Eine Welt ohne Krieg? Wenn die politische Führung nur in den Händen von Frauen läge, die für Frieden sorgten? In diesem Werk klärt der international angesehene Kriegstheoretiker Martin van Creveld kritisch über diese These auf.
Trotz der vorhandenen weiblichen Aggressionsbereitschaft nahmen Frauen von der Antike bis zum Ende des 2. Weltkriegs zwar nur sehr vereinzelt und in Ausnahmesituationen direkt am Krieg teil. Dieser blieb die bei weitem wichtigste Domäne des Mannes. "Mann" und "Krieger" waren so eng miteinander verknüpft, dass die beiden Wörter in einigen Sprachen austauschbar sind. Dennoch haben Frauen für den Krieg von jeher eine große und entscheidende Bedeutung gehabt. Sie spielten ihren Part in der Mythologie ebenso wie in der wirklichen Geschichte: als Anstifterinnen von kriegerischen Auseinandersetzungen, als Kriegsursachen, als Gegenstand und Opfer von Kriegen. Die Frauen waren es, die Schutz und Verteidigung von ihren Männern einforderten, die ihnen zujubelten, wenn sie in den Kampf zogen, die für sie beteten, wenn sie im Feld waren, und die auf ihre Rückkehr warteten. Sie umarmten die Sieger und trösteten die Verlierer. Frauen dienten über Jahrhunderte als Vergrößerungsspiegel, ausgestattet mit der Magie und Kraft, die Gestalt der Männer in doppelter Größe zurückzustrahlen. Diese Spiegel waren bestimmend für alle kriegerischen und heroischen Handlungen.
Martin van Creveld hat mit "Frauen und Krieg" ein grundlegendes und zugleich provokatives Geschichtswerk vorgelegt. Der Eintritt von Frauen in die Streitkräfte der entwickelten Länder, so argumentiert der Autor, hat mit der weiblichen Emanzipationsbewegung nichts zu tun. Vielmehr ist die Präsenz von Frauen im Militär ein weiteres Zeichen dafür, dass die Bedeutung der großen staatlichen Armeen für die Kriegführung mehr und mehr verschwindet.
Trotz der vorhandenen weiblichen Aggressionsbereitschaft nahmen Frauen von der Antike bis zum Ende des 2. Weltkriegs zwar nur sehr vereinzelt und in Ausnahmesituationen direkt am Krieg teil. Dieser blieb die bei weitem wichtigste Domäne des Mannes. "Mann" und "Krieger" waren so eng miteinander verknüpft, dass die beiden Wörter in einigen Sprachen austauschbar sind. Dennoch haben Frauen für den Krieg von jeher eine große und entscheidende Bedeutung gehabt. Sie spielten ihren Part in der Mythologie ebenso wie in der wirklichen Geschichte: als Anstifterinnen von kriegerischen Auseinandersetzungen, als Kriegsursachen, als Gegenstand und Opfer von Kriegen. Die Frauen waren es, die Schutz und Verteidigung von ihren Männern einforderten, die ihnen zujubelten, wenn sie in den Kampf zogen, die für sie beteten, wenn sie im Feld waren, und die auf ihre Rückkehr warteten. Sie umarmten die Sieger und trösteten die Verlierer. Frauen dienten über Jahrhunderte als Vergrößerungsspiegel, ausgestattet mit der Magie und Kraft, die Gestalt der Männer in doppelter Größe zurückzustrahlen. Diese Spiegel waren bestimmend für alle kriegerischen und heroischen Handlungen.
Martin van Creveld hat mit "Frauen und Krieg" ein grundlegendes und zugleich provokatives Geschichtswerk vorgelegt. Der Eintritt von Frauen in die Streitkräfte der entwickelten Länder, so argumentiert der Autor, hat mit der weiblichen Emanzipationsbewegung nichts zu tun. Vielmehr ist die Präsenz von Frauen im Militär ein weiteres Zeichen dafür, dass die Bedeutung der großen staatlichen Armeen für die Kriegführung mehr und mehr verschwindet.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2001Mit Muskeln und Musketen
Soldatinnen? Da kocht Martin van Creveld / Von Wolfgang Sofsky
Nach der Beschneidung wurden die Frauen im Mausoleum auf den Despoten eingeschworen. Man ritzte ihnen am Arm die Haut auf, vermischte das Blut mit Alkohol und Schießpulver und reichte ihnen den brisanten Trank zum Keuschheitseid. Als Soldatinnen des Leopardenkönigs verbrachten sie von nun an ihr Leben mit Arbeit und militärischem Drill. Mit Männern kamen sie kaum mehr in Berührung. Auf den Bruch des Zölibats stand die Todesstrafe. Sie dienten dem König als Leibgarde und Scharfrichter und zogen gegen die Nachbarstämme zu Felde. Für ihre Disziplin und Grausamkeit waren sie gefürchtet. Nach einem Sieg nahmen sie stets die Köpfe und Genitalien der getöteten Feinde als Trophäen mit. 1892 gingen die schwarzen Amazonen mit ihrem König unter. Nach der Niederlage gegen die französischen Kolonialtruppen verfrachtete man einige von ihnen nach Paris und ließ sie vor dem Eiffelturm exerzieren und vortanzen.
Die Kriegerinnen von Dahomey gehören zu den wenigen Frauen, die jemals auf einem Schlachtfeld gekämpft haben. Krieg war immer Männersache - und soll es auch bleiben, so die These, die Martin van Creveld, Professor für Geschichte in Jerusalem und einer der renommiertesten Kriegstheoretiker der Gegenwart, mit Vehemenz verteidigt. Ausgerüstet mit beträchtlichem kulturhistorischem Gepäck und getrieben von antifeministischer Angriffslust, zielt er mit großem Kaliber auf die modische Forderung, Frauen in die Kampfbataillone regulärer Streitkräfte aufzunehmen. Die Ausdehnung des "Geschlechterkrieges" auf das Militärwesen - die letzte Bastion des staatlichen Gewaltmonopols - hat Creveld allerdings so in Harnisch gebracht, daß nicht alle Attacken ins Schwarze treffen. Manche biologischen Analogien zu anderen Säugetieren verfehlen das historische Beweisziel um Längen. Auch für intellektuelle Gefechte gilt offenbar der Erfahrungssatz, daß die Moral des Stärkeren absinkt, sobald er es mit allzu schwachen Gegnern zu tun hat.
Läßt man die Fehlschüsse beiseite, bleibt eine lesenswerte, originelle und anekdotenreiche Kulturgeschichte mit manchen überraschenden Einsichten. So sind laut Creveld Frauen als Anstifterinnen, als Grund und Beute des Krieges unverzichtbar. Würden sie nicht den Schutz ihrer Männer verlangen, sie bejubeln, für sie beten oder tanzen, solange sie im Krieg sind, die Sieger mit sexueller Gunst belohnen, die Verlierer trösten, die Verwundeten pflegen und die Toten beklagen, dann verlöre der Krieg rasch jeden Reiz. Als Spiegel der heroischen und schändlichen Gewalttaten sind Frauen unentbehrlich. Wenn aber der Krieg der Ruhm des Mannes ist, dann wäre das beste Gegengift der Spott der Frauen.
Unnachsichtig zerstört Creveld weithin verbreitete Legenden. Der Stamm der Amazonen gehört ebenso in das Reich der Mythologie wie die fanatischen Jungfrauen Artemis und Athene. Schon in der Antike wandelte sich die Sagengestalt der Urkämpferin vom männerhassenden Hopliten zur leichtgeschürzten Kriegerin, die eine Niederlage nach der anderen hinnehmen mußte. Das Bild der femininen Heldin bot jedoch immer einen guten Erzählstoff. Man findet sie wieder in keltischen und japanischen Legenden, in Berichten spanischer Konquistadoren aus dem Amazonasbecken, in Figuren der Popkultur wie Barbarella, Xena oder Lara Croft.
Anders als in regulären Kriegen waren Frauen bei Aufständen zahlreicher vertreten, da sie im Untergrund weniger Verdacht erregten und personell Not am Mann war. In der sowjetischen und in der jugoslawischen Partisanenarmee, der algerischen FLN oder der israelischen Palmach stellten Frauen rund zehn Prozent der Aktivisten. Sie waren im Waffenschmuggel, in der Spionage oder im Sanitätsdienst beschäftigt, hin und wieder auch bei Überfällen und Bombenanschlägen. Die wenigen Waffen verteilte man unter den Männern. Offenbar war man der Meinung, sie seien dort in den besseren Händen.
Soldatinnen waren auch wenig erfolgreich. Das legendäre zaristische Frauenbataillon überstand seine Feuertaufe nur mit hohen Verlusten. Es sollte auch weniger die Deutschen bekämpfen als die eigenen Soldaten beschämen und anstacheln. Doch die Männer verstanden die Anwesenheit von Frauen in Uniform zu Recht als Indiz für die verzweifelte Lage, in der sich das Zarenreich bereits befand. Die rund eintausend russischen Kampfpilotinnen des Zweiten Weltkriegs flogen zwar auch Feindeinsätze. Die veralteten Maschinen eigneten sich jedoch allenfalls für Störangriffe und konnten von jedem deutschen Soldaten mit dem Gewehr abgeschossen werden.
Weiter wurden die Kasernentore erst geöffnet, als sich nach 1945 die Kriegsmaschinen in Werkzeuge politischer Abschreckung und schließlich in Polizeiposten verwandelten. Für Creveld ist der Einmarsch der Frauen ins Militär nicht nur von der Ausdehnung des weiblichen Arbeitsmarktes, dem Personalmangel in den Berufsarmeen oder dem Willen zur Emanzipation abhängig, sondern vor allem vom Funktionsverlust des staatlichen Militärs. Seitdem Armeen nur noch für den robusten Polizeidienst tauglich sein müssen, kann man das Militär trefflich für Experimente in politischer Korrektheit nutzen.
Die Folgen sind absehbar. Wie auch sonst führt die Feminisierung eines Männerberufs zielstrebig zum Prestigeverlust. Mit keiner anderen Tätigkeit konnten Männer bisher besser ihre Männlichkeit beweisen als mit dem Krieg. Denn nur der Krieg fordert die grenzenlose Nutzung aller Fähigkeiten, einschließlich des Opfermuts. Die sicherste Methode, den Soldatenberuf abzuwerten, besteht deshalb darin, ihn dem schwächeren Geschlecht zu überlassen. Der Sold für das tödliche Risiko wird fallen, die Leistungsnormen werden nach unten angepaßt, die Männer verschanzen sich in exklusiven Elitetruppen. Fadenscheinig ist in der aktuellen Debatte die Proklamation des Gleichheitsgebots. In Wirklichkeit sind die Privilegien weiblicher Soldaten zahllos. In den US-Streitkräften dürfen sie ihre Haare tragen, wie sie wollen, und zum Schutz ihrer Frisuren Regenschirme aufspannen. In der Sowjetarmee, die für ihr brutales Regime gegenüber männlichen Rekruten berüchtigt war, blieben Frauen von allen härteren Disziplinarstrafen verschont, in Belgien erspart man ihnen das Ausheben von Schützengräben.
Umgekehrt ist es zutiefst unfair, Frauen und Männer denselben körperlichen Leistungsstandards zu unterwerfen. Ein geschlechtsneutrales Militär ist so lange eine Illusion, wie der Krieg nicht nur an Bildschirmen ausgetragen wird. Während des Golfkrieges betankten Frauen Panzer, übernahmen Wachdienste, schossen Patriotraketen ab und flogen Helikopter über dem sicheren Saudi-Arabien. Am direkten Kampfeinsatz, der trotz Modernisierung nach wie vor körperliche Schwerstarbeit ist, waren sie wohlweislich nicht beteiligt. Noch immer hat ein heutiger Fußsoldat rund dreißig bis vierzig Kilo Gepäck zu schultern. In der israelischen Armee, die den Vorkämpfern des weiblichen Militarismus oft als Vorbild dient, erfüllt die Mehrheit der Frauen die üblichen Verwaltungs- und Versorgungsaufgaben. Droht ein Gefecht, werden sie als erste evakuiert. Beim tagtäglichen Straßenkampf in den besetzten Gebieten wurde noch nie eine Soldatin gesichtet.
Der Krieg ist die gefährlichste und anstrengendste Tätigkeit, die Menschen je erfunden haben. Nirgendwo sonst sind Frauen gegenüber Männern derart im Nachteil. In den wilden Kriegen der Gegenwart kämpfen keine Frauen, sondern Söldner, Milizen, Marodeure. Als Kanonenfutter schicken sie "Kindersoldaten" nach vorn. Die regulären Streitkräfte der alten Nationalstaaten konnten in den Bergen, Geröllwüsten und Regenwäldern bisher wenig ausrichten. Durch die Aufnahme von Frauen wird sich ihre Kampfstärke schwerlich erhöhen. In den neuen Kriegen sind Frauen das, was sie im Krieg immer waren: Opfer und Beute.
Martin van Creveld: "Frauen und Krieg". Aus dem Englischen von Anna Schäfer und Karin Laue. Gerling Akademie Verlag, München 2001. 324 S., geb., 58,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Soldatinnen? Da kocht Martin van Creveld / Von Wolfgang Sofsky
Nach der Beschneidung wurden die Frauen im Mausoleum auf den Despoten eingeschworen. Man ritzte ihnen am Arm die Haut auf, vermischte das Blut mit Alkohol und Schießpulver und reichte ihnen den brisanten Trank zum Keuschheitseid. Als Soldatinnen des Leopardenkönigs verbrachten sie von nun an ihr Leben mit Arbeit und militärischem Drill. Mit Männern kamen sie kaum mehr in Berührung. Auf den Bruch des Zölibats stand die Todesstrafe. Sie dienten dem König als Leibgarde und Scharfrichter und zogen gegen die Nachbarstämme zu Felde. Für ihre Disziplin und Grausamkeit waren sie gefürchtet. Nach einem Sieg nahmen sie stets die Köpfe und Genitalien der getöteten Feinde als Trophäen mit. 1892 gingen die schwarzen Amazonen mit ihrem König unter. Nach der Niederlage gegen die französischen Kolonialtruppen verfrachtete man einige von ihnen nach Paris und ließ sie vor dem Eiffelturm exerzieren und vortanzen.
Die Kriegerinnen von Dahomey gehören zu den wenigen Frauen, die jemals auf einem Schlachtfeld gekämpft haben. Krieg war immer Männersache - und soll es auch bleiben, so die These, die Martin van Creveld, Professor für Geschichte in Jerusalem und einer der renommiertesten Kriegstheoretiker der Gegenwart, mit Vehemenz verteidigt. Ausgerüstet mit beträchtlichem kulturhistorischem Gepäck und getrieben von antifeministischer Angriffslust, zielt er mit großem Kaliber auf die modische Forderung, Frauen in die Kampfbataillone regulärer Streitkräfte aufzunehmen. Die Ausdehnung des "Geschlechterkrieges" auf das Militärwesen - die letzte Bastion des staatlichen Gewaltmonopols - hat Creveld allerdings so in Harnisch gebracht, daß nicht alle Attacken ins Schwarze treffen. Manche biologischen Analogien zu anderen Säugetieren verfehlen das historische Beweisziel um Längen. Auch für intellektuelle Gefechte gilt offenbar der Erfahrungssatz, daß die Moral des Stärkeren absinkt, sobald er es mit allzu schwachen Gegnern zu tun hat.
Läßt man die Fehlschüsse beiseite, bleibt eine lesenswerte, originelle und anekdotenreiche Kulturgeschichte mit manchen überraschenden Einsichten. So sind laut Creveld Frauen als Anstifterinnen, als Grund und Beute des Krieges unverzichtbar. Würden sie nicht den Schutz ihrer Männer verlangen, sie bejubeln, für sie beten oder tanzen, solange sie im Krieg sind, die Sieger mit sexueller Gunst belohnen, die Verlierer trösten, die Verwundeten pflegen und die Toten beklagen, dann verlöre der Krieg rasch jeden Reiz. Als Spiegel der heroischen und schändlichen Gewalttaten sind Frauen unentbehrlich. Wenn aber der Krieg der Ruhm des Mannes ist, dann wäre das beste Gegengift der Spott der Frauen.
Unnachsichtig zerstört Creveld weithin verbreitete Legenden. Der Stamm der Amazonen gehört ebenso in das Reich der Mythologie wie die fanatischen Jungfrauen Artemis und Athene. Schon in der Antike wandelte sich die Sagengestalt der Urkämpferin vom männerhassenden Hopliten zur leichtgeschürzten Kriegerin, die eine Niederlage nach der anderen hinnehmen mußte. Das Bild der femininen Heldin bot jedoch immer einen guten Erzählstoff. Man findet sie wieder in keltischen und japanischen Legenden, in Berichten spanischer Konquistadoren aus dem Amazonasbecken, in Figuren der Popkultur wie Barbarella, Xena oder Lara Croft.
Anders als in regulären Kriegen waren Frauen bei Aufständen zahlreicher vertreten, da sie im Untergrund weniger Verdacht erregten und personell Not am Mann war. In der sowjetischen und in der jugoslawischen Partisanenarmee, der algerischen FLN oder der israelischen Palmach stellten Frauen rund zehn Prozent der Aktivisten. Sie waren im Waffenschmuggel, in der Spionage oder im Sanitätsdienst beschäftigt, hin und wieder auch bei Überfällen und Bombenanschlägen. Die wenigen Waffen verteilte man unter den Männern. Offenbar war man der Meinung, sie seien dort in den besseren Händen.
Soldatinnen waren auch wenig erfolgreich. Das legendäre zaristische Frauenbataillon überstand seine Feuertaufe nur mit hohen Verlusten. Es sollte auch weniger die Deutschen bekämpfen als die eigenen Soldaten beschämen und anstacheln. Doch die Männer verstanden die Anwesenheit von Frauen in Uniform zu Recht als Indiz für die verzweifelte Lage, in der sich das Zarenreich bereits befand. Die rund eintausend russischen Kampfpilotinnen des Zweiten Weltkriegs flogen zwar auch Feindeinsätze. Die veralteten Maschinen eigneten sich jedoch allenfalls für Störangriffe und konnten von jedem deutschen Soldaten mit dem Gewehr abgeschossen werden.
Weiter wurden die Kasernentore erst geöffnet, als sich nach 1945 die Kriegsmaschinen in Werkzeuge politischer Abschreckung und schließlich in Polizeiposten verwandelten. Für Creveld ist der Einmarsch der Frauen ins Militär nicht nur von der Ausdehnung des weiblichen Arbeitsmarktes, dem Personalmangel in den Berufsarmeen oder dem Willen zur Emanzipation abhängig, sondern vor allem vom Funktionsverlust des staatlichen Militärs. Seitdem Armeen nur noch für den robusten Polizeidienst tauglich sein müssen, kann man das Militär trefflich für Experimente in politischer Korrektheit nutzen.
Die Folgen sind absehbar. Wie auch sonst führt die Feminisierung eines Männerberufs zielstrebig zum Prestigeverlust. Mit keiner anderen Tätigkeit konnten Männer bisher besser ihre Männlichkeit beweisen als mit dem Krieg. Denn nur der Krieg fordert die grenzenlose Nutzung aller Fähigkeiten, einschließlich des Opfermuts. Die sicherste Methode, den Soldatenberuf abzuwerten, besteht deshalb darin, ihn dem schwächeren Geschlecht zu überlassen. Der Sold für das tödliche Risiko wird fallen, die Leistungsnormen werden nach unten angepaßt, die Männer verschanzen sich in exklusiven Elitetruppen. Fadenscheinig ist in der aktuellen Debatte die Proklamation des Gleichheitsgebots. In Wirklichkeit sind die Privilegien weiblicher Soldaten zahllos. In den US-Streitkräften dürfen sie ihre Haare tragen, wie sie wollen, und zum Schutz ihrer Frisuren Regenschirme aufspannen. In der Sowjetarmee, die für ihr brutales Regime gegenüber männlichen Rekruten berüchtigt war, blieben Frauen von allen härteren Disziplinarstrafen verschont, in Belgien erspart man ihnen das Ausheben von Schützengräben.
Umgekehrt ist es zutiefst unfair, Frauen und Männer denselben körperlichen Leistungsstandards zu unterwerfen. Ein geschlechtsneutrales Militär ist so lange eine Illusion, wie der Krieg nicht nur an Bildschirmen ausgetragen wird. Während des Golfkrieges betankten Frauen Panzer, übernahmen Wachdienste, schossen Patriotraketen ab und flogen Helikopter über dem sicheren Saudi-Arabien. Am direkten Kampfeinsatz, der trotz Modernisierung nach wie vor körperliche Schwerstarbeit ist, waren sie wohlweislich nicht beteiligt. Noch immer hat ein heutiger Fußsoldat rund dreißig bis vierzig Kilo Gepäck zu schultern. In der israelischen Armee, die den Vorkämpfern des weiblichen Militarismus oft als Vorbild dient, erfüllt die Mehrheit der Frauen die üblichen Verwaltungs- und Versorgungsaufgaben. Droht ein Gefecht, werden sie als erste evakuiert. Beim tagtäglichen Straßenkampf in den besetzten Gebieten wurde noch nie eine Soldatin gesichtet.
Der Krieg ist die gefährlichste und anstrengendste Tätigkeit, die Menschen je erfunden haben. Nirgendwo sonst sind Frauen gegenüber Männern derart im Nachteil. In den wilden Kriegen der Gegenwart kämpfen keine Frauen, sondern Söldner, Milizen, Marodeure. Als Kanonenfutter schicken sie "Kindersoldaten" nach vorn. Die regulären Streitkräfte der alten Nationalstaaten konnten in den Bergen, Geröllwüsten und Regenwäldern bisher wenig ausrichten. Durch die Aufnahme von Frauen wird sich ihre Kampfstärke schwerlich erhöhen. In den neuen Kriegen sind Frauen das, was sie im Krieg immer waren: Opfer und Beute.
Martin van Creveld: "Frauen und Krieg". Aus dem Englischen von Anna Schäfer und Karin Laue. Gerling Akademie Verlag, München 2001. 324 S., geb., 58,- DM.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Nur Männer sind Krieger, denn nur Männer sind in der Lage, direkt zu töten - das ist starker Tobak, mit dem sich Karin Gabbert auseinandersetzt. Das Buch stammt von einem israelischen Militärhistoriker, der mit bislang 13 Büchern die Herzen seines vermutlich männlichen Lesepublikums erobert hat. Eigentlich, wundert sich Gabbert, erfahre man bei Crefeld nichts über Frauen und Krieg. Denn, so beklage der Autor, richtige Kriege finden nicht mehr statt, nur noch in kleinen Staaten am Rande der Welt. Schuld daran sind für ihn die atomare Abschreckungsstrategie - und natürlich die Frauen, die nach Meinung van Crefelds in der Armee nichts zu suchen hätten. Ist das nun eine Bestätigung der Position pazifistischer Feministinnen, fragt sich Gabbert. Oder, so schreibt sie weiter, stärkt das Buch nicht vielmehr die entgegengesetzte feministische Position, wonach die Anwesenheit von Frauen beim Militär zu einem Angriff auf die Domäne der Männlichkeit und zu mehr Demokratisierung führen könnte. Letzteres bleibt abzuwarten, meint die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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