Mobilität wird in unserer Gesellschaft hoch bewertet. Andererseits hat der wachsende Pkw-Bestand zu vielfältigen Problemen geführt. Die technisch ausgerichteten Verkehrsnachfragemodelle reichen nicht mehr aus, um diese Probleme zu lösen. Benötigt werden neue Ansätze und vertiefte Erkenntnisse über die Ursachen von Mobilität. Eine differenzierte Betrachtung der Mobilität von Frauen und Männern fördert Erkenntnisse zutage, die zu diesen neuen Ansätzen führen können. Neben den direkten werden die indirekten Wirkungen des motorisierten Verkehrs auf Frauen und Männer aufgezeigt, die bei einer geschlechtsneutralen Betrachtung kaum bewußt werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.1999Das Auto als Haushaltsgegenstand
"Frauen verursachen nicht nur seltener Verkehrsunfälle, ihre Mobilität ist insgesamt weniger autoorientiert. Sofern sie ein Auto zur Verfügung haben, nutzen sie es häufiger, um andere Personen damit zu transportieren. Sie legen weniger Kilometer zurück, und sie bevorzugen kleinere, weniger kW-starke Autos. Sie verhalten sich offensichtlich angepasster, indem sie seltener gegen bestehende Regeln verstoßen, und sozialer, indem sie seltener andere gefährden." Diese Thesen hat Antje Flade, Diplompsychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt, in einem Buch belegt, das sie zusammen mit Maria Limbourg, Professorin für Erziehungswissenschaften an der Universität Essen, herausgegeben hat. Die vor kurzem unter dem Titel "Frauen und Männer in der mobilen Gesellschaft" erschienene wissenschaftliche Publikation beleuchtet das Verhalten von Männern und Frauen bei der Benutzung privater und öffentlicher Verkehrsmittel aus sehr unterschiedlichen Perspektiven. Das Buch enthält Beiträge von 17 Autoren. Das Themenspektrum reicht von der nach wie vor unerreichten Gleichstellung im öffentlichen Verkehr über Autowerbung, die sich an Frauen richtet, bis zum Umgang mit beruflichen Mobilitätsanforderungen und Erkenntnissen der Umweltmedizin.
Dabei ist der Ansatz nicht ganz so geschlechtsneutral, wie es der Titel verheißt. Männer kommen in den zitierten Betrachtungen und Untersuchungen mehr oder minder nur als Maßstab für die jeweils anders geartete Mobilität von Frauen vor. Im Kern geht es um die schlechteren Positionen von Frauen und um Vorurteile, mit denen sie nach wie vor konfrontiert werden. Verkehrserziehung zum Beispiel ist nach wie vor überwiegend Männersache. Interessant ist auch eine ausführliche Abhandlung über das Auto als "Ausstattungsmerkmal deutscher Haushalte". Mit dem Auto verhält es sich nämlich nicht anders als mit Nähmaschinen oder Waschmaschinen. Sie haben Frauen von häuslichen Arbeiten befreit, ihnen zugleich aber neue Familienfunktionen aufgebürdet. Erst das Auto macht Frauen zum Beispiel zum Chauffeur für Kinder und andere nicht motorisierte Familienangehörige.
Beim "delinquenten Verhalten", ablesbar am Verkehrszentralregister des Kraftfahrt-Bundesamtes, sind die Männer den Frauen weit voraus. Von rund 3,7 Millionen Verkehrsverstößen, die 1997 registriert wurden, wurden nur rund 650 000 von Frauen begangen. Schwer wiegende Straftaten begehen sieben Prozent der Frauen, jedoch 16 Prozent der Männer. Der Entzug einer Fahrerlaubnis betraf nur in zehn Prozent aller Fälle eine Frau. Fahrfehler begingen Frauen (84 Prozent) allerdings häufiger als Männer (77 Prozent).
HILTRAUD BÖHM
Antje Flade, Maria Limbourg (Hrsg): Frauen und Männer in der mobilen Gesellschaft. Verlag Leske und Budrich, Leverkusen. 292 Seiten. 48 Mark
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Frauen verursachen nicht nur seltener Verkehrsunfälle, ihre Mobilität ist insgesamt weniger autoorientiert. Sofern sie ein Auto zur Verfügung haben, nutzen sie es häufiger, um andere Personen damit zu transportieren. Sie legen weniger Kilometer zurück, und sie bevorzugen kleinere, weniger kW-starke Autos. Sie verhalten sich offensichtlich angepasster, indem sie seltener gegen bestehende Regeln verstoßen, und sozialer, indem sie seltener andere gefährden." Diese Thesen hat Antje Flade, Diplompsychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt, in einem Buch belegt, das sie zusammen mit Maria Limbourg, Professorin für Erziehungswissenschaften an der Universität Essen, herausgegeben hat. Die vor kurzem unter dem Titel "Frauen und Männer in der mobilen Gesellschaft" erschienene wissenschaftliche Publikation beleuchtet das Verhalten von Männern und Frauen bei der Benutzung privater und öffentlicher Verkehrsmittel aus sehr unterschiedlichen Perspektiven. Das Buch enthält Beiträge von 17 Autoren. Das Themenspektrum reicht von der nach wie vor unerreichten Gleichstellung im öffentlichen Verkehr über Autowerbung, die sich an Frauen richtet, bis zum Umgang mit beruflichen Mobilitätsanforderungen und Erkenntnissen der Umweltmedizin.
Dabei ist der Ansatz nicht ganz so geschlechtsneutral, wie es der Titel verheißt. Männer kommen in den zitierten Betrachtungen und Untersuchungen mehr oder minder nur als Maßstab für die jeweils anders geartete Mobilität von Frauen vor. Im Kern geht es um die schlechteren Positionen von Frauen und um Vorurteile, mit denen sie nach wie vor konfrontiert werden. Verkehrserziehung zum Beispiel ist nach wie vor überwiegend Männersache. Interessant ist auch eine ausführliche Abhandlung über das Auto als "Ausstattungsmerkmal deutscher Haushalte". Mit dem Auto verhält es sich nämlich nicht anders als mit Nähmaschinen oder Waschmaschinen. Sie haben Frauen von häuslichen Arbeiten befreit, ihnen zugleich aber neue Familienfunktionen aufgebürdet. Erst das Auto macht Frauen zum Beispiel zum Chauffeur für Kinder und andere nicht motorisierte Familienangehörige.
Beim "delinquenten Verhalten", ablesbar am Verkehrszentralregister des Kraftfahrt-Bundesamtes, sind die Männer den Frauen weit voraus. Von rund 3,7 Millionen Verkehrsverstößen, die 1997 registriert wurden, wurden nur rund 650 000 von Frauen begangen. Schwer wiegende Straftaten begehen sieben Prozent der Frauen, jedoch 16 Prozent der Männer. Der Entzug einer Fahrerlaubnis betraf nur in zehn Prozent aller Fälle eine Frau. Fahrfehler begingen Frauen (84 Prozent) allerdings häufiger als Männer (77 Prozent).
HILTRAUD BÖHM
Antje Flade, Maria Limbourg (Hrsg): Frauen und Männer in der mobilen Gesellschaft. Verlag Leske und Budrich, Leverkusen. 292 Seiten. 48 Mark
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main