• Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Nach dem 1. Weltkrieg wird der Westen Deutschlands unter den Siegermächten aufgeteilt. Jedoch geschieht den Franzosen ein entscheidender Fehler beim Zirkelschlag und so bleibt ein kleines Gebiet am Rhein unbesetzt. Die Bewohner der Kleinstadt Lorch sind nun auf sich selbst gestellt und versuchen mit der Situation fertig zu werden. Es entsteht der Freistaat Flaschenhals...
Der Drehbuchautor Marco Wiersch (Tatort) und der Zeichner Bernd Kissel (Münchhausen) haben sich einer deutschen Eugenspiegelei angenommen, die im Januar 2019 genau 100 Jahre her ist.

Produktbeschreibung
Nach dem 1. Weltkrieg wird der Westen Deutschlands unter den Siegermächten aufgeteilt. Jedoch geschieht den Franzosen ein entscheidender Fehler beim Zirkelschlag und so bleibt ein kleines Gebiet am Rhein unbesetzt. Die Bewohner der Kleinstadt Lorch sind nun auf sich selbst gestellt und versuchen mit der Situation fertig zu werden. Es entsteht der Freistaat Flaschenhals...

Der Drehbuchautor Marco Wiersch (Tatort) und der Zeichner Bernd Kissel (Münchhausen) haben sich einer deutschen Eugenspiegelei angenommen, die im Januar 2019 genau 100 Jahre her ist.


Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Marco Wiersch, geboren 1971 in Dinslaken, ist ausgebildeter Diplom-Psychologe.und war als Werbetexter, Schauspieler, Bühnenregisseur, Kabarettist und Slam-Poet tätig, ehe er 2002 seinen Abschluss im Studiengang Film in Hamburg machte. Seitdem lebt er als Drehbuchautor (u. a. "Der Fall Barschel", "Tatort") und Regisseur in Berlin. Als lebenslanger Comicfan schreibt er mit "Freistaat Flaschenhals" seine erste Graphic Novel.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Wo dein sanfter Flügel weilt

Am 11. November 1918 unterzeichneten die alliierten Siegermächte und das Deutsche Reich das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne. Dabei entstand durch ein Missgeschick mit einem Zirkel eine unbesetzte Zone zwischen den Brückenköpfen Koblenz und Mainz, an ihrer schmalsten Stelle gerade mal 800 Meter breit, in der rund 17000 Menschen lebten. Ihre Form erinnerte Deutsche wie Franzosen an den Hals einer Weinflasche. Frankreich isolierte den Flaschenhals, kappte Versorgungs- und Kommunikationswege in der Hoffnung, das Gebiet für sich zu gewinnen. Das Deutsche Reich setzte einen kommissarischen Landrat ein, was die Bewohner der Region dazu beflügelte, vom „Freistaat Flaschenhals“ zu sprechen. Die Not und der Erfindungsreichtum der Menschen im Grenzgebiet machten den Flaschenhals zu einem Schmugglerparadies. Marco Wiersch erzählt dieses kuriose Stück Geschichte durch den (fiktiven) jungen Albert, der seinen Bruder im Krieg verloren hat und schmuggelt, um seine Mutter und seine kleine Schwester zu versorgen. Die politischen Hintergründe des Geschehens erfahren wir durch Luise, die als Sekretärin im Rathaus arbeitet und die Albert Französisch beibringt und sich allmählich in ihn verliebt. Es ist eine Abenteuergeschichte und die Geschichte einer Annäherung zwischen Erzfeinden. Bernd Kissels Zeichnungen wirken bisweilen geradezu uderzoesk und betonen die heitere Seite der Story – bis einem das Lachen im Halse stecken bleibt.

 

…mehr© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.01.2020

Widerstand in der Rheinprovinz
Ein Comic zeichnet die Geschichte des Freistaats Flaschenhals vor 100 Jahren nach

LORCH/KAUB. Ein Wunder, dass dieser Stoff noch nicht verfilmt wurde. Birgt er doch alles an Zutaten, um den Zuschauer vor dem Bildschirm zu fesseln. Tragik, Humor, Liebe, Gewalt und das alles vor der phänomenalen Kulisse des Mittelrheintals. Vielleicht ist der neue Comic über eine kuriose Episode der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg auch nur der Vorbote eines Films. Schließlich hat Autor Marco Wiersch schon Drehbücher mit dramatischem Inhalt geschrieben ("Der Fall Barschel"). Gemeinsam mit Zeichner Bernd Kissel erzählt er die "wahre Geschichte" des Widerstands in der Rheinprovinz. Die Bauernschläue und der Mut in Lorch und Kaub ähneln fast ein wenig dem der "Gallier", auch wenn die Bürger im Rheintal im Gegensatz zu Asterix ganz ohne Zaubertrank auskommen mussten. Oder auch nicht, denn schließlich gab es zwar wenig zu essen, aber dafür Riesling und Spätburgunder.

Von Historikern wie Stephanie Zibell ist die Geschichte schon oft erzählt worden: Der Krieg ist vorbei, das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne ist unterzeichnet, und ganz Deutschland steht unter dem Einfluss der Siegermächte. Bis auf ein kurioses Gebilde am Rhein. Entstanden aus einem Versehen am Kartentisch der Militärführung. Denn nachdem die Amerikaner bei Koblenz und die Franzosen bei Mainz einen Brückenkopf gebildet hatten, schlugen sie zur Abgrenzung ihrer Besatzungszone jeweils einen Halbkreis mit einem Radius von 30 Kilometern. Doch der Radius war zu knapp und ließ zum Rhein hin ein kleines flaschenförmiges, unbesetztes Gebiet offen. Ein Territorium zwischen Bodenthal bei Lorch, Roßstein bei Kaub und Laufenselden im Taunus, in dem gut 8000 Einwohner ihr Zuhause hatten.

Sie waren plötzlich isoliert. Von der Außenwelt, von Kommunikation und Warenverkehr abgeschnitten. Und dennoch gewillt, der vorgeschlagenen Angliederung an die französische Zone energisch zu widersprechen. "Wir wünschen, dass zwischen Bonn und Mainz wenigstens noch ein Streifen wirklichen deutschen Rheins verbleiben soll, frei von jedem direkten oder indirekten welschen Einfluss", schrieb der Lorcher Bürgermeister Edmund Pnischek. Tatsächlich änderte der am 10. Januar 1920 in Kraft getretene Versailler Vertrag am Status des Freistaates nichts. Die strenge Isolation dauerte bis zum Sommer 1920.

Doch die "Freistaatler" wussten sich zu helfen. Die Versorgung wurde über Schmugglerpfade in die Besatzungszonen und durch enge Kontakte zu den vorbeifahrenden Binnenschiffern gesichert. Um nicht zu erfrieren, wurde ein mit Braunkohle beladener Güterzug entführt und in Kaub entladen. Selbst entworfenes Notgeld hielt das Wirtschaftsleben in Gang. "Regierungschef" Pnischek schrieb in seinen Erinnerungen: "Das Papiergeld war rar geworden, namentlich das Kleingeld, und das Notgeld der benachbarten Großstädte kam nicht zu uns, weil wir ja abgesperrt waren. Also schufen wir uns eine eigene Münze." Auf den ebenfalls ausgegebenen Geldscheinen fanden Durchhalteparolen ihren Platz: "In Lorch am Rhein, da klingt der Becher, denn Lorcher Wein ist Sorgenbrecher."

Sehr zum Ärger der Franzosen, die fast vier Jahre lang notgedrungen mitspielen mussten. Erst am 25. Februar 1923 bereiteten sie dem "Freistaat" im Zuge der Besetzung des gesamten Rheinlands ein Ende. Bis 1929 sollte das Gebiet französisch besetzte Zone bleiben.

Auf gut 200 Seiten zeichnet der Comic die Freistaat-Geschichte liebevoll und mit großem Augenmerk für Details nach. Dass die Zeichnungen schwarzweiß sind, gibt der laut Wiersch "realen deutschen Asterix-Geschichte eines umlagerten, aber unbezwingbaren Dorfes" einen besonderen Anstrich.

OLIVER BOCK

Marco Wiersch und Bernd Kissel: Freistaat Flaschenhals, 208 Seiten, Carlsen-Verlag 2019, 20 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
"Liebevoll und mit großem Augenmerk für Details [...]." Oliver Bock Rhein-Main-Zeitung 20200116