gezeichneten Italien-Reise, sind noch immer lesenswert. (spre).
Doris Fouquet-Plümacher: "Franz Freiherr Gaudy 1827 auf der Festung Silberberg".
Frankfurter Buntbücher 65. Kleist-Museum, Frankfurt (Oder). Verlag für Berlin- Brandenburg, Berlin 2020. 32 S., br., 8,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Franz Freiherr von Gaudy, geboren am 19. April 1800 in Frankfurt an der Oder, machte es seiner Umgebung nicht leicht. Der begabte Vormärzdichter, der fast sein gesamtes Leben als Erwachsener beim Militär verbrachte, war, wie er selbst in einem handschriftlichen "Scandal-Register" festhielt, sechsmal als Kontrahent und ebenso oft als Sekundant in Duelle verwickelt; zweimal wurde er dafür zu Festungshaft verurteilt, was in Preußen offenbar nicht als ehrenrührig galt. Der zweiten Haftstrafe, die Gaudy zwischen März und Juni 1827 auf der schlesischen Festung Silberstein verbrachte, widmete nun Doris Fouquet-Plümacher ein Bändchen aus der schönen Reihe der "Frankfurter Buntbücher", die im Kleist-Museum Frankfurt (Oder) konzipiert wird.
Der Grundgedanke dieser Reihe, ein Schlaglicht auf einen Dichter an einem konkreten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt zu werfen, trägt auch im Fall Gaudys Früchte - nicht nur, weil eine reiche Bebilderung mit Fotos, Plänen und eigenhändigen Zeichnungen von Gaudy die Situation dieser Festungshaft recht plastisch macht, sondern auch, weil all dies über den Einzelfall hinausweist und grundsätzliche Fragen nach dem Sinn einer solchen Strafe im damaligen Militärwesen aufwirft, das offenbar vor allem durch Langeweile und die Feuchtigkeit der Kasematten bestimmt war. Der Autor immerhin fand dabei den Stoff zu gleich mehreren Werken.
Die letzten Jahre seines 1840 plötzlich durch einen Schlaganfall beendeten Lebens verbrachte Gaudy als Berufsschriftsteller in Berlin, befreundet unter anderem mit Adelbert von Chamisso. Teile seines umfangreichen Werks, etwa der Bericht einer späten, von Skepsis gezeichneten Italien-Reise, sind noch immer lesenswert. (spre).
Doris Fouquet-Plümacher: "Franz Freiherr Gaudy 1827 auf der Festung Silberberg".
Frankfurter Buntbücher 65. Kleist-Museum, Frankfurt (Oder). Verlag für Berlin- Brandenburg, Berlin 2020. 32 S., br., 8,- [Euro].
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