Klausenburg/Siebenbürgen, März 1944. Die Stadt, die seit kurzem wieder ungarisch Kolozsvár heißt, ist von den Deutschen besetzt, Deportationen sind in vollem Gang. Alaine, Kind aus einer ungarisch-protestantischen Familie, versucht, jüdischen Bekannten zu helfen. Sie ist ein offenes, unerschrockenes junges Mädchen, verliebt in János, mit dem sie sich im Herbst, als die Front naht, zur Flucht entschließt. Westlich von Budapest gerät die kleine Flüchtlingsgruppe mitten in die ungarisch-deutsch-russischen Kriegshandlungen hinein. János wird von Rotarmisten abgeführt, Alaine fällt der systematischen Vergewaltigung zum Opfer. Was ihr widerfuhr und wie sie überlebt hat, darüber kann sie erst Jahrzehnte später sprechen. Als das Buch 1991 erschien, löste es ungläubiges Entsetzen aus. In elf Sprachen übersetzt, zählt es heute zu den bedeutendsten Lebenszeugnissen von Frauen aus den Jahren des Zweiten Weltkriegs in Mitteleuropa.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Andreas Breitenstein ist tief beeindruckt und voller Bewunderung für Alaine Polcz' Bericht über ihre traumatische Erlebnisse in Siebenbürgen während des Zweiten Weltkriegs, aber die Lektüre hat ihn auch ziemlich mitgenommen. Sehr erstaunlich findet der Rezensent, dass dieses über ein persönliches Dokument weit hinausreichende Buch der ungarischen Autorin, die als Kinderpsychologin und Thanatologin viel zur Enttabuisierung des Todes beigetragen hat, erst jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt. Das ungarische Original konnte allerdings auch erst 1991 publiziert werden, weil es ein bis dahin verschwiegenes Unrecht benannte und damit in Ungarn durchaus einen "Schock" auslöste, weiß Breitenstein. Denn Polcz berichtet nicht nur von mutigen Versuchen, jüdische Mitbürger zu retten, von Flucht und Hunger, sie schreibt auch offen über Vergewaltigung durch russische Soldaten, womit sie ein "offenbares Geheimnis" erstmals ausspricht, schreibt der Rezensent. Scharfe Beobachtungen und erhellende Kommentare zeichnen diesen Bericht aus, der mit "lapidarem Pathos und lakonischer Ironie" genauso beeindruckt wie mit poetischen und berührenden Szenen, meint Breitenstein, der selten ein so erschütterndes "Dokument der Aufrichtigkeit und Menschlichkeit" gelesen hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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