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Freedoms Delayed is written for educated readers interested in the deep historical forces that account for the Middle East's poor record on basic human freedoms. It shows that the region's traditional institutions are critical to both understanding its political history and identifying its potential for liberalization on various fronts.

Produktbeschreibung
Freedoms Delayed is written for educated readers interested in the deep historical forces that account for the Middle East's poor record on basic human freedoms. It shows that the region's traditional institutions are critical to both understanding its political history and identifying its potential for liberalization on various fronts.
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Autorenporträt
Timur Kuran is Professor of Economics and Political Science, and Gorter Family Professor of Islamic Studies at Duke University. His publications include Private Truths, Public Lies: The Social Consequences of Preference Falsification (1995) and The Long Divergence: How Islamic Law Held Back the Middle East (2011), each widely translated.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.02.2024

Freiheitsdefizite im Mittleren Osten
Über Wirtschaft, Politik und islamische Tradition

Timur Kuran lehrt an der amerikanischen Duke University Ökonomik, Politikwissenschaft und islamische Studien. Er ist davon überzeugt, dass wirtschaftliche Freiheit ein Motor von Fortschritt und Wohlstand ist. In den arabischen Ländern, der Türkei und Iran ist es um die Freiheit in Wirtschaft, Politik und auch um die Rechtsstaatlichkeit und den Lebensstandard schlecht bestellt. Deshalb will dort auch jeder Vierte in ein reicheres westliches Land auswandern.

In Kurans Erklärungsskizze spielen unsichere Eigentumsrechte eine entscheidende Rolle. Die Besonderheit des islamischen Kulturkreises besteht darin, was ein begüterter, meist Land besitzender Moslem bis ins achtzehnte Jahrhundert tun konnte, um seinen Besitz dem Zugriff der Herrschenden zu entziehen. Er musste sein Eigentum in eine Stiftung einbringen, um für immer gewisse Versorgungsleistungen für einen von ihm ausgewählten Personenkreis sicherzustellen. Begünstigte konnten die eigene Familie, die Armen, die Kranken, die Koranschüler oder bei der Wasserversorgung auch die Nachbarschaft sein. Wenn die Gläubigen die Begünstigten waren, dann war der Klerus - ob reich oder arm - nicht ausgenommen. Indem die Stiftungen dem Klerus eine Einkommensquelle sicherten, erlaubten sie ihm, sich aus dem Handel zurückzuziehen. In der Frühzeit des Islam profitierte die islamische Rechtsentwicklung noch von der Geschäftserfahrung vieler Kleriker.

Der Stifter bestimmte neben dem Zweck auch, wer die Stiftung leiten sollte. Der Leiter war nur dem Kadi, dem islamischen Richter, Rechenschaft schuldig. Er war nicht frei, den Stifterwillen zu ändern oder zu interpretieren, etwa sich mit der benachbarten Wasserversorgungsstiftung zusammenzuschließen, um effizienter wirtschaften zu können. Manche Stifter gaben sogar vor, was welche Reparatur kosten durfte. Technologischer Wandel oder Preisänderungen erzeugten Probleme. Der Nachteil war fehlende Flexibilität.

Mit Duldung des zuständigen Kadis ließ sich etwas machen. Aber der konnte dafür Bedingungen stellen, wie die Beschäftigung seiner Verwandten. Die mangelnde Flexibilität und die Kadi-Aufsicht zusammen vermittelten Korruptionsanreize. Obwohl viele Stiftungen von staatlichen Würdenträgern initiiert waren und öffentliche Güter bereitstellten, konnten und sollten die Nutznießer keinen Einfluss auf die Bereitstellung, Qualität oder Verteilung der Güter haben.

Kuran geht so weit, die Schwäche islamischer Zivilgesellschaften wesentlich auf die Tradition islamischer Stiftungen zurückzuführen, obwohl die alten Stiftungen durch westlich inspirierte Reformen, Verstaatlichungen oder bürokratische Kontrollen heute keine große Rolle mehr spielen. Nach westlichen Vorbildern werden heutzutage Körperschaften, einschließlich Unternehmen, als juristische Personen anerkannt.

Im Koran, der letztlich entscheidenden Rechtsquelle für Muslime, findet man sowohl freiheitliche Stellen, die die Anwendung von Zwang in Religionsfragen verwerfen, als auch Stellen, die die Verfolgung von Ungläubigen, von denen, die vom Glauben abfallen, oder von Ketzern rechtfertigen. Seit dem ersten Kalifen oder Nachfolger des Propheten dominiert die Praxis der Verfolgung des Abfalls vom Glauben. Liberale Interpretationen des Islam waren immer dadurch gefährdet, dass sie dem Vorwurf des Unglaubens oder der Ketzerei und damit dem Risiko gewaltsamer Bestrafung, einschließlich der Todesstrafe, ausgesetzt waren. Traditionalistische Interpretationen des Islam wurden selbst von säkularen Regierungen oft geduldet. Kuran schätzt, dass ungefähr 15 Prozent der Menschen im Nahen und Mittleren Osten ungläubig sind, aber sich nicht dazu zu bekennen wagen.

Das islamische Recht hat auf mehrfache Weise die Entstehung von großen Unternehmen behindert. Es ist unter Brüdern egalitär und teilt auch den Schwestern etwas zu. Weil reiche Erblasser meist viele Frauen hatten, hatten sie auch viele Kinder und Erben. Weil die Muslime vor dem 19. Jahrhundert und europäischen Einflüssen keine Unternehmen als juristische Personen kannten, wurden große Unternehmen beim Übergang der Generationen klein. Eine Vielzahl kleiner Unternehmen hat kaum Möglichkeiten zum kollektiven Handeln und zur Beeinflussung der rechtlichen Entwicklung.

Kuran beurteilt den Einfluss westlicher Vorbilder auf die Entwicklung des Wirtschaftsrechts und damit die Wirtschaft im Nahen und Mittleren Osten positiv. Den Einfluss der Islamisten hält er für oberflächlich und auf symbolische Akzentuierung des islamischen Charakters der Gesellschaft begrenzt: etwa Ablehnung von Zinsen, die dann unter anderem Etikett erhoben werden, oder Kopftuchzwang für Frauen oder Restaurantschließungen im Fastenmonat. Dennoch ist Kuran auf lange Sicht (aber nur da) optimistisch für eine freiheitliche Entwicklung des islamischen Kulturkreises, weil er die Fortschritte in den letzten zwei Jahrhunderten bedenkt. Das Buch ist gut geschrieben und bereitet am Anfang mit einer kurzen Vorschau auf die Details vor und fasst sie am Ende noch einmal gut zusammen. ERICH WEEDE

Timur Kuran: Freedoms Delayed. Political Legacies of Islamic Law in the Middle East. Cambridge University Press, Cambridge 2023, 430 Seiten, 37 Euro.

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