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Drei Schutzengel behüten von Geburt an Ali, die Hauptfigur in Katharina Fabers Roman. Michail, Linette und Boris sind ausgeschickt, über das Leben des Mädchens zu wachen. Die Engel sind junge Erwachsene aus anderen Orten und Zeiten, die zu früh sterben mussten und vielleicht gerade darum so großes Interesse am Leben ihres Schützlings haben. Sie berichten und beschreiben, sich dabei gegenseitig klug, witzig oder naseweis ins Wort fallend, Alis Lebensstationen, ihr (meist) fahrlässiges Verhalten und den - aus ihrer Sicht oft absurden - mitteleuropäischen Alltag in der zweiten Hälfte des 20.…mehr

Produktbeschreibung
Drei Schutzengel behüten von Geburt an Ali, die Hauptfigur in Katharina Fabers Roman. Michail, Linette und Boris sind ausgeschickt, über das Leben des Mädchens zu wachen. Die Engel sind junge Erwachsene aus anderen Orten und Zeiten, die zu früh sterben mussten und vielleicht gerade darum so großes Interesse am Leben ihres Schützlings haben. Sie berichten und beschreiben, sich dabei gegenseitig klug, witzig oder naseweis ins Wort fallend, Alis Lebensstationen, ihr (meist) fahrlässiges Verhalten und den - aus ihrer Sicht oft absurden - mitteleuropäischen Alltag in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Daneben notieren sie Fragmente ihrer eigenen, viel zu kurzen Leben.
Autorenporträt
Katharina Faber, geboren 1952 in Zürich. Arbeitete viele Jahre als Ärztin. 2002 erschien ihr Debütroman "Manchmal sehe ich am Himmel einen endlos weiten Strand", für den sie 2003 den Rauriser Literaturpreis für die beste deutschsprachige Prosaerstveröffentlichung erhielt. Die Autorin lebt in Zürich.
Rezensionen
Ein fein gewobenes Netz von Motiven, Stimmungen und Themen verbindet die vier Biographien kunstvoll miteinander. Ein brillanter Roman. (NZZ am Sonntag)Am Ende dieses außergewöhnlichen Romans erlebt der Leser mit epiphanischer Wucht etwas Sel

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.08.2008

Drei Engel für Katharina
Eine himmelhochgejauchzte Wunschbiographie

Engel schweben in vielerlei Gestalt durch Kunst, Film, Literatur und Philosophie. Häufig sind die himmlischen Heilsbringer janusgesichtige Wesen, wie Walter Benjamins "Engel der Geschichte". In Katharina Fabers "Fremde Signale" werden drei Tote zu Schutzengeln eines im Jahre 1952 geborenen Mädchens. Sie beobachten fortan nicht nur dessen Leben, sie halten es fest, indem sie es schildern. Diese auf den ersten Blick vielleicht esoterisch anmutende Grundkonstellation dürfte auch aufgeklärteren Naturen plausibel sein, wenn man in Rechnung stellt, dass Fabers Engel nicht nur die Erzählerposition einnehmen, sondern selbst zu Protagonisten des Geschehens werden.

Trotz ihrer Körperlosigkeit und Jenseitigkeit werden die Engel hier nämlich mit irdischen Vergangenheiten ausgestattet. In Bezug auf ihre ahnungslose Schutzbefohlene wird ihr vorausliegendes Leben neu aufgerollt. So gibt es die 1760 als französisches Bauernmädchen geborene Linette Grandchance. Ihr Dasein war "zwischen Arbeit und Schlaf zerflossen", bevor sie mit sechzehn Jahren an einer Hirnhautentzündung verstarb. Michail Sledin, 1925 in Moskau geboren, wurde als Soldat im Jahre 1942 von einem deutschen Soldaten getötet. Und Boris "Bob" Tomba, als Sohn italienischer Einwanderer 1938 in New York zur Welt gekommen, waren gerade einmal dreizehn Jahre Lebenszeit beschieden. Seinen Traum, Schriftsteller zu werden, hat er aufgrund einer tödlich verlaufenden Krebserkrankung nicht verwirklichen können.

Dass es nun eine Figur namens Katharina Faber ist, die in "Fremde Signale" beschützt wird, macht das Buch konzeptionell noch riskanter. Zur Selbstentblößung kommt es nicht, weil durch die Perspektive der Engel die Außensicht gewahrt bleibt. Es entsteht vielmehr eine fast irritierende Distanz der Autorin zu sich selbst. Indem das Ich-Sagen umgangen wird, fehlt auch jenes Element autobiographischen Schreibens, das der französische Literaturwissenschaftler Philippe Lejeune als notwendig für das Zustandekommen eines autobiographischen Paktes bestimmt hat. Die Frage, wie sich Fabers Leben tatsächlich zugetragen hat, wird in "Fremde Signale" unbeantwortet bleiben.

Weil Fiktion und biographische Fakten hier geschickt überlagert werden, nennt die Autorin ihr Buch konsequenterweise nicht Roman, sondern Album. Aus den teilweise widersprüchlichen Blicken der Engel auf den wiederholt leichtsinnig sein Leben riskierenden Schützling aus gutem Hause entsteht eine Faszination, die durch den unsentimentalen, rauhen Ton der Stimmen verstärkt wird. "Alle reden durcheinander, und aus diesem Durcheinander entsteht allmählich die Geschichte", charakterisiert Bob Tomba einmal die Schreibtechnik seiner Schutzbefohlenen, während er sie bei der Arbeit an einer Erzählung beobachtet. Auch "Fremde Signale" gewinnt aus dieser Art des Schreibens seine erstaunliche Komplexität und bleibt allen Perspektivwechseln zum Trotz dennoch flüssig lesbar.

Wie das eigenartige Dreifaltigkeitskollektiv nicht nur Katharina, sondern auch einander betrachtet, wie diese sich brechenden Spiegelungen immer neue Deutungen des Erlebten provozieren, macht den Umstand, dass jede Außensicht auf ein fremdes Leben fragmentarisch, die Würde des Einzelnen durch Zweifel und Urteile Dritter unantastbar bleibt, zu einem zentralen Thema des Buches. Als exemplarische, vergessene Vertreter ihrer je eigenen Zeit gewinnen die drei Engel in "Fremde Signale" dabei so scharfe Konturen, dass Fabers Geschichte im Verlauf des Erzählens mehr und mehr dahinter zurücktritt.

Bisweilen liest es sich komisch, wie die Engel mit Neuerungen der Zeit konfrontiert werden. Vor allem aber verstärkt sich im Blick auf die Welt der Lebenden das Aufrührerische und Zornige des Tons der sprechenden Toten, denen zu wenig Zeit blieb. Die körperlose Rückkehr der drei bezeugt ihre Unerlöstheit, in dieser Schwellenposition sind die Engel wahrhaft schrecklich. Zwar können sie ein lebendes Wesen beschützen, sind aber mit ihrer Vergangenheit unausgesöhnt. Erst indem sie Eingang in das "Album" der Autorin finden, besteht Erlösungshoffnung. Diese Erkenntnis des Schützlings, bei der in einer Saulus-Paulus-Szene, die zugleich eine poetologische Schlüsselstelle ist, die Verantwortung der Engel auf die Autorin übergeht, bringt Katharina harsch von der Ignoranz gegenüber ihrem Leben ab und motiviert ihr Schreiben neu. Allein diese überraschende Szene, durch die sich die Sicht auf die gesamte Konstruktion des Buches ändert, lohnt die Lektüre von "Fremde Signale".

Katharina Fabers bisher eher leise vernehmbarer Ruf als hervorragende Erzählerin, den sie durch ihr Romandebüt "Manchmal sehe ich am Himmel einen endlos weißen Strand" (2000) begründet und durch den Erzählungsband "Mit einem Messer zähle ich die Zeit" (2005) weiter ausgebaut hat, wird durch ihr jüngstes Buch gefestigt. Dass es zudem voller diskreter literarischer Anspielungen steckt, die fast beiläufig den intellektuellen Lesegenuss befördern, soll nicht unerwähnt bleiben - vor allem aber beeindruckt der Lebenshunger, der hier so vehement Ausdruck findet.

BEATE TRÖGER

Katharina Faber: "Fremde Signale". Ein Album. Bilger Verlag, Zürich 2008. 320 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit Esoterik hat das nichts zu tun, beruhigt uns Beate Tröger. Mit Engeln schon. Allerdings werden die drei Schutzengel, die sich der Hauptfigur in diesem Roman von Katharina Faber annehmen, im Lauf der Lektüre derart plausibel, dass Tröger sich ganz auf die damit gegebene Außenperspektive einlassen und davon profitieren kann. Das riskante Konzept aus Engelsfiktion und biografischen Daten der Autorin (die Heldin trägt ihren Namen) geht auf, weil es, wie Tröger schreibt, nicht zur Selbstentblößung kommt, der Text wird nicht autobiografisch. Stattdessen zieht die ungewöhnliche, dennoch "flüssig lesbare" Textur, unterstützt von einem "unsentimentalen Ton", die Rezensentin in ihren Bann und führt sie zu einem zentralen Thema des Buches: Die Deutungsvielfalt des Lebens und die Würde des Einzelnen als unantastbare Größe. Lohnende Lektüre aus der Feder einer bislang noch wenig bekannten, hervorragenden Erzählerin, meint Tröger.

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