Die Geschichte der Köchin erzählt von Heldinnen des Alltags. Sie fängt bei Getreidebrei und Milchsuppe an, streift Epochen, in denen man weder Kühlschrank, Spülmaschine noch elektrischen Herd kannte, und präsentiert Frauen, die noch wussten, wie man schlachtete, räucherte oder Bier braute. Es sind Frauen mit kulinarischem Hausverstand, wie die italienische Mamma, die aus Eiern und Mehl Pasta machte und damit einen Mythos kreierte; die englische Mistress of the Household, die stolz war auf ihre Shepherd's pies; die französische Madame, die sonntags ein Huhn in den Topf warf und es so mit Estragon zu parfümieren verstand, dass ihr Monsieur schnurrend zu Füßen lag. Diese Frauen konnten nicht nur kochen, sie verfügten auch über Management- und Führungsqualitäten. Ihre Leistungen als Pionierinnen der Kochbuchliteratur, als Gründerinnen von Kochschulen, als heimliche Herrscherinnen im Haushalt berühmter Persönlichkeiten wurden lange unterschätzt. Und so wird es Zeit, die Geschichte ihres Könnens, Wagemuts und ihrer Kreativität zu erzählen. Vorgestellt werden Köchinnen und Kochbuchautorinnen von Anna Wecker (16. Jh.) bis zu heutigen Sterneköchinnen, u.a. Therese Teufl, Philippine Welser, Eliza Acton, Henriette Davidis, Katharina Prato, Julia Child, Eugénie Brazier, Hélène Darroze, Simone Ortega Klein, Elena Arzak, Anne-Sophie Pic, Sissy Sonnleitner, Léa Linster, Cornelia Poletto u.v.a.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2010Wo bleibt Alfonsine Schuhbeck?
Historikerin Katja Mutschelknaus hat ein Buch über Köchinnen geschrieben – noch immer sind sie in der Spitzengastronomie benachteiligt
Von Christina Warta
Ohne sie lief nichts im Haushalt: Die „Perle“ schlich sich morgens um fünf Uhr früh aus ihrem warmen Bett, ging auf Zehenspitzen zum Kamin, um dort möglichst leise Holz aufzuschichten und zu entzünden, holte Wasser vom Brunnen und setzte den Teekessel aufs Feuer. Zwischenzeitlich feudelte sie den Fußboden und das Treppenhaus, schob den Rosinenbrötchenteig ins Rohr, bereitete den Tee, briet Schinken und Eier, holte die handgeknetete Butter aus dem Keller und deckte den Tisch. Wenn die Dame des Hauses nach ihr läutete, hatte sich die Perle längst eine frische Schürze umgebunden und servierte sauber und freundlich das vorbereitete Frühstück. Dass sie selbst bis dahin noch keinen Bissen gefrühstückt, dafür aber schon drei Stunden im Haushalt geschuftet hatte, interessierte „die Gnädige“ Mitte des 19. Jahrhunderts in einem bürgerlichen oder herrschaftlichen Haushalt nicht.
„Über Köchinnen gibt es eigentlich nur Dienstmädchenliteratur“, sagt Katja Mutschelknaus und nimmt noch einen kleinen Schluck Kaffee. Als der Kulturwissenschaftlerin dies klar wurde, hatte sie zugleich auch das Thema ihres neuen Buches gefunden. „Frauen mit Geschmack“ (Elisabeth Sandmann Verlag) heißt der Band, der mit historischen Fotos und Rezepten üppig bestückt ist und so als schmucker Coffee-table-Schmöker daherkommt – jedoch nicht nur das. Auf unterhaltsame und kenntnisreiche Weise präsentiert Mutschelknaus darin auch eine ganze Reihe kulturgeschichtlicher Erkenntnisse über die kaum anerkannte Rolle der Frau in der Küche. Die wurde zwar als Arbeitstier im Alltag gerne akzeptiert, als Künstlerin am Herd jedoch lange Zeit ignoriert – und sie wird auch heute noch gerne übersehen.
Katja Mutschelknaus wäre selbst gerne Köchin geworden – „ich wollte immer kochen oder schreiben“, sagt die Münchnerin. Als Sechsjährige las sie am Sonntagmorgen die „Petzi“-Comics, in denen stapelweise Pfannkuchen gebacken und vertilgt werden. „Davon habe ich solchen Hunger bekommen, dass ich aufgestanden bin und heimlich Pfannkuchen gemacht habe – bis meine Eltern davon aufgewacht sind“, erzählt sie. Später arbeitete sie in einem Restaurant in Freising, „doch ich vertrug den Wechsel zwischen heiß und kalt nicht und war ständig krank“. Sie studierte Völkerkunde mit dem Schwerpunkt Ernährung, arbeitete im württembergischen Landesministerium und kehrte schließlich als Buchautorin und Restaurantkritikerin nach Bayern zurück.
Auf die Suche nach bekannten, gar berühmten Köchinnen hat sich vor Katja Mutschelknaus noch kaum ein Autor begeben. „Da muss man sich mit der Machete durch einen Dschungel schlagen“, sagt sie über ihre oft mühsame Recherche in Bibliotheken und Museen. Fündig ist sie in eineinhalb Jahren dennoch geworden: Da ist etwa die k. u. k. Mundköchin Therese Teufl, die seit 1880 als eine der ersten Köchinnen am Hofe für Kaiserin Sisi Presssuppe fertigte oder Butterkipferln buk. Über das Leben von Therese Teufl gibt es kaum Schriftliches, in den Archiven war nur ein einziges Foto zu finden. Und da ist die Amerikanerin Catharine Beecher, eine Pionierin in Sachen Frauenbildung, die sich 1869 über die „Monstrositäten“ empörte, die in amerikanischen Haushalten zusammengekocht wurden, und deren Standardwerk der Haushaltsführung schließlich ein Bestseller wurde.
Ein besonderes Interesse widmet Mutschelknaus dem Lebensstil in englischen Herrenhäusern des 19. Jahrhunderts. Unter den Bediensteten hatten Köchinnen eine wichtige Stellung inne – und der Landadel engagierte die Frauen ohnehin gerne, weil ihr Lohn nicht mit einer Steuer belegt war wie der eines männlichen Kollegen. Die Küche im Souterrain oder abseits des Herrenhauses war die zentrale Versorgungszentrale und das Reich der Köchinnen: Hier kochten sie Orangenmarmelade ein und setzten Sirup an, im Weinkeller wurden die Flaschen auf Stroh gelagert, in der Küche hing eine Batterie kupferner Töpfe gleich beim Herd, stets parat für den Einsatz.
Diese Köchinnen wurden geschätzt, öffentlich anerkannt aber waren sie nicht.
„Den Dammbruch für die Frauen in der Spitzengastronomie gab es erst 1933“, sagt Katja Mutschelknaus. Eugénie Brazier war eine außergewöhnliche Köchin, die zu jener Zeit gleich zwei Restaurants in der Gegend von Lyon betrieb, und für beide erhielt sie gleichzeitig drei Sterne – ein Paukenschlag. In ihrem Arbeiterbistro in der Rue Royale servierte sie Bressehuhn mit Trüffeln oder Steinbutt in Chambertin – und zwar nicht nur einfachen Arbeitern, sondern bald auch Prominenten wie Marlene Dietrich oder General de Gaulle. In ihrer Küche schnippelte unterdessen ein Lehrling namens Paul Bocuse, der unter Anleitung seiner Chefin sogar lernen musste, wie man eine Kuh melkt.
„Trotzdem galt weiterhin der Widerspruch, dass eine Frau im Alltag an den Herd gehört, aber in der Spitzengastronomie nichts verloren hat“, sagt Katja Mutschelknaus. Erst in den Siebzigern änderte sich langsam das Bewusstsein, als emanzipierte Frauen für ihre Anerkennung zu kämpfen begannen. Trotzdem: „Es gibt hier keine Alfonsine Schuhbeck“, sagt sie über München. Soll heißen: keine Köchin, die es geschafft hat, auch nur annähernd so bekannt zu sein wie der Maître vom Platzl. „Frauen zahlen heute noch immer einen höheren Preis als Männer“, hat sie nach Gesprächen mit bekannten Köchinnen festgestellt, „Männer sind meist unbelasteter von inneren Zwängen.“
Am Ende ist es, so Mutschelknaus, immer auch eine gesellschaftspolitische Frage, ob Frauen die angemessene Anerkennung zuteil wird oder nicht. Köchinnen wie Madame Brazier seien immer auch emanzipiert gewesen. „Trotzdem glaube ich, dass sich etwas tut“, sagt Katja Mutschelknaus. „In München gibt es viele Frauen, die einfach ihr Ding durchziehen und kleine Deli-Läden eröffnet haben.“ Dann lacht sie und sagt: „Als Historikerin habe ich da einen längeren Atem: Der Prozess der Veränderung hat gerade erst angefangen.“
Als Arbeitstier im Alltag
erwünscht, als Künstlerin in
der Küche ignoriert
„In München gibt es viele Frauen,
die einfach ihr Ding durchziehen –
und Deli-Läden eröffnen.“
Ein Sonntagsbraten im Backrohr, die Torte bereits fertig auf dem Tisch, die Küche trotzdem blitzblank – so stellte man sich in den Fünfzigern die ideale Hausfrau vor. Historikerin Katja Mutschelknaus (links) hat sich in ihrem Buch mit der Anerkennung von Köchinnen beschäftigt. Fotos: Interfoto, FinePic/H. Henkensiefken
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Historikerin Katja Mutschelknaus hat ein Buch über Köchinnen geschrieben – noch immer sind sie in der Spitzengastronomie benachteiligt
Von Christina Warta
Ohne sie lief nichts im Haushalt: Die „Perle“ schlich sich morgens um fünf Uhr früh aus ihrem warmen Bett, ging auf Zehenspitzen zum Kamin, um dort möglichst leise Holz aufzuschichten und zu entzünden, holte Wasser vom Brunnen und setzte den Teekessel aufs Feuer. Zwischenzeitlich feudelte sie den Fußboden und das Treppenhaus, schob den Rosinenbrötchenteig ins Rohr, bereitete den Tee, briet Schinken und Eier, holte die handgeknetete Butter aus dem Keller und deckte den Tisch. Wenn die Dame des Hauses nach ihr läutete, hatte sich die Perle längst eine frische Schürze umgebunden und servierte sauber und freundlich das vorbereitete Frühstück. Dass sie selbst bis dahin noch keinen Bissen gefrühstückt, dafür aber schon drei Stunden im Haushalt geschuftet hatte, interessierte „die Gnädige“ Mitte des 19. Jahrhunderts in einem bürgerlichen oder herrschaftlichen Haushalt nicht.
„Über Köchinnen gibt es eigentlich nur Dienstmädchenliteratur“, sagt Katja Mutschelknaus und nimmt noch einen kleinen Schluck Kaffee. Als der Kulturwissenschaftlerin dies klar wurde, hatte sie zugleich auch das Thema ihres neuen Buches gefunden. „Frauen mit Geschmack“ (Elisabeth Sandmann Verlag) heißt der Band, der mit historischen Fotos und Rezepten üppig bestückt ist und so als schmucker Coffee-table-Schmöker daherkommt – jedoch nicht nur das. Auf unterhaltsame und kenntnisreiche Weise präsentiert Mutschelknaus darin auch eine ganze Reihe kulturgeschichtlicher Erkenntnisse über die kaum anerkannte Rolle der Frau in der Küche. Die wurde zwar als Arbeitstier im Alltag gerne akzeptiert, als Künstlerin am Herd jedoch lange Zeit ignoriert – und sie wird auch heute noch gerne übersehen.
Katja Mutschelknaus wäre selbst gerne Köchin geworden – „ich wollte immer kochen oder schreiben“, sagt die Münchnerin. Als Sechsjährige las sie am Sonntagmorgen die „Petzi“-Comics, in denen stapelweise Pfannkuchen gebacken und vertilgt werden. „Davon habe ich solchen Hunger bekommen, dass ich aufgestanden bin und heimlich Pfannkuchen gemacht habe – bis meine Eltern davon aufgewacht sind“, erzählt sie. Später arbeitete sie in einem Restaurant in Freising, „doch ich vertrug den Wechsel zwischen heiß und kalt nicht und war ständig krank“. Sie studierte Völkerkunde mit dem Schwerpunkt Ernährung, arbeitete im württembergischen Landesministerium und kehrte schließlich als Buchautorin und Restaurantkritikerin nach Bayern zurück.
Auf die Suche nach bekannten, gar berühmten Köchinnen hat sich vor Katja Mutschelknaus noch kaum ein Autor begeben. „Da muss man sich mit der Machete durch einen Dschungel schlagen“, sagt sie über ihre oft mühsame Recherche in Bibliotheken und Museen. Fündig ist sie in eineinhalb Jahren dennoch geworden: Da ist etwa die k. u. k. Mundköchin Therese Teufl, die seit 1880 als eine der ersten Köchinnen am Hofe für Kaiserin Sisi Presssuppe fertigte oder Butterkipferln buk. Über das Leben von Therese Teufl gibt es kaum Schriftliches, in den Archiven war nur ein einziges Foto zu finden. Und da ist die Amerikanerin Catharine Beecher, eine Pionierin in Sachen Frauenbildung, die sich 1869 über die „Monstrositäten“ empörte, die in amerikanischen Haushalten zusammengekocht wurden, und deren Standardwerk der Haushaltsführung schließlich ein Bestseller wurde.
Ein besonderes Interesse widmet Mutschelknaus dem Lebensstil in englischen Herrenhäusern des 19. Jahrhunderts. Unter den Bediensteten hatten Köchinnen eine wichtige Stellung inne – und der Landadel engagierte die Frauen ohnehin gerne, weil ihr Lohn nicht mit einer Steuer belegt war wie der eines männlichen Kollegen. Die Küche im Souterrain oder abseits des Herrenhauses war die zentrale Versorgungszentrale und das Reich der Köchinnen: Hier kochten sie Orangenmarmelade ein und setzten Sirup an, im Weinkeller wurden die Flaschen auf Stroh gelagert, in der Küche hing eine Batterie kupferner Töpfe gleich beim Herd, stets parat für den Einsatz.
Diese Köchinnen wurden geschätzt, öffentlich anerkannt aber waren sie nicht.
„Den Dammbruch für die Frauen in der Spitzengastronomie gab es erst 1933“, sagt Katja Mutschelknaus. Eugénie Brazier war eine außergewöhnliche Köchin, die zu jener Zeit gleich zwei Restaurants in der Gegend von Lyon betrieb, und für beide erhielt sie gleichzeitig drei Sterne – ein Paukenschlag. In ihrem Arbeiterbistro in der Rue Royale servierte sie Bressehuhn mit Trüffeln oder Steinbutt in Chambertin – und zwar nicht nur einfachen Arbeitern, sondern bald auch Prominenten wie Marlene Dietrich oder General de Gaulle. In ihrer Küche schnippelte unterdessen ein Lehrling namens Paul Bocuse, der unter Anleitung seiner Chefin sogar lernen musste, wie man eine Kuh melkt.
„Trotzdem galt weiterhin der Widerspruch, dass eine Frau im Alltag an den Herd gehört, aber in der Spitzengastronomie nichts verloren hat“, sagt Katja Mutschelknaus. Erst in den Siebzigern änderte sich langsam das Bewusstsein, als emanzipierte Frauen für ihre Anerkennung zu kämpfen begannen. Trotzdem: „Es gibt hier keine Alfonsine Schuhbeck“, sagt sie über München. Soll heißen: keine Köchin, die es geschafft hat, auch nur annähernd so bekannt zu sein wie der Maître vom Platzl. „Frauen zahlen heute noch immer einen höheren Preis als Männer“, hat sie nach Gesprächen mit bekannten Köchinnen festgestellt, „Männer sind meist unbelasteter von inneren Zwängen.“
Am Ende ist es, so Mutschelknaus, immer auch eine gesellschaftspolitische Frage, ob Frauen die angemessene Anerkennung zuteil wird oder nicht. Köchinnen wie Madame Brazier seien immer auch emanzipiert gewesen. „Trotzdem glaube ich, dass sich etwas tut“, sagt Katja Mutschelknaus. „In München gibt es viele Frauen, die einfach ihr Ding durchziehen und kleine Deli-Läden eröffnet haben.“ Dann lacht sie und sagt: „Als Historikerin habe ich da einen längeren Atem: Der Prozess der Veränderung hat gerade erst angefangen.“
Als Arbeitstier im Alltag
erwünscht, als Künstlerin in
der Küche ignoriert
„In München gibt es viele Frauen,
die einfach ihr Ding durchziehen –
und Deli-Läden eröffnen.“
Ein Sonntagsbraten im Backrohr, die Torte bereits fertig auf dem Tisch, die Küche trotzdem blitzblank – so stellte man sich in den Fünfzigern die ideale Hausfrau vor. Historikerin Katja Mutschelknaus (links) hat sich in ihrem Buch mit der Anerkennung von Köchinnen beschäftigt. Fotos: Interfoto, FinePic/H. Henkensiefken
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2010Die Emanzipation der Frauenpersonen
Die Geschichte der Köchin ist die Geschichte eines Widerspruchs. Einerseits war die Zubereitung von Speisen seit jeher Aufgabe der Frau. Doch sobald aus der notwendigen Nahrungsaufnahme innerhalb der Familie ein gesellschaftlicher Anlass wurde, traten die Männer in Erscheinung, und die Frauen mussten aus der Küche verschwinden. Frauen waren für den Brei zuständig, Männer für den Braten. Männer, die mit Kochen ihren Lebensunterhalt verdienten, hießen Köche. Frauen, die das Gleiche taten, wurden "Frauenperson zum Kochen" genannt. Oder einfach "Magd". Trotzdem schreibt Katja Mutschelknaus die Geschichte der Köchin als Erfolgsgeschichte. In dem opulent bebilderten Werk schildert sie, dass die weibliche Emanzipation auch durch die Küche führte. Zwar war der Marsch durch die Mägen langsamer und subtiler als die Demonstrationen der Suffragetten. Doch war er auch sehr viel sinnlicher, wie Mutschelknaus beweist. Man kann beim Lesen fast den Kuchenduft riechen und die Sämigkeit der Soßen schmecken, die berühmte Köchinnen wie Maria Pervich oder Eugénie Brazier auftischten. Dabei verschweigt sie aber auch nicht die harte Arbeit, die nötig ist, bis das Festessen auf den Tellern dampft. Denn jedes Coq au vin beginnt als totes Federvieh, das gerupft und ausgenommen werden muss.
jul.
"Frauen mit Geschmack" von Katja Mutschelknaus. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2010. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 24,95 Euro.
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Die Geschichte der Köchin ist die Geschichte eines Widerspruchs. Einerseits war die Zubereitung von Speisen seit jeher Aufgabe der Frau. Doch sobald aus der notwendigen Nahrungsaufnahme innerhalb der Familie ein gesellschaftlicher Anlass wurde, traten die Männer in Erscheinung, und die Frauen mussten aus der Küche verschwinden. Frauen waren für den Brei zuständig, Männer für den Braten. Männer, die mit Kochen ihren Lebensunterhalt verdienten, hießen Köche. Frauen, die das Gleiche taten, wurden "Frauenperson zum Kochen" genannt. Oder einfach "Magd". Trotzdem schreibt Katja Mutschelknaus die Geschichte der Köchin als Erfolgsgeschichte. In dem opulent bebilderten Werk schildert sie, dass die weibliche Emanzipation auch durch die Küche führte. Zwar war der Marsch durch die Mägen langsamer und subtiler als die Demonstrationen der Suffragetten. Doch war er auch sehr viel sinnlicher, wie Mutschelknaus beweist. Man kann beim Lesen fast den Kuchenduft riechen und die Sämigkeit der Soßen schmecken, die berühmte Köchinnen wie Maria Pervich oder Eugénie Brazier auftischten. Dabei verschweigt sie aber auch nicht die harte Arbeit, die nötig ist, bis das Festessen auf den Tellern dampft. Denn jedes Coq au vin beginnt als totes Federvieh, das gerupft und ausgenommen werden muss.
jul.
"Frauen mit Geschmack" von Katja Mutschelknaus. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2010. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 24,95 Euro.
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