Der Westen richtet sich neu aus: Europa und die USA beobachten sich mit Misstrauen, Großbritannien sucht nach seiner Sonderrolle, und noch ist überhaupt nicht absehbar, wie die Europäische Union nach der Osterweiterung funktionieren wird. Trotzdem beansprucht dieser Westen, weltweit an der Lösung politischer Konflikte mitzuwirken. Es ist seine moralische Pflicht, die Interessen der Menschen wahrzunehmen, die in Unfreiheit leben. Ein leidenschaftliches Plädoyer, die Krise als Chance zu nutzen - für eine wirklich freie Welt.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Timothy Garton Ash versteht es "hervorragend zu schreiben und zu argumentieren", lobt Heinrich August Winkler in seiner eingehenden Besprechung dieses Buchs über die Krise im Verhältnis zwischen Europa und Amerika und den daraus erwachsenden Chancen. Der Autor konstatiert, dass der jüngste Irakkrieg eine "tiefe" Spaltung zwischen Amerika und Europa verursacht, gleichzeitig aber auch innerhalb Europas zu Differenzen geführt hat, fasst der Rezensent zusammen. Insbesondere die "extreme Sprunghaftigkeit" in der Haltung Deutschlands gegenüber Amerika findet Garton Ash "beunruhigend", erklärt Winkler, aber auch Amerika muss sich Kritik gefallen lassen, indem er die Umweltpolitik und die Umgehensweise mit den Entwicklungsländern in seinem Buch scharf angreift, so der Rezensent weiter. Hat ihn die Analyse der Krise durch den Autor noch überzeugt, bemängelt er den zweiten Teil des Buches, der sich mit den Chancen dieser Krise für den Westen befasst, als weit "schwächer". Hier scheint ihm der Begriff "Westen", wie Garton Ash ihn verwendet, "eigentümlich konturlos", und er vermerkt eine "Abneigung des Autors, den Westen historisch und geografisch genauer einzugrenzen", was Winkler zwar "politisch" nachvollziehbar, "intellektuell" aber nicht überzeugend findet. Insgesamt ist der Band dennoch eine "brillante Leistung", weil er insbesondere das Verhältnis zwischen Europa und Amerika seit dem 11. September verständlich macht, lobt der Rezensent. Er ist davon überzeugt, dass Garton Ash damit einer weiteren "Entfremdung" zwischen Amerika und Europa "entgegenwirken" kann und bekräftigt, dass das Buch "zur rechten Zeit" erscheint.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Flammendes Plädoyer (...) klug und kenntnisreich (...)" Olaf Ihlau, Der Spiegel, 4.10.2004 "(...) ein intellektuelles Vergnügen (...) "Freie Welt" ist, ähnlich wei seine inzwischen klassischen Werke zur deutschen Ostpolitik der siebziger und achtziger Jahre und zur Epochenwende von 1989 eine brillante Leistung." Heinrich August Winkler, Die Zeit, 07.10.2004 "Der Autor rekonstruiert die Risse im transatlantischen Bündnis mit seltener Feinheit und Tiefenchärfe." Ernst Köhler, Südkurier, 12.10.2004 "Es lohnt sich, dieses Buch aufmerksam zu lesen. Es enthält eine Vielzahl brisanter Fakten und mutiger Vorschläge, die aufzugreifen und umzusetzen unumgänglich sind, wenn der bittere Weg in die sich anbahnende globale Ausweglosigkeit noch verhindert werden soll." Thilo Castner, Das Parlament, 04.10. 2004
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.08.2023Am Küchentisch mit dem zukünftigen Präsidenten
Mit Sinn für produktive Widersprüche: Timothy Garton Ash erzählt entlang persönlicher Begegnungen von europäischen Entwicklungen
In keinem Land wird die Zeitgeschichte Europas so intensiv reflektiert und publikumswirksam erzählt wie in England. Die Werke der britischen Historiker Tony Judt, Ian Kershaw und Paul Betts sind eindrucksvolle Beispiele dafür. Auch nach dem Brexit ist dieser Erzählfluss nicht abgebrochen, ganz im Gegenteil: Timothy Garton Ash, Geschichtsprofessor am St Anthony's College in Oxford, hat jetzt ein besonderes Buch geschrieben: über Europa als persönliche Geschichte.
Es handelt sich nicht um eine herkömmliche Autobiographie, sondern um ein eigenwilliges Genre. Ash macht die Geschichte Europas, die er von der Zeit der totalitären Diktaturen bis in die Gegenwart erzählt, durch seine persönlichen Erinnerungen plastisch. So verbinden sich seine individuellen Erfahrungen - seine Begegnungen mit historischen Akteuren und seine Augenzeugenbeobachtungen von Ereignissen wie der Samtenen Revolution - mit der Deutung des Geschichtsverlaufs.
Ashs Erzählung ist ebenso lehrreich wie unterhaltsam und zuweilen witzig, sie stimmt aber auch nachdenklich und enthält eindringliche Warnungen. Sie handelt von der Geschichte der europäischen Institutionen, des politischen Denkens und der großen Wendepunkte der europäischen Geschichte wie dem Jahr 1989, deren Bedeutungen Ash in persönlichen Begegnungen und im scharf beobachteten Wandel von Stimmungen abliest. Darin liegt der große Vorzug seiner Methode: Im Kleinen macht er das Große sichtbar.
Ash schöpft aus einem einzigartigen Fundus von Begegnungen, die in das Buch eingeflossen sind. Er hat amerikanische Präsidenten beraten, europäische Regierungschefs getroffen und Freundschaften mit polnischen, tschechischen und ungarischen Dissidenten gepflegt, die von den sozialistischen Regimen im Ostblock verfolgt wurden. Eines der schönsten Kapitel des Buchs erzählt von der Begegnung mit dem tschechischen Schriftsteller und späteren Staatspräsidenten Václav Havel, den Ash in der bleiernen Zeit der Achtzigerjahre einmal unangemeldet in einem Bauernhaus in Nordböhmen besuchte.
Irgendwie gelang es Ash, die Wachposten der Polizei zu umgehen. Unbemerkt von den Staatsorganen entfaltete sich am Küchentisch ein politisches und philosophisches Gespräch mit Havel: über die Anspannung des Schreibens, wenn jeden Moment das Typoskript von der Polizei beschlagnahmt werden konnte, und über die moralische Zweideutigkeit der westlichen Entspannungspolitik, die mehr auf gute Beziehungen zu den Regierungen setzte, als sie den verfolgten Dissidenten und den Menschenrechten Beachtung schenkte. Die Szene aus dem Kalten Krieg ist von einer bedrückenden Aktualität.
Ashs Geschichte beginnt mit dem völligen Ruin Europas im Zweiten Weltkrieg. Um auch diese Zeit in ihrer Erfahrungsdimension einzufangen, bedient sich Ash eines Kunstgriffs: Er spricht mit den Bewohnern zweier Dörfer - des in Niedersachsen gelegenen Orts "Westen", an dessen Befreiung sein Vater als britischer Armeeoffizier im April 1945 beteiligt gewesen war, und des westpolnischen Przysieczyn, das bis 1945 den deutschen Namen "Osten" trug - über ihre Erinnerungen an Krieg, Besatzung, Holocaust und Vertreibung. Daraus entsteht auf wenigen Seiten eine Skizze der verflochtenen Geschichte des Weltkriegs und der lokalen Erinnerungen an ihn. Nicht nur an dieser Stelle lässt Ash Gespräche einfließen, die er mit "einfachen" Leuten geführt hat.
Für Europas Weg aus dem Ruin des Weltkriegs war die Erinnerung an die Gräueltaten eine Voraussetzung. Ash spricht vom "Erinnerungsmotor", der die europäische Geschichte nach 1945 angetrieben hat. Es sind Persönlichkeiten wie Bronislaw Geremek, eine der Schlüsselfiguren für Polens Freiheitskampf in den Achtzigerjahren, oder die französische Politikerin Simone Veil, die durch die Traumata von Krieg, Besatzung und Holocaust geprägt waren, welche die europäische Politik in einem Geist des "Nie wieder" vorangetrieben haben. Die "Generation von 1939" erweitert Ash um jüngere Politiker, deren politische Laufbahn erst später begann, für die aber der Krieg der Angelpunkt ihres europäischen Engagements blieb. Auf Helmut Kohl schaut Ash nicht unkritisch, aber seine politische Leistung strahlt bei ihm heller als in mancher deutschen Darstellung.
Ashs Buch trägt im Englischen den Titel "My Homelands". Tatsächlich ist der britische Historiker in vielen europäischen Ländern durch Sprachbeherrschung, lange Aufenthalte und Freundschaften heimisch geworden. Die europäische Geschichte, die er erzählt, nimmt unterschiedliche Sichtweisen ein, die sich aus der Beschäftigung mit seinen "Heimatländern" ergeben. Daraus entsteht ein vielschichtiger und kaleidoskopartiger Text. Wer Ashs Geschichte liest, lässt die eingefahrenen Lesarten einer deutschen, englischen oder polnischen Geschichte Europas hinter sich.
Ob Großbritannien, Polen oder Deutschland, Ashs europäische "Homelands" haben in der jüngsten Zeitgeschichte sehr unterschiedliche und problematische Wege eingeschlagen: Polens einstweilige Abkehr von der liberalen Demokratie, Deutschlands Moskau-Connection bis zur "Zeitenwende", der englische Brexit. An den Debatten, die diese europäischen Prozesse begleiteten, hat Ash als politischer Kommentator teilgenommen, im Falle des Brexits als engagierter Fürsprecher des "Remain". Als Historiker zeichnet er nun die Entwicklungen nach, die zu den Weichenstellungen geführt haben, und nimmt die Herausforderungen der Gegenwart in den Blick: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, Chinas Aufstieg als globale autoritäre Macht, die Klimakrise.
Ash nimmt die Risiken der gegenwärtigen Entwicklung sehr genau wahr, lässt sich aber nicht von einem allgemeinen Krisendiskurs überwältigen. Vielmehr schreibt er Geschichte mit einem Sinn für die produktiven Widersprüche, die sich etwa in der Geschichte und Gegenwart Ostmitteleuropas beobachten lassen. Dass Polen, Vorreiter der Demokratisierung in den Achtzigerjahren, sich unter der Führung der PiS-Partei vom demokratischen Rechtsstaat abwandte, ist für ihn "zutiefst deprimierend".
Aber diese Krise der Demokratie hat für ihn auch eine andere Seite: In den Neunzigerjahren hatte Polen die Demokratie nur übernommen und von der EU vorgegebene Rechtsstaatskriterien erfüllt, jetzt, da die Polen für die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung kämpfen mussten, machten sie sich die Institutionen des Verfassungsstaats wirklich zu eigen. Zum ersten Mal seit langer Zeit, so Ash, konzentriert sich der polnische Patriotismus wieder auf die Verteidigung der Verfassung.
Ashs Buch endet mit einem Kapitel über die Aussagekraft der Geschichte für die Gegenwart - zwölf Seiten, die man jedem Politiker zur Lektüre empfehlen möchte. Ashs Europäische Geschichte erzählt Geschichten, zugleich ist sie ein starkes Plädoyer für die historische Urteilskraft. MARTIN SCHULZE WESSEL
Timothy Garton Ash:
"Europa". Eine persönliche Geschichte.
Carl Hanser Verlag, München 2023. 448 S., geb., 34,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit Sinn für produktive Widersprüche: Timothy Garton Ash erzählt entlang persönlicher Begegnungen von europäischen Entwicklungen
In keinem Land wird die Zeitgeschichte Europas so intensiv reflektiert und publikumswirksam erzählt wie in England. Die Werke der britischen Historiker Tony Judt, Ian Kershaw und Paul Betts sind eindrucksvolle Beispiele dafür. Auch nach dem Brexit ist dieser Erzählfluss nicht abgebrochen, ganz im Gegenteil: Timothy Garton Ash, Geschichtsprofessor am St Anthony's College in Oxford, hat jetzt ein besonderes Buch geschrieben: über Europa als persönliche Geschichte.
Es handelt sich nicht um eine herkömmliche Autobiographie, sondern um ein eigenwilliges Genre. Ash macht die Geschichte Europas, die er von der Zeit der totalitären Diktaturen bis in die Gegenwart erzählt, durch seine persönlichen Erinnerungen plastisch. So verbinden sich seine individuellen Erfahrungen - seine Begegnungen mit historischen Akteuren und seine Augenzeugenbeobachtungen von Ereignissen wie der Samtenen Revolution - mit der Deutung des Geschichtsverlaufs.
Ashs Erzählung ist ebenso lehrreich wie unterhaltsam und zuweilen witzig, sie stimmt aber auch nachdenklich und enthält eindringliche Warnungen. Sie handelt von der Geschichte der europäischen Institutionen, des politischen Denkens und der großen Wendepunkte der europäischen Geschichte wie dem Jahr 1989, deren Bedeutungen Ash in persönlichen Begegnungen und im scharf beobachteten Wandel von Stimmungen abliest. Darin liegt der große Vorzug seiner Methode: Im Kleinen macht er das Große sichtbar.
Ash schöpft aus einem einzigartigen Fundus von Begegnungen, die in das Buch eingeflossen sind. Er hat amerikanische Präsidenten beraten, europäische Regierungschefs getroffen und Freundschaften mit polnischen, tschechischen und ungarischen Dissidenten gepflegt, die von den sozialistischen Regimen im Ostblock verfolgt wurden. Eines der schönsten Kapitel des Buchs erzählt von der Begegnung mit dem tschechischen Schriftsteller und späteren Staatspräsidenten Václav Havel, den Ash in der bleiernen Zeit der Achtzigerjahre einmal unangemeldet in einem Bauernhaus in Nordböhmen besuchte.
Irgendwie gelang es Ash, die Wachposten der Polizei zu umgehen. Unbemerkt von den Staatsorganen entfaltete sich am Küchentisch ein politisches und philosophisches Gespräch mit Havel: über die Anspannung des Schreibens, wenn jeden Moment das Typoskript von der Polizei beschlagnahmt werden konnte, und über die moralische Zweideutigkeit der westlichen Entspannungspolitik, die mehr auf gute Beziehungen zu den Regierungen setzte, als sie den verfolgten Dissidenten und den Menschenrechten Beachtung schenkte. Die Szene aus dem Kalten Krieg ist von einer bedrückenden Aktualität.
Ashs Geschichte beginnt mit dem völligen Ruin Europas im Zweiten Weltkrieg. Um auch diese Zeit in ihrer Erfahrungsdimension einzufangen, bedient sich Ash eines Kunstgriffs: Er spricht mit den Bewohnern zweier Dörfer - des in Niedersachsen gelegenen Orts "Westen", an dessen Befreiung sein Vater als britischer Armeeoffizier im April 1945 beteiligt gewesen war, und des westpolnischen Przysieczyn, das bis 1945 den deutschen Namen "Osten" trug - über ihre Erinnerungen an Krieg, Besatzung, Holocaust und Vertreibung. Daraus entsteht auf wenigen Seiten eine Skizze der verflochtenen Geschichte des Weltkriegs und der lokalen Erinnerungen an ihn. Nicht nur an dieser Stelle lässt Ash Gespräche einfließen, die er mit "einfachen" Leuten geführt hat.
Für Europas Weg aus dem Ruin des Weltkriegs war die Erinnerung an die Gräueltaten eine Voraussetzung. Ash spricht vom "Erinnerungsmotor", der die europäische Geschichte nach 1945 angetrieben hat. Es sind Persönlichkeiten wie Bronislaw Geremek, eine der Schlüsselfiguren für Polens Freiheitskampf in den Achtzigerjahren, oder die französische Politikerin Simone Veil, die durch die Traumata von Krieg, Besatzung und Holocaust geprägt waren, welche die europäische Politik in einem Geist des "Nie wieder" vorangetrieben haben. Die "Generation von 1939" erweitert Ash um jüngere Politiker, deren politische Laufbahn erst später begann, für die aber der Krieg der Angelpunkt ihres europäischen Engagements blieb. Auf Helmut Kohl schaut Ash nicht unkritisch, aber seine politische Leistung strahlt bei ihm heller als in mancher deutschen Darstellung.
Ashs Buch trägt im Englischen den Titel "My Homelands". Tatsächlich ist der britische Historiker in vielen europäischen Ländern durch Sprachbeherrschung, lange Aufenthalte und Freundschaften heimisch geworden. Die europäische Geschichte, die er erzählt, nimmt unterschiedliche Sichtweisen ein, die sich aus der Beschäftigung mit seinen "Heimatländern" ergeben. Daraus entsteht ein vielschichtiger und kaleidoskopartiger Text. Wer Ashs Geschichte liest, lässt die eingefahrenen Lesarten einer deutschen, englischen oder polnischen Geschichte Europas hinter sich.
Ob Großbritannien, Polen oder Deutschland, Ashs europäische "Homelands" haben in der jüngsten Zeitgeschichte sehr unterschiedliche und problematische Wege eingeschlagen: Polens einstweilige Abkehr von der liberalen Demokratie, Deutschlands Moskau-Connection bis zur "Zeitenwende", der englische Brexit. An den Debatten, die diese europäischen Prozesse begleiteten, hat Ash als politischer Kommentator teilgenommen, im Falle des Brexits als engagierter Fürsprecher des "Remain". Als Historiker zeichnet er nun die Entwicklungen nach, die zu den Weichenstellungen geführt haben, und nimmt die Herausforderungen der Gegenwart in den Blick: Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, Chinas Aufstieg als globale autoritäre Macht, die Klimakrise.
Ash nimmt die Risiken der gegenwärtigen Entwicklung sehr genau wahr, lässt sich aber nicht von einem allgemeinen Krisendiskurs überwältigen. Vielmehr schreibt er Geschichte mit einem Sinn für die produktiven Widersprüche, die sich etwa in der Geschichte und Gegenwart Ostmitteleuropas beobachten lassen. Dass Polen, Vorreiter der Demokratisierung in den Achtzigerjahren, sich unter der Führung der PiS-Partei vom demokratischen Rechtsstaat abwandte, ist für ihn "zutiefst deprimierend".
Aber diese Krise der Demokratie hat für ihn auch eine andere Seite: In den Neunzigerjahren hatte Polen die Demokratie nur übernommen und von der EU vorgegebene Rechtsstaatskriterien erfüllt, jetzt, da die Polen für die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung kämpfen mussten, machten sie sich die Institutionen des Verfassungsstaats wirklich zu eigen. Zum ersten Mal seit langer Zeit, so Ash, konzentriert sich der polnische Patriotismus wieder auf die Verteidigung der Verfassung.
Ashs Buch endet mit einem Kapitel über die Aussagekraft der Geschichte für die Gegenwart - zwölf Seiten, die man jedem Politiker zur Lektüre empfehlen möchte. Ashs Europäische Geschichte erzählt Geschichten, zugleich ist sie ein starkes Plädoyer für die historische Urteilskraft. MARTIN SCHULZE WESSEL
Timothy Garton Ash:
"Europa". Eine persönliche Geschichte.
Carl Hanser Verlag, München 2023. 448 S., geb., 34,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main