Humanitär oder religiös begründetes Mitleid, das sich in Taten zeigte, konnte unter "staatsgefährdende Umtriebe" fallen, Fluchthilfe war "Feindbegünstigung" und der Kampf mit dem Wort war "Hochverrat". So sahen der deutsche und der französische Unterdrückungsapparat die Aktivitäten von Frauen in der Résistance. Das Buch führt die Einsatzbereiche von Frauen und ihre Schlüsselstellung für den Widerstand vor Augen. Es stützt sich auf eine Fülle von bisher nicht ausgewerteten Quellen in Frankreich und Deutschland und geht auch der Frage nach, welche Beweggründe Frauen für ihr Engagement im Widerstand hatten. Deutlich wird auch, welch hohe Risiken für Leib und Leben sie dabei eingingen.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungKaum im öffentlichen Gedächtnis
Frauen im Kampf gegen die deutsche Besatzungsherrschaft in Frankreich
Kahlgeschorene Kollaborateurinnen und Widerstandskämpferinnen mit Maschinengewehr: die Extreme prägen bis heute unser Bild der Frauen im besetzten Frankreich. Die Wirkungsmacht solcher Schreckens- und Glorien-Ikonen verzerrt allerdings den Blick für die historische Realität, die facettenreicher war, als es diese beiden emblematischen Zuspitzungen nahelegen. Corinna von Lists Studie zur Beteiligung von Frauen an der Résistance klärt darüber auf, wie vielfältig der weibliche Widerstand gegen die deutschen Besatzer war. Sie begibt sich damit auf ein Forschungsfeld, dessen ideologische Aufladung zwar nachgelassen hat, das aber auch heute noch Fallstricke bereithält, sei es hinsichtlich der Korrektur des Résistance-Mythos, sei es bezüglich der Frage, was überhaupt "Widerstand" ist, sei es schließlich mit Blick auf die Gender-Problematik einer Geschichtsschreibung, die doch die Rolle von Frauen im historischen Geschehen sichtbar machen und aufwerten will.
Der neueren Forschung folgend plädiert die Autorin dafür, statt von "aktivem" und "passivem" Widerstand zu sprechen, nun das Begriffspaar "militärisch-bewaffneter Widerstand" (überwiegend von Männern geleistet) und "ziviler Widerstand" (mit hohem Frauenanteil) zu verwenden. So macht sie deutlich, wie eng verflochten und aufeinander angewiesen beide Widerstandsformen waren - ohne logistische Basis kein bewaffneter Kampf - und weil beide Gruppen von den gleichen, oft patriotischen Motiven geleitet wurden. Frau von List weist nach, dass beide den gleichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt waren. Dieser Befund überrascht, wird aber von der Autorin mit zahlreichen Fallstudien und biographischen Porträts untermauert. Kurierdienste, Bereitstellung der Logistik, klandestine Beherbergung, Untergrundpressearbeit und Fluchthilfe, die Hauptsäulen der weiblichen Widerstandsaktivitäten, waren hochriskant und konnten zusätzlich zur Gefängnisstrafe Erpressung, Misshandlung, Folter, Psychoterror und Deportation bedeuten. Viele, gerade Fluchthelferinnen haben ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Dennoch blieb der zivile weibliche Widerstand im öffentlichen Gedächtnis der Nachkriegszeit weitgehend anonym und neben den heroischen Aktionen der Kämpfer und Märtyrer unsichtbar. Insgesamt ein wichtiger Beitrag zur Würdigung des Engagements von französischen Frauen im Kampf gegen die Besatzungsherrschaft.
CHRISTIANE LIERMANN
Corinna von List: Frauen in der Résistance 1940-1944. "Der Kampf gegen die ,Boches' hat begonnen!". Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2010. 311 S., 39,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Frauen im Kampf gegen die deutsche Besatzungsherrschaft in Frankreich
Kahlgeschorene Kollaborateurinnen und Widerstandskämpferinnen mit Maschinengewehr: die Extreme prägen bis heute unser Bild der Frauen im besetzten Frankreich. Die Wirkungsmacht solcher Schreckens- und Glorien-Ikonen verzerrt allerdings den Blick für die historische Realität, die facettenreicher war, als es diese beiden emblematischen Zuspitzungen nahelegen. Corinna von Lists Studie zur Beteiligung von Frauen an der Résistance klärt darüber auf, wie vielfältig der weibliche Widerstand gegen die deutschen Besatzer war. Sie begibt sich damit auf ein Forschungsfeld, dessen ideologische Aufladung zwar nachgelassen hat, das aber auch heute noch Fallstricke bereithält, sei es hinsichtlich der Korrektur des Résistance-Mythos, sei es bezüglich der Frage, was überhaupt "Widerstand" ist, sei es schließlich mit Blick auf die Gender-Problematik einer Geschichtsschreibung, die doch die Rolle von Frauen im historischen Geschehen sichtbar machen und aufwerten will.
Der neueren Forschung folgend plädiert die Autorin dafür, statt von "aktivem" und "passivem" Widerstand zu sprechen, nun das Begriffspaar "militärisch-bewaffneter Widerstand" (überwiegend von Männern geleistet) und "ziviler Widerstand" (mit hohem Frauenanteil) zu verwenden. So macht sie deutlich, wie eng verflochten und aufeinander angewiesen beide Widerstandsformen waren - ohne logistische Basis kein bewaffneter Kampf - und weil beide Gruppen von den gleichen, oft patriotischen Motiven geleitet wurden. Frau von List weist nach, dass beide den gleichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt waren. Dieser Befund überrascht, wird aber von der Autorin mit zahlreichen Fallstudien und biographischen Porträts untermauert. Kurierdienste, Bereitstellung der Logistik, klandestine Beherbergung, Untergrundpressearbeit und Fluchthilfe, die Hauptsäulen der weiblichen Widerstandsaktivitäten, waren hochriskant und konnten zusätzlich zur Gefängnisstrafe Erpressung, Misshandlung, Folter, Psychoterror und Deportation bedeuten. Viele, gerade Fluchthelferinnen haben ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Dennoch blieb der zivile weibliche Widerstand im öffentlichen Gedächtnis der Nachkriegszeit weitgehend anonym und neben den heroischen Aktionen der Kämpfer und Märtyrer unsichtbar. Insgesamt ein wichtiger Beitrag zur Würdigung des Engagements von französischen Frauen im Kampf gegen die Besatzungsherrschaft.
CHRISTIANE LIERMANN
Corinna von List: Frauen in der Résistance 1940-1944. "Der Kampf gegen die ,Boches' hat begonnen!". Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2010. 311 S., 39,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Christiane Liermann begrüßt diese Studie über Frauen in der Resistance, die Corinna von List vorgelegt hat. Sie bescheinigt der Autorin, ein facettenreiches Bild des Kampfes von Frauen gegen die deutschen Besatzer in Frankreich zu zeichnen. Dass List auf die Begriffe "aktiver" und "passiver" Widerstand verzichtet, um stattdessen von "militärisch-bewaffneten Widerstand" und "zivilen Widerstand" zu sprechen, findet ihre Zustimmung, zumal die Autorin für sie überzeugend zeigt, dass beide Formen des Widerstands aufeinander bezogen, voneinander abhängig und gleichermaßen gefährlich waren. Damit leistet die Autorin in ihren Augen einen "wichtigen Beitrag", den zivilen weibliche Widerstand zu würdigen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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