Franziska ist ein Einzelkind. Wie gerne hätte sie etwas mehr Trubel um sich! Da passt es ihr so recht in den Kram, dass eines Tages drei Elche vor ihrer Haustüre sitzen. 'Ihr könnt meine Brüder sein!', sagt sie zu ihnen und nimmt sie mit in die Wohnung. Sauwohl fühlen sich die Elchbrüder dort gleich, galoppieren durch die Zimmer und stellen dabei die Bude auf den Kopf. So hat sich Franziska das Brüderhaben nicht vorgestellt. Also fährt sie mit ihnen so oft Aufzug, bis sie langsam Bauchweh kriegen und wieder nach draußen in die Kälte wollen. Auf einmal ist es wieder so richtig schön ruhig und still in Franziskas Zimmer. Ich hab ja Tim, denkt sie, und die Kinder im Kindergarten. Franziska hätte so gerne Geschwister! Doch die Elche, die sie bei sich zu Hause aufnimmt, erfüllen ihre Hoffnungen so ganz und gar nicht.
Franziska ist ein Einzelkind. Wie gerne hätte sie etwas mehr Trubel um sich! Da passt es ihr so recht in den Kram, dass eines Tages drei Elche vor ihrer Haustüre sitzen. "Ihr könnt meine Brüder sein!", sagt sie zu ihnen und nimmt sie mit in die Wohnung. Sauwohl fühlen sich die Elchbrüder dort gleich, galoppieren durch die Zimmer und stellen dabei die Bude auf den Kopf. So hat sich Franziska das Brüderhaben nicht vorgestellt.
Also fährt sie mit ihnen so oft Aufzug, bis sie langsam Bauchweh kriegen und wieder nach draußen in die Kälte wollen. Auf einmal ist es wieder so richtig schön ruhig und still in Franziskas Zimmer.
"Ich hab ja Tim", denkt sie, "und die Kinder im Kindergarten."
Franziska ist ein Einzelkind. Wie gerne hätte sie etwas mehr Trubel um sich! Da passt es ihr so recht in den Kram, dass eines Tages drei Elche vor ihrer Haustüre sitzen. "Ihr könnt meine Brüder sein!", sagt sie zu ihnen und nimmt sie mit in die Wohnung. Sauwohl fühlen sich die Elchbrüder dort gleich, galoppieren durch die Zimmer und stellen dabei die Bude auf den Kopf. So hat sich Franziska das Brüderhaben nicht vorgestellt.
Also fährt sie mit ihnen so oft Aufzug, bis sie langsam Bauchweh kriegen und wieder nach draußen in die Kälte wollen. Auf einmal ist es wieder so richtig schön ruhig und still in Franziskas Zimmer.
"Ich hab ja Tim", denkt sie, "und die Kinder im Kindergarten."
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2005Ein lärmend Volk von Brüdern
Wie Franziska zur leisesten Kritikerin der Elche wurde
Der Teddy ist diskret. Er macht keinen Lärm. Vielleicht hat er, um Franziska nicht aufzuwecken, wenn sich die anderen Insassen des Stofftierkorbs am Kopfende ihres Bettchens nachts plötzlich herumbalgen, seine Kippstimme eigenpfötig ausgeschaltet. Außer dem kaffeebraunen Bären mit kleinen Ohren, großen Augen und markanter Schnauze liegt noch ein Hund obenauf im Korb. Eine Puppe hat vorläufig Bleiberecht erhalten. Es wird sich um Kleinpupp handeln, denn Großpupp schläft bei Franziska im Bett. Im Laufe des Geschehens hüpft irgendwann noch ein spitzschnäuziges und spitzohriges blaues Wesen auf den genügsamen Bärenbauch, womöglich eine Wander- oder Wasserratte. Ein wuscheliges orangefarbenes Etwas geht die ganze Zeit über nicht aus der Deckung. Es könnte sich um den Schopf von Pumuckl handeln, doch erstens lebt Franziska in Schweden, und zweitens hätte der niemals so lange stillgehalten. Noch ein Teddy? Mit Popstarperücke? Aber ohne Popstarorgan.
Der Teddy jedenfalls sieht sich die ganze Sache zwar an, aber er denkt sich sein Teil und bereitet Franziska schon einmal auf all die schweigsamen Schweden vor, unter denen sie einmal die Auswahl wird treffen müssen, wenn sie dann selber Kinder bekommen will. Die Stelle des großen Bruders kann der Teddy nicht vertreten. Denn das weiß Franziska, auch wenn sie selber keinen hat: Ein großer Bruder macht laute Musik! So schweift ihr Blick hinüber zum Schrank, wo Barbie in einem verrucht kurzen roten Kleidchen mit roten Schuhen unter einem roten Sonnenschirm auf einem Haufen von Barbieklamotten sitzt. Aber für einen echten großen Bruder wäre wohl auch diese Puppe zu klein.
An den Wasserfarbenbildern von Pija Lindenbaum gefällt die Freiheit der Perspektivik. Das Kinderzimmer könnte mehr als vier Ecken haben, so groß will es scheinen; es stünde schon eine kleine Wanderung an, wollte Franziska wirklich zum Schrank hinübergehen und Barbie als Bruderlockvogel ausstaffieren. Daran erinnert sich ja jeder, zumal wenn er keinen großen Bruder gehabt hat, der sich lärmend hätte breitmachen können: wie groß einem das eigene Zimmer erscheint, ein Reich, in dem nie Überfüllung herrscht, weder an Dingen noch an Tieren, und wie enttäuscht man dann ist, wenn es schrumpft.
Franziska geht zum Schlittenfahren hinters Haus. Tim hat sie abgeholt. Er ist auch nur so groß wie sie, könnte fast ihr Zwillingsbruder sein, hat dieselben lustigen Schlitzaugen wie sie. Eine Pelzmütze trägt er, und er breitet die Arme aus, als käme er gerade aus Sibirien. Hinter dem Haus sind schon Tims Geschwister. Da ist es Franziska nun zu laut, und sie geht wieder nach Hause. Wer aber sitzt vor der Tür? Drei Tiere, die im Korb keinen Platz mehr hätten. Ein Elch und noch einer und noch einer. Es könnten Brüder sein. Franziskas Brüder. Sie lädt sie ein in ihr Zimmer.
Groß sind sie ja. Aber so groß nun auch wieder nicht, daß einer allein oben an den Schrank herankäme, auf den beim Spielen mit den Tieren ein Pinguin geflogen ist, obwohl Pinguine doch gar nicht fliegen können. Er soll Spiderman darstellen, aber da haben die Elche wohl etwas durcheinandergebracht: Der Pinguin ist doch der Gegenspieler von Batman. Franziska weiß das natürlich auch nicht, sie hat ja keinen großen Bruder, in dessen Comicheften sie blättern könnte. Die Beine der Elche sind so dünn wie die von Barbie, und die Hörner, auf die sie so mächtig stolz sind, würden beim Bäcker nicht mal als Hörnchen durchgehen, noch nicht einmal beim Biobäcker. Was wirklich groß ist, das sind naturgemäß ihre Schnauzen.
Allzuviel anfangen kann Franziska mit den Brüdern nicht. Beim Malen gefallen sie sich, wie das bei Halbstarken eben so ist, in den Abstraktionen melodramatischer Sentimentalität. Einzige Motive: Gewitter und Messer. Alle Kreiden malen sie kaputt, und am Ende ist dann doch nichts zu erkennen. Anders als bei Franziska: Rosa Vogel mit blauer Strumpfhose.
Pija Lindenbaum lädt mit ihren einfachen Bildern, auf denen für jedes Ding und jedes Tier Platz geschaffen wird, notfalls durch Dehnung des Raumes, zur Nachahmung ein. Auch die Handlung verzichtet auf das vom phantastischen Sujet nahegelegte Übermaß. Es passiert gar nicht viel in dem Tagtraum, um Franziska von dem Luxus zu überzeugen, den ein Leben ohne großen Bruder bedeutet. Schade, daß das abschreckend vulgäre Benehmen der Elche, das im Bild lustig ist, in der Sprache genau gespiegelt wird. Poetisch aber der Beweis für die Wahrheit des Traums, die liebevolle Beseitigung des von den Brüdern hinterlassenen Erdenrestes. Der Teddy bleibt ja immer sauber.
PATRICK BAHNERS
Pija Lindenbaum: "Franziska und die Elchbrüder". Aus dem Schwedischen übersetzt von Birgitta Kicherer. Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2004. 40 S., geb., 13,80 [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie Franziska zur leisesten Kritikerin der Elche wurde
Der Teddy ist diskret. Er macht keinen Lärm. Vielleicht hat er, um Franziska nicht aufzuwecken, wenn sich die anderen Insassen des Stofftierkorbs am Kopfende ihres Bettchens nachts plötzlich herumbalgen, seine Kippstimme eigenpfötig ausgeschaltet. Außer dem kaffeebraunen Bären mit kleinen Ohren, großen Augen und markanter Schnauze liegt noch ein Hund obenauf im Korb. Eine Puppe hat vorläufig Bleiberecht erhalten. Es wird sich um Kleinpupp handeln, denn Großpupp schläft bei Franziska im Bett. Im Laufe des Geschehens hüpft irgendwann noch ein spitzschnäuziges und spitzohriges blaues Wesen auf den genügsamen Bärenbauch, womöglich eine Wander- oder Wasserratte. Ein wuscheliges orangefarbenes Etwas geht die ganze Zeit über nicht aus der Deckung. Es könnte sich um den Schopf von Pumuckl handeln, doch erstens lebt Franziska in Schweden, und zweitens hätte der niemals so lange stillgehalten. Noch ein Teddy? Mit Popstarperücke? Aber ohne Popstarorgan.
Der Teddy jedenfalls sieht sich die ganze Sache zwar an, aber er denkt sich sein Teil und bereitet Franziska schon einmal auf all die schweigsamen Schweden vor, unter denen sie einmal die Auswahl wird treffen müssen, wenn sie dann selber Kinder bekommen will. Die Stelle des großen Bruders kann der Teddy nicht vertreten. Denn das weiß Franziska, auch wenn sie selber keinen hat: Ein großer Bruder macht laute Musik! So schweift ihr Blick hinüber zum Schrank, wo Barbie in einem verrucht kurzen roten Kleidchen mit roten Schuhen unter einem roten Sonnenschirm auf einem Haufen von Barbieklamotten sitzt. Aber für einen echten großen Bruder wäre wohl auch diese Puppe zu klein.
An den Wasserfarbenbildern von Pija Lindenbaum gefällt die Freiheit der Perspektivik. Das Kinderzimmer könnte mehr als vier Ecken haben, so groß will es scheinen; es stünde schon eine kleine Wanderung an, wollte Franziska wirklich zum Schrank hinübergehen und Barbie als Bruderlockvogel ausstaffieren. Daran erinnert sich ja jeder, zumal wenn er keinen großen Bruder gehabt hat, der sich lärmend hätte breitmachen können: wie groß einem das eigene Zimmer erscheint, ein Reich, in dem nie Überfüllung herrscht, weder an Dingen noch an Tieren, und wie enttäuscht man dann ist, wenn es schrumpft.
Franziska geht zum Schlittenfahren hinters Haus. Tim hat sie abgeholt. Er ist auch nur so groß wie sie, könnte fast ihr Zwillingsbruder sein, hat dieselben lustigen Schlitzaugen wie sie. Eine Pelzmütze trägt er, und er breitet die Arme aus, als käme er gerade aus Sibirien. Hinter dem Haus sind schon Tims Geschwister. Da ist es Franziska nun zu laut, und sie geht wieder nach Hause. Wer aber sitzt vor der Tür? Drei Tiere, die im Korb keinen Platz mehr hätten. Ein Elch und noch einer und noch einer. Es könnten Brüder sein. Franziskas Brüder. Sie lädt sie ein in ihr Zimmer.
Groß sind sie ja. Aber so groß nun auch wieder nicht, daß einer allein oben an den Schrank herankäme, auf den beim Spielen mit den Tieren ein Pinguin geflogen ist, obwohl Pinguine doch gar nicht fliegen können. Er soll Spiderman darstellen, aber da haben die Elche wohl etwas durcheinandergebracht: Der Pinguin ist doch der Gegenspieler von Batman. Franziska weiß das natürlich auch nicht, sie hat ja keinen großen Bruder, in dessen Comicheften sie blättern könnte. Die Beine der Elche sind so dünn wie die von Barbie, und die Hörner, auf die sie so mächtig stolz sind, würden beim Bäcker nicht mal als Hörnchen durchgehen, noch nicht einmal beim Biobäcker. Was wirklich groß ist, das sind naturgemäß ihre Schnauzen.
Allzuviel anfangen kann Franziska mit den Brüdern nicht. Beim Malen gefallen sie sich, wie das bei Halbstarken eben so ist, in den Abstraktionen melodramatischer Sentimentalität. Einzige Motive: Gewitter und Messer. Alle Kreiden malen sie kaputt, und am Ende ist dann doch nichts zu erkennen. Anders als bei Franziska: Rosa Vogel mit blauer Strumpfhose.
Pija Lindenbaum lädt mit ihren einfachen Bildern, auf denen für jedes Ding und jedes Tier Platz geschaffen wird, notfalls durch Dehnung des Raumes, zur Nachahmung ein. Auch die Handlung verzichtet auf das vom phantastischen Sujet nahegelegte Übermaß. Es passiert gar nicht viel in dem Tagtraum, um Franziska von dem Luxus zu überzeugen, den ein Leben ohne großen Bruder bedeutet. Schade, daß das abschreckend vulgäre Benehmen der Elche, das im Bild lustig ist, in der Sprache genau gespiegelt wird. Poetisch aber der Beweis für die Wahrheit des Traums, die liebevolle Beseitigung des von den Brüdern hinterlassenen Erdenrestes. Der Teddy bleibt ja immer sauber.
PATRICK BAHNERS
Pija Lindenbaum: "Franziska und die Elchbrüder". Aus dem Schwedischen übersetzt von Birgitta Kicherer. Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2004. 40 S., geb., 13,80 [Euro]. Ab 4 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Dieses Bilderbuch hat auf Rezensent Patrick Bahners sehr offensichtlich einige Faszination ausgeübt, obwohl er nur schwer erklären kann, warum. Liegt es an der Freiheit der Perspektivik in diesen einfachen Wasserfarbenbildern, in denen die Illustratorin und Autorin Pija Lindenbaum für jedes Ding und jedes Tier soviel Platz geschaffen hat? Liegt es an der schrägen Geschichte vom kleinen Mädchen Franziska, das sich mangels real existierender älterer Brüder drei Elche in ihr Kinderzimmer träumt? Bahners beschreibt beinahe zärtlich die sanfte Exzentrik des Buches, das für ihn auch von der "Wahrheit eines Traumes" erzählt. Er bedauert nur, dass das vulgäre Benehmen der Elche nicht nur im Bild, sondern auch im Text Niederschlag gefunden hat.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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