Die Sehnsuchtsorte, die in diesem, Buch vorgestellt werden, haben Künstlern, Literaten, Aussteiger n und Genießern den Freiraum geboten, den sie für ihre kreative Entfaltung oder ihr persönliches Glück suchten. Die meist künstlerisch ambitionierten Individualisten ließen sich Anfang des vorigen Jahrhunderts nicht nur von der Schönheit der Natur an den Seen des Oberengadin oder der kargen Dünenlandschaft der Ostseeinsel Hiddensee inspirieren, sie reisten auch auf die exotische Insel Bali und das mediterrane Capri, um sich dort einsam oder gemeinsam von Konventionen zu befreien, Inspiration zu finden und Wahrhaftigkeit zu leben. Während sich in Ascona die einen im »Luftkleid« zeigten (wie Hermann Hesse), Rohkost aßen, die Natur anbeteten oder einfach ihren Schuldnern entflohen, wie die verwegene Marianne von Werefkin, zog es die anderen zu den luxuriösen Grandhotels nach St. Moritz, wo Thomas Mann, Charlie Chaplin, Marlene Dietrich oder Erich Maria Remarque Bergluft und Geist inhalierten. Aber auch auf Bali, am Attersee, auf Capri oder Hiddensee versammelten sich die Künstler und Aussteiger, die jenseits der Konventionen ein selbstbestimmtes Leben führen wollten. Dabei haben sie die Schönheit der Landschaft ebenso entdeckt, wie sie die Inspiration für ein schöpferisches Leben finden konnten. Dass dafür so mancher Rabe, der zu laut krächzte, in der direkten Umgebung von Gustav Mahler sein Leben lassen musste, ist eine der harmlosen Geschichten in diesem grandios erzählten Buch.
Thomas Blubacher erzählt so lebendig, geistreich und detailliert über die eigenwilligen, egozentrischen, sensiblen und zuweilen kauzigen Vertreter jener geistigen Elite wie Hermann Hesse, Gerhart Hauptmann, Walter Spies, Vicki Baum, Gustaf Gründgens, Asta Nielsen, Erich Kästner, Thomas Mann, Gustav Klimt, Gustav Mahler, Luisa Casati oder Rainer Maria Rilke, als sei er selbst Augenzeuge und Chronist gewesen. Ein Buch über Künstler und Aussteiger, Sommerfrischler und Wintersportler und über unkonventionelle Menschen, die das Leben an Seen, Meeren und in den Bergen in vollen Zügen genossen.
Thomas Blubacher erzählt so lebendig, geistreich und detailliert über die eigenwilligen, egozentrischen, sensiblen und zuweilen kauzigen Vertreter jener geistigen Elite wie Hermann Hesse, Gerhart Hauptmann, Walter Spies, Vicki Baum, Gustaf Gründgens, Asta Nielsen, Erich Kästner, Thomas Mann, Gustav Klimt, Gustav Mahler, Luisa Casati oder Rainer Maria Rilke, als sei er selbst Augenzeuge und Chronist gewesen. Ein Buch über Künstler und Aussteiger, Sommerfrischler und Wintersportler und über unkonventionelle Menschen, die das Leben an Seen, Meeren und in den Bergen in vollen Zügen genossen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.09.2013Utopien und Obsessionen
Wenn man bei diesem Buch verkehrt herum anfängt und es von hinten aufblättert, stößt man auf ein Register mit mehr als fünfhundert Positionen - von Roman Abramowitsch bis Stefan Zweig -, das unter anderem nahezu alles repräsentiert, was um die Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert Rang und Namen hatte. Es ist, so denkt man, also ein Werk zu erwarten, das ein großes kulturgeschichtliches Panorama entwickelt. Diese Hoffnung wird allerdings nur teilweise erfüllt, denn bald stellt sich heraus, dass viele der Berühmtheiten, die hier erwähnt sind, nur aneinandergereiht in Nebensätzen der sechs Geschichten über "Sehnsuchtsorte" aufgezählt werden - gewissermaßen der Vollständigkeit halber, denn eigentlich hat Thomas Blubacher anderes im Sinn. Ihm geht es um die Beschreibung jener Plätze, an denen ein buntes Künstlervolk samt einem Troß von zivilisations- und gesellschaftsmüden Spinnern jenen Tourismus probte, der nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer erdumspannenden Überschwemmung durch sonnenhungrige Menschen führte. Ascona, den Attersee, St. Moritz, Hiddensee, Capri und das ferne Bali - längst noch nicht alle Fixpunkte der Entdeckung einer neuen Welt, aber exemplarisch für ein scheinbar entfesseltes Leben und für die Realisierung oft recht bizarrer Träume - hat sich der Autor ausgesucht, um akribisch darzulegen, wer wann wo sein (Un-)Wesen getrieben hat. In diesem Fall wäre wohl etwas weniger Genauigkeit mehr gewesen, zumal Thomas Blubacher durchaus ein begabter Erzähler ist, der mit viel Witz das "Skandalöse" der Vergangenheit ausbreitet, von dem man eigentlich nicht genug haben kann: herrlichen Klatsch und Tratsch über solch merkwürdige Typen wie den Künstlereleven "Gusto" Gräser und den vom Holzhändler zum Kunstmaler mutierten Oskar Kruse, über Abenteurer wie das Multitalent Walter Spies, über Geistesgrößen wie Gerhart Hauptmann, Gustav Klimt und Gustav Mahler oder die Society-Lady Luisa Casati. All das fügt sich unter dem recht merkwürdigen, eher in die Irre führenden als erhellenden Buchtitel "Frei und inspiriert" zu einem höchst amüsanten Streifzug durch eine turbulente Epoche zusammen, die gegenüber dem, was heute in der Yellow-Press zu lesen ist, wirklich etwas zu bieten hatte, dazu ausgestattet mit etlichen Gemälden und historische Fotos - unter diesen wiederum etliche mit Szenen, an denen jeder Paparazzo von heute seine helle Freude hätte.
tg
"Frei und inspiriert - Sehnsuchtsorte der Dichter, Denker, Künstler und Aussteiger" von Thomas Blubacher. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2013. 144 Seiten, etwa100 Abbildungen. Gebunden, 22,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn man bei diesem Buch verkehrt herum anfängt und es von hinten aufblättert, stößt man auf ein Register mit mehr als fünfhundert Positionen - von Roman Abramowitsch bis Stefan Zweig -, das unter anderem nahezu alles repräsentiert, was um die Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert Rang und Namen hatte. Es ist, so denkt man, also ein Werk zu erwarten, das ein großes kulturgeschichtliches Panorama entwickelt. Diese Hoffnung wird allerdings nur teilweise erfüllt, denn bald stellt sich heraus, dass viele der Berühmtheiten, die hier erwähnt sind, nur aneinandergereiht in Nebensätzen der sechs Geschichten über "Sehnsuchtsorte" aufgezählt werden - gewissermaßen der Vollständigkeit halber, denn eigentlich hat Thomas Blubacher anderes im Sinn. Ihm geht es um die Beschreibung jener Plätze, an denen ein buntes Künstlervolk samt einem Troß von zivilisations- und gesellschaftsmüden Spinnern jenen Tourismus probte, der nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer erdumspannenden Überschwemmung durch sonnenhungrige Menschen führte. Ascona, den Attersee, St. Moritz, Hiddensee, Capri und das ferne Bali - längst noch nicht alle Fixpunkte der Entdeckung einer neuen Welt, aber exemplarisch für ein scheinbar entfesseltes Leben und für die Realisierung oft recht bizarrer Träume - hat sich der Autor ausgesucht, um akribisch darzulegen, wer wann wo sein (Un-)Wesen getrieben hat. In diesem Fall wäre wohl etwas weniger Genauigkeit mehr gewesen, zumal Thomas Blubacher durchaus ein begabter Erzähler ist, der mit viel Witz das "Skandalöse" der Vergangenheit ausbreitet, von dem man eigentlich nicht genug haben kann: herrlichen Klatsch und Tratsch über solch merkwürdige Typen wie den Künstlereleven "Gusto" Gräser und den vom Holzhändler zum Kunstmaler mutierten Oskar Kruse, über Abenteurer wie das Multitalent Walter Spies, über Geistesgrößen wie Gerhart Hauptmann, Gustav Klimt und Gustav Mahler oder die Society-Lady Luisa Casati. All das fügt sich unter dem recht merkwürdigen, eher in die Irre führenden als erhellenden Buchtitel "Frei und inspiriert" zu einem höchst amüsanten Streifzug durch eine turbulente Epoche zusammen, die gegenüber dem, was heute in der Yellow-Press zu lesen ist, wirklich etwas zu bieten hatte, dazu ausgestattet mit etlichen Gemälden und historische Fotos - unter diesen wiederum etliche mit Szenen, an denen jeder Paparazzo von heute seine helle Freude hätte.
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"Frei und inspiriert - Sehnsuchtsorte der Dichter, Denker, Künstler und Aussteiger" von Thomas Blubacher. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2013. 144 Seiten, etwa100 Abbildungen. Gebunden, 22,95 Euro.
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